Personalisierte Werbung versus Datenschutz: Während die Politik nur zuschaut, durchleuchten Marketing-Firmen das Surfverhalten der Nutzer. Browser Add-ons verschaffen Abhilfe.
„Niemand akzeptiert, wenn Kunden von Geschäft zu Geschäft verfolgt werden, beziehungsweise jeder Blick in ein Schaufenster aufgezeichnet würde“, sagt Juliane Heinrich, Pressesprecherin des Bundesbeauftragten für Datenschutz, kurz „BfDI„.
Doch unbemerkt speichern unzählige Internetfirmen in Form von Cookies jeden Klick des Nutzers. „Werbefirmen zeichnen so gut wie alle Aktivitäten auf, die man beim Surfen so macht“, weiß „CHIP.de„-Redakteur Markus Grimm. „Alles wird in Form von Cookies auf dem eigenen Rechner gespeichert und auf einen Server übertragen, der dann passende Werbeanzeigen beim Surfen schaltet.“
Fünf Cookies mit einem Klick
Das Ausmaß des Verfolgungswahns wird schon beim Surfen auf Nachrichtenportalen und auf Seiten von Onlineversandhändlern deutlich. Ruft der Nutzer beispielsweise „SPIEGEL ONLINE“ auf, werden auf dem Rechner gleich fünf Cookies angelegt. Darunter ist auch „Googles“ Datenkrake „DoubleClick“, die auf besonders vielen Portalen Informationen sammelt und diese vernetzt. Auch wenn die Marketing-Firma mit der Privatsphäre der User ihr Geld verdient – ähnlich wie die Konkurrenz von „Nugg.ad“ und „Webtrekk“ hält sich das Unternehmen sehr bedeckt. Auf entsprechende Presseanfragen wird generell nur spärlich oder überhaupt nicht geantwortet. [Richtigstellung: Diese Aussage bezieht sich auf Portal-Betreiber, nicht auf die Unternehmen „Nugg.ad“ oder „Webtrekk“, die nicht von medienMITTWEIDA angefragt worden sind.]
Der Markt für den Datenhandel boomt trotzdem. „Google“ investierte beim Kauf von „DoubleClick“ 2007 beispielsweise stolze 3,1 Milliarden US-Dollar.
Personalisierte Werbung dank Tracking
Die in den Cookies gesammelten Daten über das Surfverhalten des Nutzers werden von Analytic-Tools auf Servern der Marketingfirmen ausgewertet. Die gewonnenen Informationen dienen dann zum Schalten von individualisierter Werbung. Vor allem Onlineversandhäuser nutzen diese Strategie, sie bedeutet für „Amazon“ und Co. bares Geld.
Sucht ein Kunde also nach Laufschuhen, werden ihm unmittelbar darauf auch auf anderen Websites Banner für genau dieses Produkt präsentiert. Online-Redakteur Grimm kritisiert diese Methode: „Mehr oder weniger seriöse Firmen erhalten Unmengen an Daten, die unkontrollierbar über die ganze Welt verteilt werden. Dagegen ist der User machtlos.“
Alleingelassen von der Politik
Wer sich gegen die Schnüffelei wehren will, kann kaum auf Hilfe hoffen. Zwar gibt es von der EU eine klare Regelung, die das Tracking nur mit Zustimmung der Nutzer erlaubt, doch diese ist von der Bundesregierung nicht in deutsches Recht umgesetzt worden. „Artikel 5 Absatz 3 der e-Privacy-Richtlinie schreibt vor, dass die Nutzer zumindest bei den Cookies, die ihr Surfverhalten umfassend registrieren können, aktiv einwilligen müssen“, erklärt Heinrich vom „BfDI“.
Selbsthilfe im Browser
Abhilfe verschaffen bislang nur Browser Add-ons wie „Ghostery“ für „Firefox“. Die Software zeigt dem Anwender direkt beim Surfen, von wem er gerade digital verfolgt wird. Auf Wunsch kann diese Art Spionage auch blockiert werden. Die Add-On „Collusion„, ebenfalls für „Mozillas“ Browser programmiert, visualisiert das Tracking.
Die wichtigsten Datenschutzeinstellungen können aber auch ohne Add-On direkt im Browser gemacht werden. „Die Nutzer können die Cookies einsehen, wenn sie bei den ‚Firefox‘- Einstellungen unter ‚Extras‘, ‚Datenschutz‘ und ‚Cookies anzeigen‘ anklicken. Beim ‚Internet Explorer‘ finden sie diese Funktion unter ‚Extras‘, ‚Sicherheit‘ und den ‚Browserverlauf löschen'“, erklärt Bernhard Witt, Autor des Buches „Datenschutz kompakt und verständlich„. Anschließend müsse das Cookie-Kontrollkästchen angeklickt werden, um die unliebsamen Spione im „Internet Explorer“ zu löschen.
Text: Christian Kandels. Bild: Wikipedia, Philipp Fechner, Bearbeitung: Nathalie Gersch. Audio-Slideshow: Sebastian Goetze, Sprecher: Markus Krönert.