„BILDplus“, die „HuffPost“ & Co. zeigen es. Neue Geschäftsmodelle erobern die digitale Medienbranche und verändern somit die Anforderungen an das Berufsbild des „klassischen Journalisten“. Der Journalist – ein Beruf mit Zukunftsgarantie oder Neuerfindung im digitalen Medienwandel?
Als junger Medienmacher und -student sind mir zukünftige Trends und Arbeitsweisen meiner späteren Berufsbranche natürlich bekannt. Doch Meldungen aus unzähligen Nachrichtenmedien vom „Zeitungssterben“ aufgrund der langanhaltenden „Print-Krise“ beunruhigen mich immer wieder mit Blick auf meinen eigenen Berufseinstieg. Als Anfang Oktober diesen Jahres das Onlineportal „Huffington Post“− neben ihrem Start in Deutschland – ihr neues Geschäftsmodell der Medienbranche vorstellte, wurde ich wieder stutzig: Ziel der „HuffPost“ ist es, einen Großteil ihrer publizistischen Leistung mit kostenlosen Beiträgen von „Hobbybloggern“ zu erbringen. Mehr Aufmerksamkeit für unabhängige Blogeinträge statt geregelter Entlohnung für redaktionelle Arbeit von Berufsjournalisten. Denn im Verhältnis dazu sieht das Nachrichtenportal einen wesentlich geringeren Anteil an festangestellten Journalisten mit festen Einkommen vor.
Werden festangestellte Journalisten im digitalen Zeitalter etwa überflüssig? Werden wir zukünftig nur noch von Bloggern mit aktuellen Informationen versorgt? Eine Antwort auf meine Fragen fand ich auf einem Kongress für Nachwuchsjournalisten, den „Jugendmedientagen“. Dort hatte ich die Möglichkeit, mit Menschen und Kennern der Branche zu sprechen, die an diesem Wandel in der Medienwelt maßgeblich beteiligt sind. Einer unter ihnen war der Deutschland-Chef der „Huffington Post“ Cherno Jobatey:
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„Hobbyblogger“ vs. Berufsjournalist
Die „HuffPost“ als Gefährdung für den klassischen Journalismus, sieht der Gründer der Crowdfunding-Plattform „Krautreporter“, Sebastian Esser jedoch nicht: „Ich wüsste nicht, für wen die ‚Huffington Post‘ eine Gefahr darstellen sollte. Es wird doch niemandem der Job weggenommen“. Erstaunlich positive Haltung. Schließlich betreibt Esser eine Plattform, die sich in gewisser Weise für die Bezahlung von spannenden Projekten von Journalisten einsetzt, die von der eigenen Redaktion oder Medienunternehmen finanziell nicht unterstützt werden. Mittels „Fundraising“ wird dazu per Aufruf gemeinschaftlich Geld für das jeweilige Rechercheprojekte gesammelt. Eine Spende für unabhängigen Journalismus außerhalb der redaktionseigenen Richtlinien.
Zudem hatte ich das Gefühl, der „Krautreporter“-Gründer freue sich sogar ein wenig darüber, dass mit der „Huffington Post“ gewissermaßen frischer Wind in die konforme Medienwelt kommt. Denn viele Medienmacher hätten ihm zufolge noch nicht richtig begriffen, dass sich mit dem digitalen Wandel eben alte Strukturen ändern werden: „Ein Journalist kann heutzutage zur Not auch aus seinem eigenen Wohnmobil arbeiten, er braucht keine Anzeigenabteilung, braucht keinen Dienstwagen, braucht keine Druckmaschinen“, so Esser.
Dabei verhält es sich wie bei jedem Evolutionsprozess: Diejenigen, die sich nicht anpassen können, bleiben auf der Strecke. Das betrifft sowohl den einzelnen Journalist als auch die großen Medienkonzern. Denn was sich heute in der Medienbranche abspielt, beschreibt Esser als sogenannten „Kampf der Welten“: „Der alte Medienwald des 20. Jahrhunderts tritt gegen die digitalen Realitäten an, die noch niemand so richtig überblicken kann.“ Doch wo bleiben die Verlierer des Kampfes? Umbruch schafft Innovation, aber bedeutet diese Innovation, dass wir uns nun nur noch auf „HuffPost“-Hobbyblogger verlassen müssen, denen der Wahrheitsgehalt vielleicht nicht so wichtig ist wie eine anregende Geschichte? Kann Qualitätsjournalismus auch noch im digitalen Zeitalter bestehen bleiben?
Berufsbild „Journalist“ im digitalen Wandel?
„Wenn du ein Verleger warst, der ein Monopol hatte − sagen wir mal in Oberammergau − dann hattest du ein tolles Leben. Die Zeitung war immer voll mit Werbung. Doch Geschäftsmodelle verändern sich eben“ erklärt Cherno Jobatey und teilt sich die Meinung mit Sebastian Esser. Beide sagen: Journalisten werde es immer geben. Aber wie viele am Ende, ist allen unklar. Denn der Stellenabbau im Journalismus geht voran – sowohl online, als auch offline. „Natürlich – es wird weniger Journalisten geben, aber am Berufsbild ändert sich nichts. Lediglich die Arbeitsweisen ändern sich“, meint Sebastian Esser. Weniger Journalisten bedeuten zudem, dass die publizistische Leistung nachlässt und die Qualität im Journalismus sinken wird. Folgen eines Umbruchs in der Medienwelt.
Vorhersehbar ist die journalistische Zukunft auch für die beiden Experten nicht. Es wird weitere neue Geschäftsmodelle geben. Das ist klar. Somit vermeintlich noch schnellere und innovative Wege, wie Informationen an die Menschen gelangen. Die Flut an täglichen Informationen wird nicht abnehmen – im Gegenteil – und deswegen brauchen wir auch künftig Profis, die sich in dieser Informationsflut den Überblick bewahren. Die entscheiden können, welche Informationen wichtig sind und welche nicht. Die für uns Leser den Überblick behalten – ob nun in der Zeitung oder im Online-Medium. Journalisten sind unverzichtbar, Journalismus ist ein Beruf mit Zukunft. Ob man davon auch künftig anständig leben kann, ist wieder eine andere Sache.
Text: Adrian Kaesberg, Bilder: Kevin Voigt