Ein warmer Frühlingstag. Ich sitze im Garten und blättere in meinem neuen Lieblingsmagazin. Einfach toll. Auf einer Seite werden mir liebevoll gestaltete Cupcakes vorgestellt, bei den Abbildungen muss Leserin ja Appetit bekommen. Diese Leckereien müssen also unbedingt bestellt werden – für den nächsten Mädelsabend, versteht sich. Der Tablet-PC ist schnell zur Hand, und schon weiß ich, wo ich die kleinen Leckereien herbekomme. Es reicht, die Seitenzahl der Zeitschrift im Browser einzugeben. Und da ich ja schon am Geld ausgeben bin, kann ich auch gleich nochmal schauen, wo ich das tolle Salatbesteck von Seite 114 bestellen kann.
Neues Geschäftsmodell: Der Shop zum Heft
Aufgeschlagen hatte ich die „Season“ von „Gruner + Jahr“. Genau wie die „Hot fashion & shopping“ von „Marquard Media“ ist das Frauenmagazin dieses Frühjahr erstmals erschienen und verbindet das klassische Printmagazin mit einem Online-Shop. Sabine Grüngreiff, Leiterin Kommunikation bei „Gruner & Jahr“, erklärt: „‚Season‘ hat einen modernen Herstellernachweis entwickelt, der den Service des Heftes mit den Vorteilen des Internets koppelt.“ Der Magazin-Shop ist aber nur eine Art Vermittler und leitet zu anderen Shops weiter. Die Leserinnen beider Zeitschriften können also sofort von zu Hause aus bestellen. Einige der vorgestellten Waren lassen sich ansonsten nämlich nur schwer im Netz finden, eine einfache „Amazon“-Suche reicht oft kaum.
„Hot“: Dank „Shopping-Code“ noch schneller zum neuen Outfit
Die Testausgabe der „Hot fashion & shopping“ erschien im April. Sie konzentriert sich ausschließlich auf die Themen Mode und Beauty und ähnelt den anderen Zeitschriften von „Marquard Media“, der „Cosmopolitan“, „Joy“ und „Shape“. Alle Produkte, die über den Online-Shop erhältlich sind, haben einen eigenen „Shopping Code“. Dieser muss nur auf der zugehörigen Shopseite eingegeben werden und führt wiederum zu einem externen Shop. Ganz durchgehalten wird diese Logik aber nicht: Denn viele Kleidungsstücke und Accessoires werden im Printmagazin vorgestellt – sind aber nicht mit einem Code versehen.
„Frauen wollen keine Kataloge, und wir als Verlagshaus sind keine Versender, sondern nach wie vor professionelle Blattmacher“, stellte Waltraut von Mengden gegenüber „Werben & Verkaufen“ klar. Sie ist Geschäftsführerin der „Medien Verlagsgesellschaft“, einer Tochter von „Marquard Media“.
„Season“: Alles kaufen, was Frau die nächsten zwei Monate braucht
Im Gegensatz zu „Hot fashion & shopping“ launchte „Season“ schon im Frühjahr. Sie erscheint zweimonatlich und verspricht der Leserin: „Alles, was Sie die nächsten zwei Monate brauchen.“ Außer dem Online-Shop haben beide Magazine wenig gemeinsam. Sabine Grüngreiff betont: „‚Season‘ ist eine klassische Frauenzeitschrift, die Frauen mit einer thematischen Vielfalt anspricht. ‚Season‘ ist also kein Shoppingmagazin – wie beispielsweise die neue ‚Hot‘ aus dem Hause ‚Marquard‘“. Tatsächlich ist weder aus dem Namen, noch am Cover erkennbar, dass das Heft einen Shoppingservice anbietet. Trotzdem gibt es in nahezu jeder Magazin-Rubrik Produkte, die ganz einfach im Shop zu finden sind. Der Kauf erfolgt nicht mithilfe eines Codes, sondern durch Eingabe der Internetadresse des Shops und der Seitenzahl, auf der sich das gewünschte Produkt im Printmagazin befindet.
Crossmediale Umsatzsteigerung
„Season“ hat den Einkaufsprozess durch die Verknüpfung mit der Seitenzahl so einfach wie möglich gestaltet und betont immer wieder den Servicecharakter des Heftes. Denn viele Seiten bleiben gänzlich ohne Produktempfehlung. „Vorrangig geht es bei der ‚Season‘ darum, ein erfolgreiches Zeitschriftenkonzept zu etablieren. Der Online-Auftritt wird auch zu den Erlösen beitragen, versteht sich aber als Ergänzung zum Magazin“, erklärt Pressesprecherin Grüngreiff gegenüber medienMITTWEIDA. Werbekunden können ihr Produkt bei dem Heft aus dem Hause „Gruner + Jahr“ neben der klassischen Anzeigenschaltung auch im Online-Shop anbieten – gegen Aufpreis. Auch die redaktionell ausgewählten Produkte sind über Verlinkungen in den eigenen Shop oder über Kooperationen mit den jeweiligen Herstellern zu bestellen.
So sitze ich also vor einem Magazin, das eigentlich ein Katalog ist. Aber egal, die Beiträge lesen sich wirklich gut und ganz nebenbei bestelle ich verspielte Cupcakes und überteuertes Salatbesteck. Viele andere Dinge, die ich eigentlich nicht brauche, kommen mit Sicherheit noch dazu. Wenn nicht in dieser Ausgabe, dann in der nächsten. Wie mir geht es vielen anderen Frauen. Wir wurden ausgetrickst, Mädels!