Investoren müssen auf dem hart umkämpften Videospiel-Markt die erfolgversprechendsten Projekte finden. Doch neben hohen Gewinnen sind auch Totalausfälle möglich.
„Die Unterhaltungsbranche war immer und wird voraussichtlich auch künftig eine relativ krisenfeste Wachstumsbranche sein“, sagt Jörg-Dieter Leinert, Geschäftsführer der „Altaris Emissionshaus GmbH“. Seine Firma legt derzeit einen Fond auf, der sich auf Spiele mit den Schwerpunkten Online und Mobile konzentriert, die schnell zu entwickeln und zu vermarkten sind. Krisenfest, dieses Wort hat in Zeiten von Banken- und Staatsschuldenkrisen mehr Gewicht als jemals zuvor. Das Credo lautet: gespielt wird immer. Das stimmt vielleicht, aber die Bereitschaft neue Spiele zu kaufen ändert sich mit der wirtschaftlichen Lage. So sind die Videospiel-Umsätze in den USA im letzten Jahr um zwei Prozent gesunken. Die Verkaufserlöse von Spielen auf physischen Datenträgern sanken um ganze acht Prozent auf 9,3 Milliarden US-Dollar. Eine kleine Kehrtwende in der erfolgsverwöhnten Spieleindustrie.
Auf dem aktuell stagnierenden Markt herrscht zudem ein harter Wettbewerb. Die Bilanzen der großen Publisher variieren sehr stark. Allein im letzten Quartal musste Branchen-Primus „Electronic Arts“ einen Nettoverlust von 205 Millionen US-Dollar verkraften, während der Konkurrent „Take-Two Interactive Software“ 14,14 Millionen US-Dollar Nettogewinn erzielte.
Investoren für Entwickler überlebenswichtig
Es gibt eine Vielzahl von Spielen, doch eines haben sie alle gemein: unabhängig vom tatsächlichen Budget eines Spiels braucht der Entwickler eine Vorschubfinanzierung. Von der ersten Idee bis zur Marktreife ist es meist ein langer Weg, auf dem kein Geld verdient wird. Viele kleinere Entwickler sind von direkten Beteiligungen oder auch öffentlicher Förderung abhängig, wie etwa einem Entwicklerpreis. Ohne private Investoren, meist Investmentfirmen oder Fondgesellschaften, würden die meisten Spiele nie fertiggestellt. Es ist nicht festzustellen, wie viel jährlich in die Branche investiert wird, doch laut Leinert beträgt das Marktvolumen rund 40 Milliarden Euro. „Dies wiederum bedeutet, dass ein zweistelliger Milliardenbetrag in die Entwicklung fließen muss. Wie hoch auch immer, es ist ein gewaltiger Betrag“, sagt Leinert.
Unterstützte Projekte penibel ausgesucht
Für die Investoren ist es bei den hohen Geldsummen besonders wichtig, Projekte genau zu analysieren, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Dabei ist der Markt nicht nur umkämpft, sondern stark segmentiert. Neben diversen verschiedenen Plattformen wie Konsole, Handhelds oder Mobile sind vor allem Browsergames ein Zukunftsmarkt, in den zunehmend investiert wird.
Vor einer Finanzspritze durchlaufen Projekte meist ein mehrstufiges Auswahlverfahren, das sogenannte „Games-Due-Diligence“. Häufig kommen dabei externe Berater zum Einsatz. Auch das „Game Portfolio 3“ von „United-Investors“ beschäftigt zwei externe Experten mit langjähriger Berufserfahrung in der Spieleindustrie. Für Leinert als Spieleinvestor ist vor allem das Vermarktungspotential entscheidend, Spiele sollen auf mehreren Plattformen und in verschiedenen Sprachen vertrieben werden können. Entwicklerstudios und Publisher suchen aber auch selbst aktiv nach Investoren und stellen ihre Spiele bei potenziellen Teilhabern vor.
Gewinn schlägt Kreativität
Für die Investoren zählt vor allem der Gewinn, Videospiele machen da keine Ausnahme. „Evergreen-Themen werden Modethemen gegenüber klar bevorzugt. Aus Sicherheitsgründen verzichten wir darauf, Experimente zu finanzieren,“ erklärt „Altaris“-Geschäftsführer Leinert. Das Genre des Spiels sei ebenfalls nahezu unbedeutend. Auch Start-Ups sind bisher nicht im Portfolio seiner Firma vertreten, das soll sich jedoch ändern. Sogar Universitätsprojekte könnten aufgenommen werden.
Ebenfalls reizvoll für manche Anleger sind die relativ kurzen Laufzeiten. „Bei einer Laufzeit von circa fünf Jahren werden sehr schnell hohe Rückflüsse erwirtschaftet,“ preist das „Handelshaus Heckel & Cie. KG“ auf seiner Website an. Das Analyse- und Handelshaus verdient am Weiterverkauf von Anteilen an geschlossenen Fonds. Fondchef Leitner strebt mit seinem Fond eine Rendite von circa zwölf Prozent an.
Geld „verdaddelt“?
Das „Manager Magazin“ beschreibt unterdessen, wie Videospiel-Fonds das Geld der Anleger „verdaddelt“ haben: Die Investoren bekämen danach oft nicht einmal ihre eingezahlte Einlage zurück, von den versprochenen Renditen im zweistelligen Prozentbereich könne keine Rede sein. Ein ernüchterndes Ergebnis für viele Anleger. Schuld seien unter anderem Gerichtsverfahren gegen Entwickler oder deren Insolvenz. Auch die falsche Schwerpunktsetzung ist oft ein folgenreiches Problem: Die ersten Fonds von „United Investors“ hatten etwa noch auf PC-Spiele gesetzt, schreibt das „Manager Magazin“. Dieser Markt entwickle sich aber seit Jahren negativ.
Bekanntlich ist die Spiele-Branche sehr kurzlebig. „Man muss hier deutlich näher am Puls der Zeit sein, als bei langzyklischen Investitionen“, erklärt Leitner. Die verfehlten Renditeziele vieler Fonds zeigen, dass Investitionen in den Spielemarkt komplex sind. „Für uns als Fondsmanager ist es ein sehr arbeitsintensives Anlagethema, welches nur mit einem absoluten Fokus erfolgreich umgesetzt werden kann. Deshalb sehen wir dieses Thema nur für absolute Spezialisten mit dem richtigen Marktzugang als geeignet an,“ resümiert der Fondchef.
Text: Jörg Lehmann, Bild: flickr.com, Fotograf: 401K, Bearbeitung: Florian Pfennig