Serien großer US-Sender erfreuen sich in Deutschland immer größerer Beliebtheit. Deutsche Produktionen erweisen sich als beständig, doch der große Clou bleibt aus. medienMITTWEIDA-Redakteur Tom Sipply findet die deutsche Fernsehlandschaft zu langweilig und primitiv.
Ein kurzer Blick in das Fernsehprogramm genügt und ich als TV-Zuschauer weiß, dass der Fernseher heute Abend aus bleibt. Wie immer kommt nichts Gutes im TV. US-Serien wie „The Blacklist“, „Die Simpsons“ oder „Agents of S.H.I.E.L.D“ bilden die Ausnahmen. Deutsche Eigenproduktionen auf dem Niveau der US-Serien suche ich vergeblich. Das Ranking der populärsten US-Serien im deutschen Fernsehen von meedia.de bestätigt es – die Primetime wird belegt von den Fremdproduktionen der USA.
Alt und bewährt?
Was scheint in Deutschland immer zu gehen? Das sind Krimis, Autos, Seifenopern und die ein oder andere Unterhaltungsshow. Seit 2002 läuft „Deutschland sucht den Superstar“, fast 20 Jahre kommt „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“ im Fernsehen. „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ läuft schon seit 1992. Diese Sendungen sind weder neu, noch können sie mit der hohen Konkurrenz aus dem Ausland mithalten.
Die Mediengruppe RTL Deutschland versucht mit ihrer Serie „Der Lehrer“, vielversprechendere Quoten „einzufahren“ und als Eigenproduktion erfolgreich etablieren zu können. Zugegeben: Ich würde eine Folge von „The Walking Dead“ oder „Game of Thrones“ dieser Produktion immer vorziehen. Einfach weil die US-Serien besser produziert werden.
Die bessere Produktion wird durch ein höheres Budget gesichert und somit auch an einer deutlich besseren Qualität gearbeitet. So kostet eine Folge der Serie „Game of Thrones“ durchschnittlich fünf bis zehn Millionen US-Dollar, bei der beliebtesten deutschen Serie, dem „Tatort“, sind es nur durchschnittlich knapp 1,4 Millionen Euro.
Die Öffentlich-Rechtlichen, mit ihrem Qualitätsauftrag und den Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag, der im Jahr 2013 bei nicht gerade wenigen 7,68 Milliarden Euro lag, würden meiner Meinung nach gut daran tun sich ein Beispiel am US-Modell zu nehmen. Sprich mehr Investieren um auch Qualität sichern zu können.
Zu wenig Autoren, zu wenig Kreativität?
In einem „Writers Room“ kommen bei amerikanischen Produktionen immer mehrere Autoren zusammen. Das hat den großen Vorteil, dass diese sich ergänzen. Einer kann gut Dialoge schreiben, der andere besser Geschichten entwickeln. Dieses Aufeinandertreffen und Zusammenarbeiten der Autoren, steigert die Kreativität.
Hinter vielen deutschen Serien hingegen steckt meist nur ein Autor. Zum Beispiel für die Comedy-Serie „Stromberg“, schrieb Ralf Hussmann die Drehbücher. Und auch der erfolgreiche deutsche „Tatortreiniger“ hat die Autorin „Mizzi Meyer“ als alleinige Verfasserin.
Im Land der „Dichter und Denker“ und einem Budget im Milliarden-Bereich wird es doch möglich sein, mehrere Autoren für eine neue und kreative Eigenproduktionen einstellen zu können und neue Serien zu produzieren, die auch im Ausland Gefallen finden.
Was muss sich ändern?
„Rising Star“, „Keep your light Shining“, „Himmel oder Hölle“, „Millionärswahl“ und „Die Perfekte Minute“. Die Liste der TV-Flops des letzten Jahres ist lang. Es hat wieder klar gezeigt, dass adaptierte Formate und der Versuch mal etwas Eigenes zu produzieren in Deutschland auf wenig Begeisterung stoßen.
Primitive Sendungen, in denen drei nackte Menschen auf einer Insel ausgesetzt werden, ist kein Erfolg für die Zukunft. Die ProSiebenSat.1 Media AG oder die Mediengruppe RTL Deutschland, müssen meiner Meinung nach trotzdem weiter auf Eigenproduktionen setzen. Nicht nur weil neue Ideen gefragt sind, sondern auch weil eine ständig wachsende Anzahl an immer beliebteren US-Serien Deutschland erreicht.
Eine weitere Konkurrenz für die deutsche Serienlandschaft stellen zudem Video-on-Demand-Anbieter wie „Netflix“ oder „Amazon Instant Video“ dar. So kann es auch dazu kommen, dass US-Serien für die deutschen Sender irgendwann an Bedeutung verlieren. Grund dafür sind die Anbieter im Netz. Nicht mehr an das Fernsehprogramm gebunden sein, um seine Lieblingssendungen ansehen zu können ist einer der größten Vorteile. Diesen kann und muss, wie ich finde, nur mit eigenen und kreativen Formaten konkurriert werden.
Derzeit plant die ProSiebenSat.1 Media AG mit zwei weiteren Produktionen in ihrem Kanal Prosieben MAXX – dabei „Cowboy&Dandy“, einem Lifestyle-Magazin und „Man Made“, bei der die Mountainbike-Größe Nils-Peter Jensen das Interesse wecken soll. Die Mediengruppe RTL Deutschland startet neben der Serie „Der Lehrer“ auch mit „Männer! Alles auf Anfang“ eine weitere Eigenproduktion, mit der versucht wird, das Publikum wieder von deutschen Produktionen überzeugen zu können.
Klar ist, es muss etwas passieren – es muss Schluss sein mit primitiven Sendungen der Kupplungsvermittlung oder einer neuen langweiligen Castingshow. Die Strukturen und Prozesse, wie die Arbeit mit mehreren Autoren müssen überarbeitet werden. Ein einfacher Autor mag zwar preiswerter, doch erreicht er tatsächlich die Qualität eines ganzen Teams an Autoren? Die Sender müssen innovativer werden und neuen, vor allem amerikanischen Strukturen, offen gegenüberstehen.
Text: Tom Sipply. Beitragsbild: ©kotofoto unter CC BY-NC-SA 2.0 bei flickr.com. Bearbeitung: Nina Förster.