Ein schöner Filmeabend unter Freunden: Mit einem Klick kann man den passenden Film häufig völlig kostenlos im Internet anschauen. Doch legal ist das meist nicht. Der Europäische Gerichtshof verstärkt die Gesetze für Filmstudios und damit ihre Einflussnahme, diese können nun illegale Seiten sperren lassen. Doch inwiefern ist das sinnvoll?
Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass Internetanbieter dazu verpflichtet werden können, Webseiten zu sperren, auf denen urheberrechtlich geschütztes Material verbreitet wird. Die beliebte Seite „kino.to“ musste 2011 seinen Betrieb einstellen, denn der deutsche Filmproduzent „Constantin Film“ und die Filmproduktionsgesellschaft „Wega“ hatten geklagt, da auf der Seite Kopien ihrer Filme ohne deren Zustimmung verbreitet wurden.
Internetaktivisten kritisieren die Entscheidung, da sie befürchten, dass eine solche Sperrmethode zu strengeren Gesetzen und weiteren Einschränkungen im Internet führen könnte. Das Netz würde damit kontrolliert und überwacht werden, was somit einer Zensur gleichkäme. Die Meinungs- und Informationsfreiheit wäre eingeschränkt, was wiederum nicht legitim ist.
Durch die Sperrung über den Provider kann nicht mehr auf die illegale Seite zugegriffen werden. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr von Mit-Sperrungen von hunderten völlig legalen und nützlichen Seiten, die zufälligerweise auf der gleichen Domain oder IP-Adresse gespeichert sind. „Am Ende lassen wir uns permanent überwachen und ausschnüffeln, das Internet wird zunehmend bürokratisiert. Ideen, Kreativität und Freiheit verschwinden. Politiker und Superlobbyisten denken sich immer neue Spitzen aus“, so ein anonymer Nutzer.
Wie weit geht die Netzfreiheit?
Filmstudios und -produzenten glauben nicht, dass eine solche Gefahr besteht. Sperrungen sollten eher aus prinzipiellen Überlegungen durchgeführt werden. Ein bekanntes deutsches Filmstudio, welches anonym bleiben möchte, äußerte sich zu den Vorwürfen wie folgt:
„Netzfreiheit kann niemals so weit gehen, dass sich einer des geistigen und schöpferischen Eigentums eines anderen und ohne dessen Erlaubnis bedient. Derjenige, der die Webseite betreibt und Filme zum Download anbietet, tut dies, um Geld zu verdienen. Für diese Leistungen, nämlich die Herstellung des Films, hat er selbst aber keinen Finger krumm gemacht und keinen Cent ausgegeben. Daher steht ihm die Nutzung des Films ohne Zustimmung des Rechteinhabers nicht zu.“
Dr. Johannes Handschumacher, Rechtsprofessor der Hochschule Mittweida, sieht keine künftige Zensur des Internets. „Bei diesem Vorgehen wird lediglich das Urheberrecht geltend gemacht, denn es darf sich keine fremde Person an den Leistungen anderer bereichern. Für die Sperrung muss aber zunächst ein Kläger vorhanden sein.“ Für eine konkrete Maßnahme ist dann eine richterliche Anordnung notwendig, erklärt der Anwalt im Interview. Dabei muss in jedem Einzelfall zwischen dem einzuhaltenden Urheberrecht und der Informationsfreiheit der User im Netz abgewogen werden. Eine Rechtsverletzung, also ein Verstoß gegen das Gesetz, muss eindeutig und klar ersichtlich vorliegen.
Sperren nützen in der Praxis wenig
Fraglich ist auch, ob durch die vorgenommenen Sperrungen die Rechtsverletzung bekämpft wird. Schranken lassen sich technisch umgehen und durch die Schnelllebigkeit des Internets entstehen in kürzester Zeit immer wieder neue Seiten. „Man kann nicht tatenlos zusehen, natürlich muss man irgendwo anfangen, seine Rechte zu schützen. Das gilt generell, egal für welchen Inhalt“, so das Filmstudio. Bei Filmproduzenten ist es besonders schwerwiegend, da sie eine Vergütung nur durch die Auswertung ihres Films erhalten, also beispielsweise beim Kauf einer Kinokarte, DVD oder beim kostenpflichtigen Download.
Es bleibt also zweifelhaft, ob derartige Sperrungen im Netz sinnvoll sind. Es wird immer Nutzer illegaler Seiten geben, daran wird auch die Preispolitik nichts ändern, wie etwa durch das Herabsetzen der Eintrittspreise. Kinogänger kaufen eine Eintrittskarte, um das Kinofeeling zu erleben, und ein kleiner Prozentteil wird immer einen Weg finden, um die Leistung kostenlos zu bekommen. Ob man dazu gehört, ist eher eine Frage des moralisch richtigen Verhaltens. Sperrungen dienen grundsätzlich nur dem Schutz des Urheberrechts eines Einzelnen.
Mehr zum Thema Urheberrecht gibt es im Video-Interview mit Prof. Dr. Handschumacher hier.
Text: Natalie Scheffler. Bild: Nadine Dietrich.