Bestseller-Autor Sebastian Fitzek spricht mit medienMITTWEIDA über verrückte Radiomenschen, seine skurrilen Alltagssituationen und über sein neues Buch „Der Nachtwandler“.
Sebastian Fitzek ist einer der erfolgreichsten deutschen Thriller-Autoren. Seine Bücher werden in vierundzwanzig Sprachen übersetzt. Vor seiner Zeit als Buchautor war er unter anderem Mitglied in der Programmdirektion von „104.6 RTL Berlin“. Im Interview mit Lisa Limbach spricht er über seine prägende Zeit im Radio und über seinen Beruf als Autor.
Neben ihrer Arbeit als Buchautor sind Sie heute noch als Berater für „104.6 RTL Berlin“ zuständig. Auf Ihrer Internetseite schreiben Sie: „Hier treffe ich auch die meisten verhaltensauffälligen Menschen, die mich zu Psychothrillern inspirieren.“ Laufen beim Radio so viele verrückte Menschen herum?
Ja, das Radio ist eine Quelle von verhaltensauffälligen Menschen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass man hier die Möglichkeit hat sehr kreativ zu sein, ohne dass man auf der Straße später erkannt wird. Das sorgt bei einigen Leuten für Minderwertigkeitskomplexe. Bei anderen hingegen sorgt es dafür, dass sie sich eher verrückt benehmen, weil die Stimme mit ihrem Gesicht am nächsten Tag nicht in der Zeitung ist, egal was sie On-Air fabriziert haben. Insofern knallen da ganz verschiedene Charaktere – Verrückte und Kreative – aufeinander und das ist natürlich eine schöne Informationsquelle.
Sind Sie als ehemaliger Radiomensch dadurch auch ein bisschen verrückt?
Ich glaube ja. Ich habe angefangen als ich 23 Jahre alt war und musste jeden Morgen um 4:30 Uhr bei „104.6 RTL“ erscheinen. Wenn Sie so früh am Morgen mit fünf anderen Wahnsinnigen eingeschlossen sind, die sich das Ziel auf die Fahne geschrieben haben, die Hauptstadt wecken zu wollen, dann verändert sich das ganze Leben. Um 10 Uhr ist ihr Tag durch. Allein die Tatsache, dass Sie um die Uhrzeit dann zu Mc Donalds oder Burger King gehen, während normale Menschen anfangen zu frühstücken, prägt einen später für das ganze Leben.
Wie kam dann Ihre Sinneswandlung hauptberuflich Buchautor zu werden?
Als Autor muss man so viel gelebt haben, wie nur irgendwie möglich. Ich war ja auch nicht nur beim Radio. Ich habe drei Monate Tiermedizin studiert und anschließend Jura. Dann habe ich eine eigene Firma gegründet, die sich mit Radiounterhaltung beschäftigt. Am Ende muss ich die Erfahrungen, die ich gemacht habe, verarbeiten.
Ein weiterer Grund resultiert aber auch aus einer Art beruflichen Unzufriedenheit. Nachdem ich diese Firma gründete, musste ich durch das Land ziehen, habe Radiostationen beraten. Das hat mir nicht gefallen. Also habe ich angefangen, mir meine eigene Welt zu bauen, die ich mehr mag. Diese habe ich dann in den Büchern festgehalten. Ich habe aber immer darauf geachtet, dass ich einen Tag in der Woche im richtigen Leben stehe, also im Radiosender bin.
Haben Sie auch angefangen Thriller zu schreiben, um selbst „Herr der Dinge“ zu sein? Man sagt ja, Menschen lesen Thriller, weil sie selbst entscheiden können, wann sie das Buch zuklappen. Dadurch entstehe ein Sicherheitsgefühl.
Ich glaube, das ist eine sehr kluge Analyse und das ist zum Teil so. Ich glaube allerdings auch, dass Krimis und Thriller so boomen, weil der Tod – das letzte Tabu – beleuchtet wird. Wir wissen, dass wir sterben und dadurch haben wir ein gewisses Bedürfnis uns damit auseinanderzusetzen. Dieses Bedürfnis erfüllen Krimis und Thriller. Bei mir ist es so, dass ich mir zumindest unterbewusst gewisse Ängste von der Seele schreibe und danach fühle ich mich besser. Man könnte natürlich auch sagen, ich stülpe meine Alpträume anderen Menschen auf. Aber ich zwinge ja keinen dazu, meine Bücher zu lesen.
Ich habe jedes Ihrer Bücher gelesen. Jedes Mal denke ich, dass ich diesmal weiß, wie Sie ticken. Allerdings enden Ihre Geschichten immer anders, als ich es vermute. Wie machen Sie das?
Es gibt dafür keine Formel. Die Inspiration kommt aus dem realen Leben. Das kann eine Bemerkung eines Freundes oder ein Erlebnis sein. Beispielsweise war eine Freundin von mir in einem Hotel in New York. Als sie dort aus der Dusche gestiegen ist, war der Spiegel beschlagen und darauf stand: „Help me“. Sie rief mich an und meinte, das könnte wieder der Beginn eines Buches von mir sein. Wir wissen natürlich, dass sich in Wirklichkeit der Vormieter ihres Zimmers einen Scherz erlaubt hat. Das darf aber in einem Buch nicht die Lösung sein. Da geht die Geschichte weiter und an der Weiterentwicklung bin ich zunächst selbst interessiert. Als Autor lasse ich mich gern von den Figuren überraschen.
Am Donnerstag, den 14. März 2013, erscheint ihr neues Buch „Der Nachtwandler“. Welche skurrilen Situationen aus Ihrem Alltag haben Sie in dieses Buch eingebaut?
Das ist ein Buch, bei dem es mir schwer fällt, genau zu sagen, wie ich auf die Idee gekommen bin. Ich habe mir nur einmal in Folge eines Fernsehberichts gedacht, dass wenn ich Nachtwandler wäre, selbst gern wüsste, was ich mache. So ist die Idee entstanden, dass ich mir eine Kamera besorgen und diese auf den Kopf schnallen würde. Dadurch könnte ich mir am nächsten Tag anschauen, was in der Nacht passiert ist.
Nach dem Prolog beginnen Sie ihr Buch mit „Wenige Tage zuvor. Irgendwo auf der Welt. In einer Stadt, die sie kennen. Vielleicht in Ihrer Nachbarschaft“. Warum wählen Sie diese Worte?
Ich habe eine universelle Geschichte schreiben wollen. Der Psychothriller ist im Thriller-Genre das universellste, was man sich vorstellen kann. Jeder hat – so hoffe ich doch – eine Psyche, eine Seele. Damit können Leser in Japan genauso viel anfangen wie zum Beispiel in Südamerika. Deswegen habe ich hier ganz bewusst darauf verzichtet, eine Stadt vorzugeben. Das ist etwas, was jedem passieren könnte in seinen eigenen vier Wänden. Schließlich weiß keiner, was er macht, wenn er schläft.
Nicht nur „Der Nachtwandler“ erscheint neu, sondern auch die Verfilmung des Buches „Das Kind“ auf DVD. Auf was können sich Ihre Fans in Zukunft noch freuen?
Es wird auf jeden Fall spätestens Anfang nächsten Jahres ein sehr umfangreiches Buch erscheinen. Die Geschichte wird zum ersten Mal gleichzeitig an verschiedenen Orten der Welt spielen. Außerdem hat gerade das Drehbuch von „Die Therapie“ ein amerikanischer Autor fertiggestellt und eine englische Produktionsfirma möchte dieses gern verfilmen. Bevor allerdings nicht die Kameras an sind, kann noch wahnsinnig viel passieren. Das Gleiche gilt für die Bücher „Amokspiel“ und „Abgeschnitten“.
Das Interview führte Lisa Limbach. Bild: Sebastian Fitzek, Fotograf: H.Henkensiefken – FinePic München, Bearbeitung: Nathalie Gersch.