Umgang mit KI

ChatGPT-Nutzer entwickeln Wahnvorstellungen

von | 18. Juli 2025

„Mein Chatbot ist zum Leben erwacht!“ – Die psychologischen Gefahren der KI-Nutzung

Bahnbrechende Theorien, die Antworten des Universums und die lebendige KI. Es gibt Menschen, die überzeugt sind, genau das mithilfe ihres Chatbots gefunden zu haben. Aber wie viel davon ist echt – und wie viel Projektion?

Einige ChatGPT-Nutzer berichten seit mehreren Monaten in Online-Foren wie Reddit von ungewöhnlichen Interaktionen mit ihren Chatbots: Oft beginnt es mit auffällig positiver Zustimmung des Bots, die bei einigen Nutzern Wahnvorstellungen bestärkt und psychoseähnliche Zustände hervorruft. Grund dafür sei unter anderem „eine neue Version von ChatGPT, die übermäßig schmeichlerisch ist”, schreibt die New York Times.

Was ist ein Chatbot?

Ein Chatbot ist ein Computerprogramm, mit dem man sich per Text- oder Spracheingabe in natürlicher Sprache unterhalten kann. Der Begriff setzt sich zusammen aus „Chat” (engl. Unterhaltung) und „Bot” (Kurzform für Roboter). Sie basieren auf einem Large-Language-Model (kurz LLM). Das sind Sprachmodelle, die komplexe Texte analysieren und verarbeiten können und ihre Ergebnisse in Sprachausgabe wiedergeben. Die Funktionsweise der Ausgabe beschränkt sich auf einer Wahrscheinlichkeitsrechnung, wobei das jeweils wahrscheinlichste Wort nacheinander gebildet wird, oft ohne Berücksichtigung des Wahrheitsgehalts. Das Ziel des Bots ist es, möglichst menschenähnlich auf Fragestellungen zu antworten. Zu den bekanntesten Systemen zählen ChatGPT von OpenAI, Gemini von Google und Microsoft Copilot.

Ein neues Online-Phänomen

Der Begriff „KI-Psychose” oder auch „ChatGPT-induced psychosis” taucht seit April 2025 immer häufiger in internationalen Medien auf. Ursprung dieses Begriffs ist ein Reddit-Beitrag. Dessen Verfasser erzählt von einer „KI, die die Antworten des Universums gibt”. Eine feste Definition existiert bisher nicht. Viele Betroffene beschreiben in ihren Erfahrungsberichten eine oft spirituelle Negativspirale, in der sie vom Chatbot in faktisch inkorrekten Fantasien stark bekräftigt wurden. Die ständigen neuen Impulse füttern Wahnvorstellungen teilweise so weit, dass einige ihren Chatbot als Gott oder ihr Kind bezeichnen. Viele dieser Erfahrungsberichte werden auf Online-Foren wie Reddit inzwischen gelöscht und die Ersteller gebannt.

In unserer Videoreportage haben wir mit genau diesen Menschen Kontakt aufgenommen, um besser zu verstehen, was in ihnen vorgeht. Gemeinsam mit Prof. Dr. Villmann beleuchten wir die technologischen Hintergründe dieses Phänomens. Er ist Direktor des Sächsischen Instituts für Computational Intelligence & Machine Learning und Experte im Bereich Künstliche Intelligenz und Mensch-zu-Maschine-Interaktion.

Videoreportage „ChatGPT-Nutzer entwickeln Wahnvorstellungen“, Quelle: YouTube/MedienMittweida

Die wichtigste Erkenntnis

Das Phänomen der KI-Psychosen zeigt, wie schnell Menschen sich mit ein wenig Mithilfe in einen Wahn treiben können. Gefährlich an Chatbots sind vor allem die menschenähnliche Kommunikation und die Neigung zur Bestärkung des Nutzers. Professor Villmann betont, dass man die KI als das ansehen soll, was sie ist: ein Werkzeug, kein Freund. Man sollte genügend Pausen einlegen und Gespräche mit Mitmenschen nicht vernachlässigen. Ein reflektierter Umgang vor und während der Konversation mit dem Bot ist essenziell.

Text und Titelbild: Alexander Kalin, Video: YouTube/MedienMittweida

<h3>Alexander Kalin</h3>

Alexander Kalin

ist 1997 geboren und studiert Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Bei medienMITTWEIDA ist er seit 2025 als Co-Leiter des Teams für Kommunikation und Design tätig.