neue Hochschulbibliothek

Neubau-Lärm statt Lernruhe

von | 11. Juli 2025

Studierende beklagen sich über Lärm, Parkverbot, Verwarnungen an Windschutzscheiben und viele Baustellenfahrzeuge. Aber wieso?

Seit Herbst 2024 werden Studierende in Mittweida ständig mit neuen Straßenschildern am Schwanenteich konfrontiert. Der Schall der Baumaschinen ertönt über das Gelände des Campus. Einige Studierende fühlen sich beim Lernen gestört. Schnell kommt die Frage auf „Was geschieht hier?“ Die Redaktion begibt sich für euch auf Spurensuche.

Ein Tag wie jeder andere, oder nicht? Die sommerliche Brise weht durch die Straßen Mittweidas. Die Hochschulstadt im Herzen von Mittelsachsen blüht auf und erwacht aus dem Schlaf des vergangenen Wintersemesters.  Studierende genießen die sonnigen Stunden auf dem Campusgelände und gehen ihren Wegen nach. Sobald der Morgen anbricht, füllen sich die Straßen Mittweidas und die ersten Studierenden schnappen sich die begehrten Parkplätze rund um den Schwanenteich. Die Sonne steht im Zenit und die Studis tummeln sich vor der Bibliothek und versammeln sich in der Mensa. Doch was ist das? Leerstehende Parkplätze unmittelbar vor der Bibliothek und an manchen Fahrzeugen befindet sich ein Zettelchen an der Windschutzscheibe.

Doch kein Knöllchen!

In der Mittagspause, unmittelbar am Schwanenteich bei der Kreuzung, stößt man auf ein merkwürdiges Ereignis. Ein gutes Dutzend an Autos von Studierenden, Angehörigen und Bewohnern stehen im Parkverbot. Beim genaueren Hinsehen fällt auf, dass es sich nicht um einen Strafzettel handelt, sondern um eine Verwarnung des Ordnungsamts Mittweida.

Verwarnung

Verwarnung der Stadt Mittweida an einem PKW, Bild: Niclas Schymik, 20. Mai

Was ist der Grund dafür? Sonst stellte das Parken an den Abstellplätzen kein Problem dar. Doch seit geraumer Zeit findet man ein Schild, das auf ein Parkverbot hinweist.

Parkverbot

Straßenschild, Bild: Niclas Schymik, 7. Mai

Offenkundig standen die PKWs im Parkverbot. Das Straßenschild weist auf ein Datum hin, den 21 März. In dieser Woche begann auch das Sommersemester. Einige Studierende bemerken den Lärm der über den Großteil des Campus zu hören ist, doch niemand scheint richtig zu wissen woher und warum dieser Schall zu vernehmen ist.

Über Umwege zum Ziel

Dem Geräusch folgend, beginnt die Suche nach der Quelle des Pochens, Hämmerns und Klopfens und führt in Richtung des Grunert de Jacome Bau, auch bekannt als Haus 6. Jedoch ist der Zugang gesperrt und es bleibt nichts anderes übrig als einen anderen Weg zu finden, um noch pünktlich zur Vorlesung zu kommen – die Zeit drängt.

Umweg

Schild weißt auf Umweg für Fußgänger hin, Bild: Niclas Schymik, 3. Juni

Die Vorlesung beginnt in wenigen Minuten. Der schnellste Weg führt zurück zur Kreuzung am Schwanenteich, vorbei an den geparkten Autos, direkt Richtung Haus 4. Beim Passieren des Parkplatzes an Haus 8 fällt der Blick auf einen gewaltigen Erdberg – eine ungewöhnliche Ansammlung von Aushubmaterial, doch woher stammt diese Erde eigentlich?

Erdhaufen

Hügel aus Erde und Schutt, Bild: Niclas Schymik, 3. Juni

Es ist jetzt 14 Uhr, die Mittagspause ist zu Ende und die Studierenden befinden sich in der Vorlesung. Nach kurzer Zeit ertönt ein deutliches Bohren von nebenan. Es ist so laut zu vernehmen, dass es den Unterricht beeinflusst, meine Kommilitonen und ich haben das selbst erlebt. Einige stellen Fragen: Woher kommt das? Was geschieht hier? Unbeantwortet bleiben diese Fragen im Raum stehen, weshalb dem nachgegangen werden muss. Schnell stößt man auf die Antwort: Was hier gebaut werden soll, ist eine neue Hochschulbibliothek.

Leben mit Lärm

Nach der Vorlesung entsteht ein Gespräch mit einem Kommilitonen, welcher unmittelbar neben Haus 6 wohnt, direkt an der Quelle des Lärms. Bei der Gelegenheit wird Nils befragt, wie das Leben neben einer Baustelle auf dem Campus ist. Anfangs begannen die Baustellarbeiter ihre Arbeit pünktlich sieben Uhr früh. Aktuell, meint Nils, sei es auch ein bisschen später und man hört die Geräusche erst gegen neun bis zehn Uhr. Doch wie verhält es sich mit Schlaf, Lernen oder anderen Aktivitäten im Haushalt? Darauf entgegnet Nils: „Geht gar nichts.“ Er berichtet, dass er früh von dem Lärm geweckt wurde. Man habe keine Ruhe, auch nicht mit Kopfhörern auf. „Es ist nicht sehr förderlich, dass dort keine 100 Meter Luftlinie ist, wo die Studierenden lernen“. Auf die Frage, wie er damit persönlich umgehe, meint Nils, er habe über die Zeit hinweg gelernt, die Geräuschkulisse auszublenden und es einfach zu akzeptieren. Die Baustellarbeiten halten laut Nils in der Regel bis 17, maximal 19 Uhr an.

Ein umfangreiches Projekt für nachkommende Generationen

Nach kurzer Recherche auf der Hochschulwebsite stößt man auf einen Ansprechpartner zum Bau der Bibliothek. Herr Arnold ist aktuell der Leiter der Bibliothek. Es ist bekannt, dass das Bauvorhaben im September vergangenen Jahres begann und bereits im Sommer in den Rohbau gehen soll. Geplant wurde das Bauvorhaben in den Jahren 2017 bis 2019. Dabei stellt sich die Frage, wie viel Kosten durch so einen Bau eigentlich anfallen. Herr Arnold gibt bekannt, dass durch Inflation, Rohstoffengpässe und erhöhte Nachfrage die Kosten über die Zeit drastisch gestiegen seien. Auf Rücksprache mit dem Chef des Staatsbetriebs Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), nennt er die vom Staat bereitgestellte Summe: 23 Millionen Euro. Bis zur Eröffnung wird es aber noch eine Weile dauern. Laut der Website der Hochschule Mittweida ist die geplante Übergabe der Bibliothek im Oktober 2028. Die Innenausstattung erfolgt über dasselbe Architekturbüro und wird voraussichtlich noch dieses Jahr begonnen. Der Leiter erwähnt in einem Gespräch auch den Livestream des Baus, der jederzeit über die Webseite der Hochschule aufrufbar ist.

Banner der zukünftigen Bibliothek

Abbildung der zukünftigen Bibliothek, Bild: Niclas Schymik, 3. Juni

Aktuell ist es noch so, dass Mensa und Bibliothek in einem Gebäudekomplex untergebracht sind, sie teilen sich denselben Eingang. Laut Herrn Arnold wurde das Gebäude 1983 bezogen und sei seit jeher die Bibliothek der Hochschule. Das hat allerdings einen entscheidenden Nachteil. Studierende könnten sich beispielsweise so während der Mittagszeit im Bibliotheksbereich von den Studierenden gegenüber in der Mensa gestört fühlen. Die daraus resultierende Lösung: Die Bibliothek braucht ein separates Gebäude, in dem Studierende ungestört in aller Ruhe ihrer akademischen Ausbildung an der Hochschule nachgehen können. Der Grundgedanke, ein eigenes Gebäude für die Bibliothek existierte bereits seit den 90er Jahren, so Arnold.

Auf die Frage, warum die Hochschule und die Stadt Mittweida nicht zusammenarbeiten wird bekannt gegeben, dass es dazu Pläne in den 2010er Jahren gab. Dafür war ursprünglich das Gebäude der aktuellen Stadtbibliothek angedacht, welches sich auf dem Technikumplatz befindet und seit 2023 eröffnet ist. Für den Bau der Stadtbibliothek wurden sechs Millionen Euro aufgebracht. Es konnte keine genaue Begründung ermittelt werden, warum eine Zusammenarbeit ausblieb.

Bibliothek + Mensa

Aufschrift des aktuellen Gebäudes, Bild: Niclas Schymik, 5. Juni

Herr Arnold, Leiter der Hochschulbibliothek Mittweida, erzählt in einem Interview, dass die Hochschule auf einem geologisch außergewöhnlichen Untergrund steht – einer seltenen Kombination aus Gneis und Granit. Für die Herstellung der Baugrube wurde zum Teil auf ein Unternehmen aus der Tunnel- und Tiefbaubranche zurückgegriffen. Die Projektphasen sind nach HOAI unterteilt. Herr Arnold erklärt, dass die Hochschule Mittweida die letzte Hochschule in Sachsen ist, die nach der Wiedervereinigung saniert wird. Die anderen haben bereits in den letzten Jahrzehnten neue Gebäude erhalten.

Was ist mit dem House on the Hill Festival?

Eine persönliche Frage, die ich mir gestellt habe: Was wird jetzt eigentlich aus dem House on the Hill Festival. Jährlich findet, sobald die Tage wieder länger und die Temperaturen auch am Abend angenehm sind, das House on the Hill statt, welches vom Studentenclub organisiert wird. Auf Anfrage beim derzeitigen Vorsitzenden des Studentenrats, Max Schulze, erklärt dieser, dass der Platz für das diesjährige Festival noch in Ermittlung stehe. Im Jahr 2022 fand das Festival zwischen Haus 6 und 3 statt. Durch die aktuelle Situation ist das allerdings nicht mehr möglich. Er verwies auf die Vorstandsvorsitzende des Studentenclubs, Annika Wenzel, welche für das House on the Hill aktuell federführend ist. Auf Anfrage der Redaktion teilte sie uns folgendes mit.

hoth 2022

House on the Hill 2022, Bild: Niclas Schymik,  21. Mai 2022

Mittweidas Campus im Wandel: Perspektiven für Studierende

Zukünftig wird es den Studierenden möglich sein, sich ihrem Studium unabhängig von der Mensa, in einem eigenen Gebäude, widmen zu können. Das hat zum Vorteil, dass Studierende ungestört allein oder mit Kommilitonen gemeinsam an Projekten arbeiten können. Gleichzeitig hat dies auch zur Folge, dass der Teil, der aktuell noch als Bibliothek genutzt wird, mehr Platz für die Studierenden in der Mensa bieten könnte. Ein neues Bibliotheksgebäude könnte auch das Interesse zukünftiger Studierenden wecken und somit das Leben auf dem Campus langfristig bereichern. So schließt sich der Kreis der Spurensuche über den Campus und der Ausgangspunkt, am Schwanenteich, an dem die Reise begann, wird wieder erreicht.

Text und Bilder: Niclas Schymik

<h3>Niclas Schymik</h3>

Niclas Schymik

Ist 2002 in Mittweida geboren und studiert Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Er ist Redakteur als auch im Team Technik der studentischen Redaktion. Er Interessiert sich für Content Produktion als auch für Kampfsport.