Rezension

Sing meinen Song: Abende voller Emotionen

von | 18. Juni 2025

Das Tauschkonzert: zwischen Gefühlen und Sonnenuntergängen – Was machen sieben Musiker:innen in Südafrika?

Wenn sich dienstags Künstler:innen unter der südafrikanischen Abendsonne auf einem Sofa versammeln, ist es wieder so weit: „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert”. Seit dem 22. April tauschen Musiker:innen auf VOX zur Primetime ihre Lieder – und ihre Geschichten. Doch was macht diese Sendung zu mehr als nur einer Musikshow?

Erstmals erschien das deutsche Format 2014 im Fernsehen – also vor über zehn Jahren. Künstler:innen wie Andreas Gabalier oder Sarah Connor reisten nach Südafrika, wo sie völlig abgeschieden vom Rest der Welt ihrer großen Leidenschaft nachgehen konnten: der Musik. Seit 2024 gibt es zusätzlich pro Staffel einen sogenannten Special Guest, der nur an einem Abend dabei ist.

Ein ausgezeichnetes Konzept

In jeder Staffel nehmen sieben bis acht Mitwirkende teil – entweder als Solokünstler:innen oder als Mitglied ihrer Band oder Gruppe. Gelegentlich sind auch internationale Gäste dabei, wie Milow oder Ian Hooper von den Mighty Oaks. So entsteht jedes Jahr eine besondere Mischung aus Genres, Stilen und Sprachen. Das Konzept ist einfach: Den Künstler:innen wird je ein Abend gewidmet, an dem ihre Lieder von den anderen Teilnehmenden neu interpretiert werden. Zusätzlich erfährt man durch Fragen des Gastgebers – aktuell Johannes Oerding – noch mehr über die Musiker:innen. Der letzte Abend, an dem Duette gesungen werden, bildet den emotionalen Höhepunkt der Staffel. Das Format hat Erfolg: 2014 gewann Sing meinen Song – Das Tauschkonzert den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie „Beste Unterhaltung”, 2015 den BAMBI in der Kategorie „Musik national” und 2018 die Goldene Kamera. Außerdem gab es zwei Nominierungen: 2015 für den Grimme-Preis und 2016 für den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie „Beste Unterhaltung Primetime”.

Künstler.innen der diesjährigen Staffel

Sing meinen Song lebt von der Vielfalt der Teilnehmer:innen. Auch im Jahr 2025 treffen im Grootbos Private Nature Reserve bei Kapstadt Musiker:innen unterschiedlichster Genres aufeinander. Mit dabei sind:

JOHANNES OERDING (Gastgeber)

Mit „Alles brennt“ oder „An guten Tagen“ erreichte der Popmusiker große Aufmerksamkeit. Als Teilnehmer war er 2019 bei Sing meinen Song dabei, seit 2021 ist er der Gastgeber der Show.
Nebenbei bemerkt: Der Hut ist zu seinem Markenzeichen geworden.

BOSSE

Der Indie-Pop-Musiker feierte 2012 erste Erfolge mit dem Lied „Die schönste Zeit”. Es folgten weitere Hits wie „Der letzte Tanz” oder „Das Paradies”.
Nebenbei bemerkt: In seiner Version von Finchs Song „Memories“ baut er eine Liedzeile aus seinem eigenen Song „Die schönste Zeit“ ein.

MICHAEL PATRICK KELLY

Bereits mit seiner Familie war er als Kelly Family sehr erfolgreich. Inzwischen ist er als Solokünstler unterwegs und hat Lieder wie „Wonders“ oder „ID“ – letzteres zusammen mit Gentleman – veröffentlicht.
Nebenbei bemerkt: Er war schon zweimal Gastgeber der Show.

MIEZE KATZ (MiA.)

Als Frontfrau der Band MiA. wurde sie unter anderem durch Lieder wie „Tanz der Moleküle” oder „Hungriges Herz” bekannt. Seit 2024 ist sie auch als Solokünstlerin unterwegs.
Nebenbei bemerkt: Sie weiß selbst nicht mehr, wer auf die Idee für den Bandnamen gekommen ist.

FINCH

Ab 2021 tritt der Rapper unter diesem Künstlernamen auf – zuvor unter Finch Asozial. Bekannt ist er für Titel wie „Liebe auf der Rückbank” oder „Abfahrt”.
Nebenbei bemerkt: Er liebt Schlager.

BOKI (ClockClock)

Boki ist Sänger der Band ClockClock, welche durch Hits wie „Brooklyn“ oder „Someone else“ an Bekanntheit gewann. Ersterer entstand zusammen mit Glockenbach.
Nebenbei bemerkt: Bokis erster Song war ein Diss an einen Lehrer in Form eines Rapsongs.

MADELINE JUNO

Ihre musikalischen Anfänge lagen in der englischen Sprache mit Songs wie „Error” oder „Stupid Girl”. Seit 2016 singt sie vermehrt auf Deutsch und Hits wie „Grund genug” oder „99 Probleme” sind entstanden.
Besonders: Obwohl sie oft über Herzschmerz singt, ist sie inzwischen glücklich verlobt.

DIE FANTASTISCHEN VIER (Special Guest)

Die Gruppe besteht aus vier Rappern, die 1992 mit dem Hit „Die Da?!” erfolgreich wurden. Über die Jahre folgten weitere Songs „Sie ist weg” oder „Zusammen” – letzteres mit Clueso.
Besonders: 2024 veröffentlichten sie gemeinsam mit MiA. den Song „Wie weit”.

Eine Staffel voller Herz

Die zwölfte Staffel von Sing meinen Song überzeugt durch starke Persönlichkeiten, musikalische Vielfalt und eine spürbare emotionale Tiefe. Authentische Künstler:innen, mutige Interpretationen und ehrliche Geschichten machen jeden Abend zu etwas Einzigartigem. Besonders berührend ist in diesem Jahr die Dynamik unter den Teilnehmenden: Es herrscht eine freundschaftliche Atmosphäre, die von Respekt, Offenheit und gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist. „Ich habe es noch nicht erlebt, dass man sich in so kurzer Zeit einfach so kennenlernt und auch wirklich so schätzen lernt“, meint Bosse in der Sendung.

„Wenn ich so zurückblicke, habe ich mir gedacht: Wow, warum habe ich so ein großes Glück? Auch euch alle kennenzulernen. Das war für mich auf jeden Fall ein Highlight in meinem Leben.” – Boki

Auch die Kritik fällt überwiegend positiv aus. Der Stern lobt: „Songs, die jeder aus dem Radio kennt, erklingen hier in ganz neuem Gewand – das ist gleichermaßen unterhaltsam wie spannend.” Es seien bei dieser Sendung „Könner am Werk” und die Auftritte „extrem vielseitig”. Auch laut.de ist begeistert: Es liefere spannende Kombinationen, emotionale Covers und einige Überraschungen. „Auch wenn nicht alle Folgen bereits gelaufen sind, lässt sich schon jetzt erkennen, wie viel persönliche Entwicklung und Mut zur Offenheit in dieser Runde steckt”, hieß es in dem Artikel. Auch bei den Zuschauer:innen scheint die zwölfte Staffel gut anzukommen. Unter den Posts des offiziellen Instagram-Accounts hinterlassen User:innen überwiegend positive Kommentare.

@singmeinensong.vox In der großen Duette-Folge heißt es: Sing meinen Song zum letzten Mal in dieser Staffel 🥲 Am letzten Abend treffen nochmal echte Musik-Momente aufeinander und lassen unsere Herzen gemeinsam schlagen! #SingMeinenSong #SMS #Vox #Tauschkonzert ♬ Originalton - singmeinensong.vox - singmeinensong.vox

Sing meinen Song – finale Folge, Quelle: TikTok

„Es ist einfach wieder diese Magie vom ersten Moment an… so intensive Momente und überwältigend schöne Musik. Danke!” – Userin

 

„Für mich ist das auch die beste Musikshow und ein Highlight jedes Jahr!” – Userin

„Für mich die schönste und emotionalste Staffel überhaupt!” – Userin

 

„Alle mit Herz und Seele dabei. Ich lieb es so sehr.” – Userin

Musikalisches Experiment

Bei Sing meinen Song wird eine musikalische Vielfalt geboten. Durch Madeline Juno erleben die Zuschauer:innen powervolle Balladen, durch Finch gesellschaftskritischen Rap oder durch Johannes Oerding erfrischenden Pop. Jeder, der daran teilnimmt, hat seinen eigenen Stil, die Lieder zu neuem Leben zu erwecken. „Ich weiß, dass das eine gute Mischung ist. Das ist der perfekte Cocktail”, beschreibt Johannes Oerding die diesjährige Staffel.
Die musikalische Reise bei Sing meinen Song ist von der Entwicklung des Einzelnen geprägt – sowohl künstlerisch als auch persönlich. Künstler:innen verlassen ihre Komfortzonen, versuchen sich zum Beispiel an neuen Musikstilen oder in anderen Sprachen.

@singmeinensong.vox FiNCH bei „Sing meinen Song“: Härte außen, ganz viel Gefühl innen. Wer hätte das gedacht? 😍🔥 #SingMeinenSong #FiNCH #Tauschkonzert #Duette #SMS2025 ♬ Originalton - singmeinensong.vox - singmeinensong.vox

Sing meinen Song macht Spaß, Quelle: TikTok

Finch ist als Rapper bekannt und erfolgreich, doch in der Musikshow zeigt er sich von einer ganz anderen Seite. Statt zu rappen, wagt er es am ersten Abend Bosses Song „Frankfurt an der Oder“ zu singen. Er und auch Bosse texten die englischsprachigen Originale – beispielsweise von Michael Patrick Kelly – für ihre Versionen ins Deutsche um. Michael Patrick Kelly wiederum fühlt sich in der englischen Sprache wohl und übersetzt daher den ein oder anderen deutschen Song ins Englische.

Auch Boki von der Band ClockClock experimentiert bei seinen Interpretationen. Während er sonst auf Englisch singt und Texte verfasst, traut er sich, bei Sing meinen Song auch mehrfach auf Deutsch zu performen und dabei seine Stimme zu variieren – von tiefen bis hohen Tönen beherrscht er alles. Bokis Version von dem Song „Engel“ – im Original von der Band MiA. – sorgt für Sprachlosigkeit bei den anderen: Er singt auf Deutsch, beginnt mit seiner markanten tiefen Stimme und setzt den Refrain in einer höheren Stimmlage fort. Zudem rappt er die zweite Strophe zu einem neu geschriebenen Text. Der Applaus und die Begeisterung der Anwesenden sprechen für sich.

Zwischen Tränen und Tönen

Über die Jahre wurden zahlreiche Tränen in Südafrika vergossen. Sing meinen Song bietet den Mitwirkenden die Möglichkeit, sich mit den Höhen und Tiefen ihres Lebens auf eine neue Art und Weise auseinanderzusetzen. Dabei ist ein immer wiederkehrendes Thema die Vaterfigur. Mieze Katz widmet ihre Interpretation von Bosses Song „Vater” ihrem verstorbenen Vater und dankt ihm für alles, was er für sie getan hat. Währenddessen steht Finch seinem Vater kritisch gegenüber und zeigt sich dabei verletzlich und mutig. Der sonst so taff wirkende Rapper singt in seiner Version von ClockClocks „Sorry” davon, wie er ohne Vater aufwuchs. Am Ende dankt er seiner Mutter, dass sie immer für ihn da ist. Damit sorgt er unerwartet für einen Taschentuchmoment.

„Da kam nie ein Sorry dafür, dass du nie da warst,
Selbst nach all dieser Zeit, nicht mal ein „Tut mir leid”, was bist du für ein Vater?
Wär da ein Sorry, wenn du jetzt wüsstest?
Hab’ mich als Kind oft gefragt: „Was hab’n wir dir getan, dass du uns so im Stich lässt?”

In Michael Patrick Kellys Leben spielt seine Mutter auch eine wichtige Rolle. Sie starb, als er gerade einmal fünf Jahre alt war. Mit dem Song „Mother’s Day“ gedenkt Michael Patrick Kelly seiner Mutter. An seinem Abend interpretiert diesen der Gastgeber Johannes Oerding. Er übersetzt ihn ins Deutsche und widmet ihn als eine gefühlvolle Ballade dem originalen Interpreten. Damit sorgt auch er für zahlreiche Tränen unter den Anwesenden.

„Er will, dass sie weiß, was sie für ihn ist,
‘Ne zu kurze Zeit, die er nie vergisst,
Sie ist nicht mehr da, doch ihm ist immer klar,
Er bringt ihr Blumen zum Muttertag.”

Enttäuschung oder Überraschung?

Vor den jeweiligen Auftritten steigt bei den Künstler:innen die Aufregung, obwohl sie bereits auf großen Bühnen gespielt haben. Wie kommt die neue Version bei den Anwesenden an? Gefällt sie der Person des Abends? Oder enttäuscht der Auftritt? Doch die Nervosität ist unbegründet, denn das Feedback fällt positiv aus: Applaus, Lob, Umarmungen.

„Ich hatte das Gefühl, wir können hier keine Fehler machen. Das ist ein echt tolles Gefühl. Auch dieser Support untereinander.” – Mieze Katz

Wenn jedes Lied als wahnsinnig gut empfunden wird, kann auch die Gefahr entstehen, dass es unglaubwürdig wirkt. Schließlich kann nicht jedes Lied ein Meisterwerk werden. Zudem hat jeder Fan eigene Erwartungen, wie etwa den Wunsch nach einer bestimmten Übersetzung oder die Hoffnung auf ein gewisses Genre. Die Auftritte können diese dementsprechend enttäuschen, erfüllen oder gar übertreffen. Somit kann nicht jede Interpretation zum Lieblingslied werden. Manche sorgen aber auch für Überraschungen. Beispielsweise beginnt Madeline Juno ihre Version von Michael Patrick Kellys „Wonders“ auf Englisch und performt dann nach dem ersten Refrain plötzlich einen eigenen Text auf Deutsch. Mit Momenten wie diesem ist Abwechslung garantiert.

Die Verlockung: Sing meinen Song

Zu sehen, wie die Mitwirkenden mit Liebe, Mühe und Hingabe die eigenen Lieder zu ihren machen, bewegt. Am Ende ihrer Abende ist Dankbarkeit für diese Erfahrung in den Gesichtern der Künstler:innen zu erkennen.

„Ich habe hier viel Energie gelassen, aber ich nehme auch viel wieder mit. Vielen Dank – wirklich.” – Mieze Katz

Sie bekommen Lob für ihre Lieder und erfahren, was diese bei den anderen ausgelöst haben. Die neuen Versionen können auch inspirieren und berühren. Für Michael Patrick Kelly ist Sing meinen Song etwas vertrautes, da er bereits schon mehrere Staffeln dabei war – unter anderem als Gastgeber. Es sei wie nach Hause zu kommen.

„So eine bunte Truppe, die sich, glaube ich, so vielleicht im normalen Leben nie getroffen hätte. Aber es sind wirklich Verbindungen entstanden, die ins Herz gegangen sind.” – Madeline Juno

Auch die Möglichkeit, einfach unter Gleichgesinnten zu sein, hat einen gewissen Reiz: In einem abgelegenen Haus, umgeben von atemberaubender Natur, mit Menschen, die allesamt die Liebe zur Musik verbindet, entstehen Freundschaften zwischen den Künstler:innen. Mieze Katz habe beispielsweise am meisten Lust aufs Musikmachen gehabt und in die Welten der anderen abzutauchen, offenbart sie in der letzten Folge der Sendung. Auch für Bosse sei diese Musikshow wie eine Freundesrunde.

„Wir sind als Fremde in dieses Projekt gestartet und gehen als Freunde hieraus.” – Mieze Katz

Musik nicht nur hören, sondern auch fühlen

Sing meinen Song – Das Tauschkonzert ist mehr als nur eine Musikshow. Es ist ein Ort, an dem Freundschaften entstehen und die Teilnehmer:innen sich weiterentwickeln, sowohl künstlerisch als auch persönlich. Die Zuschauer:innen können die Künstler:innen von einer ganz anderen Seite kennenlernen und mehr über deren Lieder oder Entstehungsprozesse erfahren. Wer Musik nicht nur hören, sondern auch fühlen möchte, wird bei diesem Format fündig. Zwischen Tränen, Tönen und Ehrlichkeit schafft Sing meinen Song vor allem eines: echte Emotionen.

Text und Bild: Sina Rothe, TikTok: TikTok

<h3>Sina Rothe</h3>

Sina Rothe

ist 2003 geboren und studiert Medienmanagement mit wirtschaftlicher Vertiefung an der Hochschule Mittweida. Bei medienMITTWEIDA ist sie seit 2025 als Redakteurin tätig. Sie beschäftigt sich gern mit dem Schreiben und Lesen von Büchern.