Die „Holtzbrinck“-Netzwerke „SchülerVZ“, „StudiVZ“ und „MeinVZ“ wird es nicht mehr lange geben. Vor dem Hintergrund der immer weiter sinkenden Nutzerzahlen ist diese Entscheidung keine Überraschung.
Der Entschluss zu einem Richtungswechsel ist an sich gut – wenn nicht sogar unumgänglich. Aber warum „Holtzbrinck“ sich nicht direkt von seiner Nebenaufgabe „Netzwerk“ trennen möchte, ist unklar.
Besser wäre ein Neustart
Der Verlag sieht nicht ein, dass ihm die Kompetenz zu einem sozialen Netzwerk fehlt. Es ist kein Zufall, dass die „VZ“-Nutzerzahlen erst so drastisch gesunken sind, nachdem „Holtzbrinck“ den deutschen „Facebook“-Klon kaufte.
Scheinbar ist der Verlag wider jede Vernunft immer noch von einer Rückkehr der Nutzer überzeugt. Vielleicht ist es auch nur die Nostalgie und der Gedanke an die glorreichere „VZ“-Vergangenheit, welche den Verlag so an dem Projekt klammern lassen. Dabei sollte der Medienkonzern, wenn es denn leider doch unbedingt sein muss, direkt ein neues Netzwerk starten – von Grund auf neu und ohne den „VZ“-Mief.
Schlechtes Konzept und peinlicher Name
Die grundlegenden Veränderungen bezeichnet „VZ“-Chefin Stefanie Waehlert dennoch als einen „Befreiungsschlag“. Es soll keine „VZs“ mehr geben, dafür aber „Workpools“.
Das zukünftige Zentrum soll weiterhin das Schülernetzwerk bilden. Das soll aber – unter dem Namen „IDPool“ – in eine Lehrplattform umstrukturiert werden. So werden sicher auch die letzten verbliebenen User vergrault, denn was die Schüler in ihrem Netzwerk suchen, ist in erster Linie Spaß und die Interaktion mit den Freunden – aber bestimmt kein Lernstoff.
Auch der Name klingt eher nach 90er-Jahren, Jugendliche und Kinder wird das – hoffentlich – nicht ansprechen.
Konkurrenz ist zu groß
Was die „IDPool“-Macher ohnehin übersehen haben: Ihre angestrebte Marktlücke existiert seit vielen Jahren nicht mehr. Auf „YouTube“ finden die Nutzer zu fast jedem Thema allen möglichen Sinn und Unsinn, Tutorials und Hilfsvideos. Auch „Microsofts“ „so.cl“ startete als Lehrplattform und entwickelte sich dann – aufgrund fehlenden Erfolgs – immer mehr in Richtung „Facebook“-Ergänzung.
Es gibt wirklich genug Seiten, die Schülern Mathe, Physik und auch alle anderen Fächer näherbringen – vor allem sind diese Angebote bereits etabliert, weil sie mit sachkundigem Fachpersonal kooperieren. Wenn es Probleme mit einer Deutschlektüre gibt, werfen die meisten Jugendlichen sowieso erstmal einen Blick auf „Wikipedia“. Dass „IDPool“ sich mit seiner geschlossenen Lehrplattform gegen das Wissen des gesamten Internets behaupten kann, ist schlicht utopisch.
Nutzerzahlen sinken weiter – zurecht
Die Nutzer sind nicht grundlos von den „VZ“-Netzwerken abgewandert. Die Ignoranz der Betreiber bleibt – und solange kein wirklich innovatives Konzept gefunden ist, wird sich daran auch nichts ändern. Die Wiederbelebungsversuche sind nur ratloses Rumdoktorn an einem Halbtoten.
Am besten, der mündige User verabschiedet sich schon jetzt von den „VZs“. Bald schon sind sie an einem besseren Ort – da wo auch „MySpace“ schon ist.