Unscharfe Fotos sind Vergangenheit

von | 30. Januar 2012

Die digitalen Fotografie könnte bald gefährdet sein. Schnelle Lichtfeldkameras bieten klare Vorteile – auch für Bildjournalisten. Sogar der Fokus kann nachträglich geändert werden.

Ob mit einer Digicam, einer digitalen Spiegelreflexkamera oder einfach mit der Handykamera – fast jeder Mensch fotografiert heute digital. Ein Problem hat dabei aber jeder Nutzer – den Autofokus. Wie oft passiert es, dass bei einem Schnappschuss der Hintergrund und nicht das eigentliche Motiv scharf ist? Dieses Problem hat bald ein Ende – dank der Lichtfeldfotografie. Das amerikanische Unternehmen „Lytro“ bringt im Frühjahr 2012 die ersten Lichtfeldkameras für Privatkunden auf den US-Markt – der Weg nach Europa ist dann nicht mehr weit.

Mehrwert für viele Fotografen

Die Funktion einer Lichtfeldkamera – oder auch plenoptische Kamera – ist eine revolutionäre Entwicklung und nutzt dabei auch Technologien der 2D-Digitalfotografie. Durch ein System von mehreren Mikrolinsen kann der digitale Bildsensor ein vierdimensionales Bild aufnehmen indem er auch die Richtung des einfallenden Lichtes bestimmt.

„Was bringt das?“ werden sich viele fragen. Durch diese Technologie kann der Fokus des Fotos im Nachhinein verändert werden – zum Beispiel am heimischen Computer. Außerdem sind diese Fotos generell zur dreidimensionalen Darstellung, beispielsweise auf dem 3D-Fernseher, geeignet.

Für den Privatkunden bietet die neue Kamerageneration eine Vielzahl von Vorteilen. Schon die erste Generation der „Lytro“-Kamera hat ein handliches Format und eine modische Optik. Der Nutzungskomfort ist also derselbe wie bei einer üblichen Kompaktkamera. Die Technologie an sich ermöglicht besonders Hobbyfotografen gute Schnappschüsse aufzunehmen, ohne dass es notwendig ist, auf Fokus und Bewegung zu achten.

Vorteile für Fotojournalisten

Aber auch für Pressefotografen – besonders Sportfotografen – bietet die Lichtfeldfotografie einige Vorteile. Da die Kameras ohne Fokus arbeiten, können sich die Fotografen mehr auf das Motiv konzentrieren und im richtigen Moment die Aufnahme machen. Dies ist besonders bei Veranstaltungen mit vielen Bewegungen sehr hilfreich, sei es nun Sport, Kultur oder Politik. Durch die Möglichkeit der nachträglichen Fokus-Bearbeitung können Details oder eigentlich unscharfe Bildinhalte im Nachhinein zum eigentlichen Kern des Fotos gemacht werden.

Somit kann ein eigentlich falscher Fokus des Objektivs während eines Fußballspieles oder ein wichtiges Geschehen im Hintergrund eines Fotos nachträglich korrigiert werden. Die erste Generation der „Lytro“-Kameras hat dabei allerdings das Problem, dass die effektive Auflösung und die generelle Schärfe der Bilder noch zu gering sind, um im großen Ausmaß in Print- und Onlinemedien veröffentlicht zu werden.

Neue Technologie aus Stanford

Die Technologie der Lichtfeldfotografie steckt noch in den Kinderschuhe. Die Forscher E. H. Adelson and J. Y. A. Wang beschrieben die physikalischen Grundlagen 1992. An der „Stanford University“ wurde dann Ende der neunziger Jahre das erste Lichtfeldfoto der Welt aufgenommen. Nach mehr als 15 Jahren Entwicklungszeit erscheint nun die erste marktreife Kamera für den privaten Nutzer. Entwickelt wurde die „Light Field Camera“ vom US-Unternehmen „Lytro“. Das Startup ging dabei im Jahr 2006 aus der Forschungsgruppe der „Stanford University“ hervor.

Die technischen Details der „Lytro Light Field Camera“ gibt der Hersteller mit 11 Megarays (11 Megastrahlen) an. Ein Vergleich zu der übliche Maßeinheit Megapixel gibt es nicht. Dieser sei nicht möglich, erkläert das Unternehmen. Zum angekündigten Auslieferungsstart im ersten Quartal 2012 bietet „Lytro“ für 499 US-Dollar ein Modell mit internem 16-Gigabyte-Speicher (genug für 750 Aufnahmen) an. Das kleinere 8-Gigabyte-Modell kostet 399 US-Dollar und speichert 350 Fotos. Die ersten Nutzer – vorerst liefert „Lytro“ nur in die USA – brauchen einen Apple-Rechner um ihre Fotos nachträglich bearbeiten zu können. Die Software für andere Betriebssysteme wird aber bereits entwickelt. Das deutsche Unternehmen „Raytrix“ nutzt auch die Lichtfeld-Technologie für seine Kameras, konzentriert sich aber auf Industrie- und Forschungskunden.

Erleichteter Start

Durch die Entwicklungen der klassischen Digitalfotografie ist die Ausgangssituation für die neue Technik aber deutlich besser als für die ersten Digicams Ende der Siebziger. Durch hochauflösende Fotosensoren und qualitativ hochwertige Linsen- und Objektivtechnologie können die Entwickler der Lichtfeldfotografie auf ein großes Know-How zurückgreifen. Die Weiterentwicklung der neuen Technologie wird also schnell voran schreiten und bessere, schärfere und vielseitigere Lichtfeldkameras auf den Markt bringen.

<h3>Martin Kisza</h3>

Martin Kisza