Natürlich fallen dem Filmzuschauer zuerst die Darsteller auf. Damit diese aber in der richtigen Umgebung agieren können, gibt es Menschen wie Stefanie Probst. Als Setdesignerin kümmert sie sich darum, ein möglichst originalgetreues Abbild als Kulisse entstehen zu lassen.
Neun Männer sitzen an einem großen Tisch. Jeder von ihnen hat einen Bierkrug vor sich, sie alle stehen auf, als ein Mann seinen erhebt.
Und, noch keine Idee, was das sein soll? Vielleicht klappt es ja mit dem richtigen Set: Die Männer befinden sich auf einer Burg. An den Wänden brennen Fackeln, einer der Männer trägt eine Krone. Abendliches Licht fällt durch die hohen Fenster. Das große Tor schwingt auf und ein Junge in Dienstbotenkleidung eilt herein, in seiner Hand hält er eine Rolle Pergament.
Na, jetzt erkannt? Eine Szene aus einem Historienfilm. Um einen solch authentischen Eindruck der damaligen Zeit zu erzeugen, gibt es Menschen wie Stefanie Probst. Angefangen vom richtigen Drehort kümmert sie sich dabei um alles, was der Zuschauer als Kulisse und Requisite wahrnimmt.
Vom richtigen Ort zum richtigen Set
Der Part der Berlinerin beginnt in einer Produktion, wenn die Drehbücher fast fertig sind. „In dem Moment, wo es um die Motive geht, bin ich dabei. Ich weiß am Besten, was man wo wie machen kann.“ Dabei sind nicht nur der Ort an sich, sondern auch die Bedingungen für einen Dreh wichtig. Nach der Motivsuche, die zum Teil auch von sogenannten „Location Scouts“ übernommen wird, werden die Drehorte festgelegt. Diese richtet Probst so ein, dass nicht nur der Regisseur, sondern auch die Schauspieler damit zufrieden sind. „Der Dreh funktioniert, der Schauspieler fühlt sich wohl, weil du ein schönes Set gebaut hast“, beschreibt Probst die Bedeutung ihrer Arbeit.
Neben den künstlerischen Aspekten muss sie dabei auch immer auf den finanziell vorgegebenen Rahmen achten. Nicht alle Requisiten werden daher neu gekauft. Vieles gibt es von verschiedenen Fundusanbietern zu leihen, anderes hat sich im Laufe der Zeit im eigenen Lager angehäuft. Große Geräte, wie zum Beispiel Autos, werden häufig von Firmen verliehen, die sich darauf spezialisiert haben.
Über Umwege zum Traumjob
Zum Film kam die gelernte Dekorateurin über ein Praktikum bei einem Werbefilmausstatter. Dem folgten Jobs als Assistenz sowie in Drehvorbereitung und Drehbetreuung, bis Probst sich letztendlich vollends auf das Szenenbild konzentrierte. Nach 12 Jahren ist es heute eine ganz bewusste Entscheidung für ihren Beruf: „Ich bin ein praktisch veranlagter Mensch, der unter Druck gut arbeiten kann“, sagt sie über sich selbst.
Dabei hat der Job viele stressige Seiten, gerade als Freiberufler. Arbeitstage über 15 Stunden sind bei Probst keine Seltenheit. Auch absolute Flexibilität ist ein wichtiger Faktor: „Du musst bereit sein, dein privates Leben für einen bestimmten Zeitraum hinter die Arbeit zurückzustellen.“ Häufig ist schlecht planbar, wann der nächste Job kommt. Diese Voraussetzungen lassen den Beruf für viele potentiell Interessierte in einem schlechteren Licht dastehen. „Ich suche seit Jahren einen guten Assistenten und finde keinen, weil alle die Belastung nicht packen“, beklagt die Setdesignerin.
Ein halbes Geschichtsstudium
Dabei sieht die berufserfahrene Mittdreißigerin die positiven Aspekte für sich deutlich im Vordergrund. Die stetige Abwechslung und viele neue Herausforderungen machen den Beruf immer wieder spannend. Egal, ob historische Doku oder Musikvideo, Setdesigner müssen auf allen Gebieten versiert sein und lernen ständig dazu. „Man hat da ein halbes Geschichtsstudium“, meint sie, und fügt schmunzelnd hinzu: „Ich mache bei jedem zweiten Dreh eine neue Ausbildung.“ Fachwissen erarbeitet sich Stefanie Probst durch Gespräche mit Fachleuten wie beispielsweise Historikern oder Medizinern selbst. Auch wenn sie anfänglich keine Expertin für eine Zeitepoche oder ein Thema ist, findet sie so immer das richtige Wissen und Gespür für eine Szene: „Irgendwann bist du in der Stimmung der Zeit, und dann überlegst du dir, was da drin sein könnte.“
Genugtuung auf dem Bildschirm
Laut Probst wird ihr Wirken häufig unterschätzt. Nicht nur von Zuschauern, sondern zum Teil auch von Mitarbeitern der Produktion selber. Die fertigen Szenen auf dem Bildschirm zu sehen, ist aber häufig eine Genugtuung für die vorausgegangene Arbeit, an der sie einen großen Anteil hatte. Zum Schluss ist sich der Zuschauer sicher, eine echt mittelalterliche Burg mit einer echt mittelalterlichen Feierszene vor Augen zu haben. Und Stefanie Probst weiß, dass sie einen großen Anteil daran hat: „Die schönste Kameraführung nützt nichts, wenn nicht alle am Set zusammenarbeiten. Dazu gehören auch Maske, Licht, Kostüm – und eben die Ausstattung.“
Weitere Informationen:
- Wie entsteht eigentlich ein Musikvideo? Making of zu „Schönste Zeit“ von Bosse unter Mitarbeit von Stefanie Probst
- Stefanie Probst bloggt auch über ihre Projekte
Text: Theres Grieger. Bild: Stefanie Probst. Bearbeitung: Susann Kreßner.