Ein Gespenst geht um in der Musikbranche. Es trägt weißblondes Haar, Lederjacke, Totenkopfringe und bedeckt seine Augen mit einer standesgemäßen Sonnenbrille: Heino, Schwarm aller Schwiegermütter und Rrrretter des rrrrrollenden Rs, ist zurück!
Aber da ist doch was faul im Musikantenstadl. Statt seine jahrelangen Fans mit eigenen Melodien zu begeistern, versucht das Urgestein der Volksmusik nun auch neue Zuhörer von sich zu überzeugen: Mit einem ganzen Album voller Cover-Songs von erfolgreichen, deutschen Rockbands, aber natürlich mit heino-typischem Klang.
„Mit freundlichen Grüßen“ zwinkert Heino nun all denen zu, die sich bisher über ihn lustig gemacht haben sollen: den „Fantastischen Vier“, den „Ärzten“, „Oomph!“ und einigen anderen deutschsprachigen Künstlern. Moment mal – wann genau haben die sich noch mal über Heino lustig gemacht? Sie scheinen es selbst nicht zu wissen. Gleiche Ahnungslosigkeit herrscht, was den vermeintlichen Aufruhr der Bands gegen die Schlagerbarden-Interpretationen betrifft – stört es doch niemanden so richtig. Warum auch?
Heinos größter Erfolg in den Charts
Ein hausgemachtes Skandälchen hier, eine Werbung für das „verbotene Album“ da: Heinos Management kommt derweilen vor lauter „Händereiben“ und „ins-Fäustchen-lachen“ vermutlich kaum noch zum Schlafen. Die jubelnde Nation und die klingelnden Kassen sind sicher noch schönere Musik in ihren Ohren, als es Heinos Version von Rammsteins „Sonne“ jemals sein könnte. Und wie die Nation jubelt! Bereits drei Tage nach dem Erscheinen wurde die Coverplatte häufiger heruntergeladen als jedes bisher erschienene Werk eines deutschsprachigen Künstlers.
An Interpretationsvielfalt oder musikalischem Abwechslungsreichtum liegt das jedenfalls nicht. Aber BILD und RTL stillen die Sensationslust der Konsumenten derzeit zur Genüge. Wie sehr sich doch dafür auch Heinos Hannelore anbietet: als frisch gebackene „Rock-Oma“ berichtet die 70-Jährige im Focus sogar über ihr Sexleben. Wollten wir das wirklich wissen?
Schlagerstar lästert über Cover-Songs
Heino ist jeglicher Erfolg zu gönnen. Fraglich bleibt nur, wie freiwillig-fröhlich das alles ist: wie gern staffiert sich ein 74-Jähriger wohl so aus? Mittlerweile verrät Heino im Interview mit der Süddeutschen Zeitung sogar, dass die Idee für die Cover-Songs von seinem jungen Produzenten und Manager kamen. Er hätte von allein die Songs nie nachgesungen. Kein Wunder, dass Heino jetzt auch noch über seine Cover-Songs herzieht. Doch hinter all dem Lederjacken-und-Totenkopfringe-Kostüm sieht man ihn trotzdem noch vom blau blühenden Enzian schmettern. Aber wen interessiert schon Authentizität, wenn der Rrrrrrubel rrrrrrollt.
Text: Theres Grieger. Bild: pixelio, flickr, sxc, Fotograf: Aka, davharuk, vierdrie, Bearbeitung: Nathalie Gersch.
Über Theres Grieger:
Mein Name ist Theres Grieger, ich blogge ab und an. Wenn ich das nicht tu, studiere ich Medienmanagement an der HS Mittweida, mache Musik, konsumiere selbige oder denke über den Sinn des Lebens und anderer schöner Dinge nach. Letzteres allerdings eher selten.
Über vom-leben-gelernt.blogspot.de:
Mein Blog ist eigentlich bislang immer einfach nur ein online Spielzeug von mir gewesen. Er ist seit 2007 im Netz, wobei er auch schon aktivere Zeiten gesehen hat. Was darauf veröffentlicht wird, ist eine bunte Mischung: ein bisschen Belangloses, ein paar Videos, ein paar Bilder und immer mal eine Konzertkritik. Generell stand wohl in letzter Zeit primär Privates oder Kulturelles drauf. Ich persönlich finde einfach, das (m)ein Blog zum Ausprobieren der Möglichkeiten da ist.