Die Abhörtechnik der Stasi

von | 31. März 2011

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hat bekanntlich DDR-Bürger auf Verdacht einer von der SED abweichenden Meinung oder wegen "staatsfeindlichen Handelns" abhören lassen. Mit Hilfe welcher Technik die Spionage aber durchgeführt wurde, erklärte Detlev Vreisleben aus Köln am Dienstag im Rahmen des Akademischen Dialogs Mittweida.

Jeden Dienstagvormittag können Studenten der Fakultät Medien einem Vortrag aus der Reihe des Akademischen Dialogs lauschen. Zu den 90-minütigen Referaten kommen namhafte Dozenten aus allen Medienbereichen, um mit den anwesenden Studenten in einen Dialog zu treten.

Mikrowellen als Abhörmethode

Eigentlich richten sich die Veranstaltungen des ADM an die Studierenden der Fakultät Medien, die Veranstaltung am Dienstag war jedoch für jedermann offen. Das Thema: Mitgehört – Die Technik des MfS. „Ich erinnere mich, als Kind öfter gelesen zu haben, dass sowjetische Gebäude mit Mikrowellen bestrahlt wurden – da habe ich mich gefragt, wieso“, begann Detlev Vreisleben seinen Vortrag. Die Antwort folgte sogleich: „Staaten hatten verschiedene Abhörmethoden und einige nutzten die Rückstrahlung der Mikrowellen, um Signale zu empfangen, mit deren Hilfe sie Gespräche abhören konnten.“

Der 1949 in Westberlin geborene Ingenieur widmet sich seit 1997 der Abhörtechnik des MfS. „Ich hatte das Glück, Ingenieure der Operativen Technik kennen zu lernen.“ Der operativ-technische Sektor der Stasi entwickelte Geräte, die die Spitzel für ihre Arbeit nutzen. Daraufhin stellte Vreisleben einen Forschungsantrag beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (BStU). Seitdem dieser bewilligt wurde, bekam er Einblick in die Akten der Staatssicherheit und untersuchte deren Methoden.

Maßnahme A, B und L

Vreisleben war seine Begeisterung für die Raffinesse des Aufbaus der Abhörtechnik deutlich anzumerken. Er erklärte, dass es dabei drei verschiedene Abhörmethoden gab, zwischen denen unterschieden wurde. Unter Maßnahme A war das einfache Abhören des Telefons. Funk, Richtfunk und Satelliten wurden zur Abhörung unter Maßnahme L verwendet. Darunter zählten beispielsweise Zielkontrollaufträge, bei denen das Richtfunkabhörgerät immer dann aufzeichnete, wenn eine bestimmte Nummer gewählt wurde.

Maßnahme B umfasste die Raumkontrolle. Anhand einer Raumzeichnung erklärte Vreisleben, wo überall Möglichkeiten für die Unterbringung von Wanzen und Mikrofonen waren. „Es ist kein Problem, ein Körperschallmikrofon von außen durch die Wand oder in der Heizung anzubringen. In abgehängten Decken, Bildern oder auch Taschenrechnern wurden zumeist Wanzen angebracht“, sagte er. Während seiner Ausführungen war im Raum Gemurmel zu vernehmen. „Das kann doch nicht wahr sein. Da ist es doch besser, dass wir gar nicht wissen, wie die uns bespitzelt haben“, flüsterte eine Besucherin ihrem Mann zu.

Viele offene Fragen

Während der Veranstaltung ergaben sich viele Fragen. Was geschah eigentlich, wenn jemand eine Wanze in seiner Wohnung entdeckte? Darauf antwortete Lothar Raschker, Mitarbeiter der BStU-Außenstelle Chemnitz, der den Referenten während des Vortrages bei Fragen unterstützte: „Dann wurde bei der nächsten Gelegenheit von der Stasi sämtliche Technik aus der Wohnung entfernt. Damit war die Operation beendet.“ Andere Studenten erkundigten sich, ob es eine Möglichkeit gäbe, die Stasi-Akten der Eltern einzusehen. Das sei laut Raschker nur möglich, wenn die Eltern tot seien und die Einsicht der Aufklärung der Familiengeschichte diene.

Der nächste Vortrag der Dialogreihe findet am 5. April 2011 unter dem Thema „Ein Erfahrungsbericht – ein grundlegender Einblick in die Werbebranche“ statt und wird von Andreas Kühn gehalten.

<h3>Anne-Katrin Koths</h3>

Anne-Katrin Koths