Kaufen Sie doch auch…

von | 30. Juni 2014

Andere Kunden kauften auch…“ – Kaufempfehlungen wie diese hat wohl jeder schon einmal beim Online-Shopping bemerkt. Woher wissen die Online-Shops, was uns Kunden gefällt? Lassen wir uns dadurch überhaupt beeinflussen? Und […]

Andere Kunden kauften auch…“ – Kaufempfehlungen wie diese hat wohl jeder schon einmal beim Online-Shopping bemerkt. Woher wissen die Online-Shops, was uns Kunden gefällt? Lassen wir uns dadurch überhaupt beeinflussen? Und was können wir dagegen tun?

Mit einem Klick „3, 2, 1… Meins!“ – das Einkaufen wird durch das Internet enorm vereinfacht. Die Online-Shops helfen den Verbrauchern mit ihren Kaufempfehlungen dabei auch oft weiter. Vorschläge für ein ähnliches Buch, wie das zuletzt gekaufte oder ein anderes Produkt vom gleichen Hersteller wie die beobachtete Jeans, sind heutzutage nichts Ungewöhnliches mehr.

Woher kommen diese Kaufempfehlungen?

Recommendation Engines (deutsch: Empfehlungsmaschinen) arbeiten im Hintergrund dieser Webseiten. Sie weisen uns beispielsweise auf Produkte hin, die zu bereits gekauften passen. Dabei ist es auch möglich, dass wir Produkte vorgeschlagen bekommen, die wir noch gar nicht kannten bzw. nicht benennen konnten und somit unmöglich selbst hätten finden können.

Die Entwicklung dieser Recommendation Engines geht etwa auf die Jahrtausendwende zurück. Greg Linden, ein Amazon-Mitarbeiter hatte damals die Idee, dass dem Kunden beim Einkaufen weitere Artikel angezeigt werden könnten und zwar passend zu den Artikeln im Warenkorb. Es wurden Tests durchgeführt, da es die Befürchtung gab, der Kunde könnte dadurch vom Kaufvorgang abgehalten werden. Die Idee erwies sich wider Erwarten jedoch als sehr erfolgreich und machte Amazon zum Wegbereiter dieser Neuentwicklung.

Mit Punktesystem und Algorithmen

Vorerst eine hilfreiche Idee, aber wie werden diese Kaufempfehlungen generiert? Ende April fand an der Hochschule Mittweida eine Ringvorlesung zu diesem Thema statt. Unter dem Titel „Modernes Einkaufen oder wie Recommendation Engines bei Kaufentscheidungen helfen“ erklärte der Referent Prof. Dr. Andreas Ittner wie diese Empfehlungsmaschinen funktionieren.

Für das Erhalten einer Kaufempfehlung werden vom Online-Shop Daten des Nutzers gesammelt. Einerseits allgemeine Daten (z. B. Alter, Geschlecht), zum größten Teil allerdings Verhaltensdaten des Nutzers. Hierzu zählen unter anderem, was der Nutzer sucht, was auf seiner Wunschliste ist und was er in der Vergangenheit bereits gekauft hat. Wenn der Online-Shop genügend Daten ermittelt hat, berechnet er Ähnlichkeiten zwischen einzelnen Produkten, aber auch zu anderen Nutzern, so erklärt es der Informatikprofessor.

Beim Letztgenannten wird ein Kunde gesucht, der Artikel ähnlich bewertet hat wie man selbst. Hierfür werden die Bewertungen als Punkte vergleichbar einem Koordinatensystem angelegt und danach die Strecken zwischen verschiedenen Kundenbewertungen zueinander berechnet. Dem Kunden, bei dem der Abstand am kleinsten ist, wird nachgesagt, dass er einen ähnlichen Geschmack hat wie man selbst. Dadurch werden mir nun passende Produktvorschläge gemacht. All dies geschieht heutzutage natürlich nicht anhand von Mathematikern, die den ganzen Tag Berechnungen durchführen, sondern durch festgelegte Algorithmen.

Es ist ebenso möglich, dass Angaben zur Hardware und Software der Kunden in die Berechnungen eingebracht werden. Dadurch werden Mac-Nutzern beispielsweise häufig teurere Artikel angeboten, da bei ihnen von einem höheren Einkommen ausgegangen wird.

Verhindern von Kaufempfehlungen

Da heutzutage viele eine eher kritische Haltung haben, wenn es um Datensicherheit geht, stellt sich die Frage, wie die Nutzer dieses Datensammeln einschätzen. Außerdem können die Kaufempfehlungen teilweise auch sehr unpassend sein, z. B. wenn ich etwas für einen Bekannten kaufe, diesen Artikel aber selbst gar nicht benötige und immer wieder Vorschläge für ähnliche Artikel bekomme. Wer so etwas verhindern möchte, sollte den Ratschlag von Professor Ittner befolgen:

 

Wer keine Empfehlungen erhalten möchte, sollte also alle Cookies löschen. Wen das Datensammeln allerdings nicht stört, der kann dem Shop auch mitteilen, welche Vorschläge er erhalten möchte und welche nicht. So wird sicher gestellt, dass nur die Produkte vorgeschlagen werden, die einen interessieren. Bei Amazon ist es auch möglich, einen gekauften Artikel als Geschenk zu deklarieren, somit gibt es keine Vorschläge mehr für ähnliche Produkte.

Wie erfolgreich sind Recommendation Engines wirklich?

Professor Ittner gab in der Ringvorlesung an, dass die Shops durch diese Kaufempfehlungen eine Umsatzsteigerung von fünf bis fünfzehn Prozent verbuchen können. Viele Kunden, die sich einfach nur auf einer Seite umsehen oder informieren, werden damit anscheinend zum Kauf verleitet.

Kann das wirklich sein? Lassen wir uns so einfach beeinflussen? medienMITTWEIDA machte eine Umfrage mit rund 100 Teilnehmern (nicht-repräsentativ). Das Ergebnis: Die meisten lassen sich eher weniger von Kaufempfehlungen beeinflussen, am ehesten jedoch von Empfehlungen, die auf ähnliche Produkte hinweisen, wie bereits erworbene oder angesehene.

Eine kleine Gruppe, die sich in ihrer Kaufentscheidung beeinflussen lässt, scheint also auszureichen, um die Gewinne der Online-Shops zu steigern. Sie sind aus Verkäufersicht somit erfolgsversprechend, doch auch für uns Nutzer haben sie Vorteile, wenn z. B. Zubehörteile, die zu einem gekauften Artikel passen, angezeigt werden. Ob man diese Technik für sich nutzen möchte, kann aber nur jeder für sich selbst entscheiden.

Text: Christin Sperling. Grafik: Sarah Krause. Audio: Christina Höhnen (99drei Radio Mittweida).

<h3>Christin Sperling</h3>

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