Diese Woche mit dem Schleichwerbungs-Skandal der Süddeutschen Zeitung +++ der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer gegen Jörg Kachelmann +++ der Krautreporter-Prinzessinnen-Konkurrenz +++ einem Streik bei der Deutschen Welle +++ und den Gewinnern der YouTube Creator Challenge.
Süddeutsche Zeitung „unter Anklage“
Die Vorwürfe der Schleichwerbung bei der „Süddeutschen Zeitung“ durch den ehemaligen Redakteur Sebastian Heiser sind das Medienthema der Woche. Am Montag veröffentlichte dieser in seinem Blog einen Artikel zu seiner damaligen Arbeit bei der SZ und kritisierte darin die journalistischen Methoden. So würden Themen ausgewählt werden, die nicht den Leser interessieren, sondern Themen, die aufgrund ihres Abdruckens höhere Anzeigenverkäufe generieren.
Als konkretes Beispiel führt Heiser an: In seinem Ressort „Sonderthemen“ sollte er einen für Verbraucher erklärenden Artikel zur Steuerhinterziehung verfassen. Hintergrund dieses Artikels war jedoch, dass der damalige Anzeigenchef überlegt habe, wie man ausländische Banken dazu bringen könnte, Anzeigen zu schalten, so Heiser in seinem Blog. Zwei Monate später erschien der Artikel, direkt daneben eine Anzeige der Tiroler Sparkasse.
Um diese Art der „Schleichwerbung“ aufzudecken, bediente sich der Journalist der verdeckten Recherche, zeichnete mehrere Gespräche auf, die er in seinem Blog als Beweis online stellte.
Am Dienstag veröffentlichte meedia.de einen Artikel in dem der stellvertretende SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach, die Vorwürfe der Schleichwerbung zurückweist. Sämtliche Vorwürfe seien ungerechtfertigt und Heiser hätte vor Veröffentlichung seiner Vorwürfe die Redaktion nicht konfrontiert. Die Muttergesellschaft des Süddeutschen Verlags, die Südwestdeutsche Mediaholding, gab folgendes Statement ab:
„Für die Beilagen-Redaktion gelten dieselben journalistischen Grundsätze wie für die übrigen Ressorts der Süddeutschen Zeitung – die einer unabhängigen, wahrheitsgemäßen, genauen und sorgfältigen Berichterstattung.“
Heiser war 2007 für zehn Wochen Redakteur im Ressort „Sonderthemen“ bei der SZ. Er kündigte bereits nach kurzer Zeit und arbeitet heute als „taz“-Redakteur. Das Medienmagazin „Zapp“ hat bereits 2012 über das Thema berichtet. Seit der Veröffentlichung der Vorwürfe kam es in den Sozialen Netzwerken zu Diskussionen:
Interessante Debatte über heimliche Tonaufnahmen, angebliche Gedächtnisprotokolle und VÖ-Zeitpunkt von #szleaks https://t.co/KZr5gmyhUi
— netzwerk recherche (@nrecherche) 17. Februar 2015
Ich präzisiere: EGAL ob Kollege oder Nicht-Kollege: heimlich Ton mitschneiden geht nicht = strafbar. Deswegen macht Panorama das nicht.
— Anja Reschke (@AnjaReschke1) 17. Februar 2015
Im Ernst, @ARamelsberger/@ploechinger? Ihr macht käuflichen #Journalismus, sagt dann scheinheilig: „Andere machen auch Fehler“? *augenreib*
— Peter Monnerjahn (@PeterMonnerjahn) 16. Februar 2015
Der „ewige“ Streit zwischen Kachelmann und Schwarzer
Nachdem Jörg Kachelmann 2010 aufgrund des Vorwurfs einer Vergewaltigung angeklagt und ein Jahr später freigesprochen wurde, verfasste Alice Schwarzer – eine bundesweit bekannte Frauenrechtlerin – eine Glosse über Jörg Kachelmann für ihren EMMA-Blog (Das politische Magazin für Menschen). Das Oberlandesgericht Köln verweigerte Schwarzer jedoch die Veröffentlichung der Glosse, in der der Eindruck entstehe, Jörg Kachelmann sei ein Vergewaltiger, hieß es am Dienstag auf meedia.de. Schwarzer beschwerte sich anschließend beim Bundesgerichtshof, der sie jedoch abwies.
Das Oberlandesgericht Köln begründete seine Entscheidung damit, dass es sich bei der Glosse „nicht um eine Meinungsäußerung, sondern um eine (verdeckte) Tatsachenbehauptung“ handle.
Wie weit geht Meinungsfreiheit in Kommentaren? #Schwarzer gegen #Kachelmann beschäftigt immer noch die Justiz.http://t.co/dJ4IEE1hLL
— Journalisten-Verband (@DJVde) 17. Februar 2015
Aus einem letzte Woche gehaltenen Vortrag des Kölner Strafrecht-Professors Norbert Gatzweiler @DasErste #Seifensender pic.twitter.com/xYkLTVEL42
— Jörg Kachelmann (@Kachelmann) 4. November 2014
Der Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes, Hendrik Zörner, scheint an diesem Urteil jedoch zu zweifeln, zumindest erweckt der zweite Absatz seines Artikels im DJV-Blog diesen Eindruck: Nachdem Schwarzer Beschwerde beim Bundesgerichtshof einreichte, diese jedoch abgelehnt wurde, schrieb Zörner:
„Nicht nur Alice Schwarzer dürfte an einer höchstrichterlichen Einschätzung interessiert sein, wie weit die Grenzen der Meinungsfreiheit in Kommentaren zu ziehen sind.“
Der ehemalige Wetter-Moderator Kachelmann war darüber weniger begeistert und kommentierte via Facebook: „Widerwärtig, wie ihr schwarzersolidarischen Würstchen eine Absolution wollt, lügen und über Leichen gehen zu dürfen. Ekelhaft.“
Das Thema Meinungsfreiheit wurde promt auf Twitter diskutiert:
Nicht nur der Verband, auch ihn bezahlende Individuen scheren sich einen Dreck um Grundrechte von Menschen https://t.co/K1dFfAYHIJ @DJVde
— Jörg Kachelmann (@Kachelmann) 17. Februar 2015
Mit anderen Worten: @DJVde will unter Deckmantel Meinungsfreiheit höchstrichterliche Klärung, ob @Kachelmann weiter denunziert werden darf.
— Björn Stroiczek (@beimerin) 17. Februar 2015
.@DJVde Eine Kampagne mit Meinungsfreiheit rechtfertigen zu wollen, ist Missbrauch der Presse- und Meinungsfreiheit. @Kachelmann — Emanuel R. Beer (@HerrBeer) 17. Februar 2015
Krautreporter mit „prinzessinnenhafter“ Konkurrenz
Scheinbar werden die Krautreporter nun so richtig „auf die Schippe“ genommen, denn wie meedia.de am Mittwoch berichtete, gibt es ab sofort eine pinke Konkurrenz – die Prinzessinnenreporter. Diese beschreiben sich, angelehnt an die Grundsätze der Crowdfunding-Kampagne der Krautreporter, als „visionäre crossmediale Multiplattform-Strategie für das nächste Jahrtausend, die crowdgestützte Infoeliten-Basis für den Digital Native auf der Suche nach state of the art-Nachspür-Reportagen“.
Gemeinsam mit den Journalistinnen Ramona Ambs, Marit Hofmann und Elke Wittich, räumt Ex-Titanic-Chefredakteur Leo Fischer mit Themen wie Dendrophilie (sexuelles Verlangen nach Bäumen) und tief satirischen Leitfragen, wie: „Die Typologie des Augenblicks als Antithese zur strukturalistischen Linguistik“ auf. Natürlich dürfen auch passende Grundsätze nicht fehlen.
Die Reaktionen auf Twitter sind bisher positiv:
Liebe Untertanencrowd, die Altmedien haben heute sehr hübsch ergebenst über uns berichtet, ein Überblick: http://t.co/vg1XCAJpG4
— Prinzessinnen (@ReporterRoyale) 18. Februar 2015
Ich weiss nicht, wie es Euch geht. Aber ich find die Prinzessinnenreporter schon recht lustig http://t.co/MSQALPvATW
— Ronnie Grob (@ronniegrob) 19. Februar 2015
Die »Krautreporter« können einpacken, die Zukunft des Online-Journalismus liegt im Untertanenfunding: http://t.co/fjZDRZsmn4.
— Lizas Welt (@LizasWelt) 18. Februar 2015
hätte man mir vor 2 Jahren gesagt, das die Zukunft des deutschen Onlinejournalismus Rosa ist, ich hätte gelacht. 😉 http://t.co/e0oaZObuCR
— Dr. Moppelkotzer (@moppelkotzer) 18. Februar 2015
„Jetzt reicht es“
Die Mitarbeiter des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle kündigen für den 23. Februar 2015 am Standort Bonn Protest an, so dwdl.de. Der Grund: Die Sparpläne von Intendant Peter Limbourg gefährden Programm und Arbeitsplätze. Betroffen sind zehn Sprachredaktionen am Standort Bonn und die linearen Fernsehprogramme in Deutsch, Spanisch und Arabisch in Berlin. Die Verantwortlichen in Bundesregierung und Bundestag sollen auf den Erhalt der Sprachenvielfalt und der deutschsprachigen Angebote aufmerksam gemacht werden.
Dreißig Millionen Euro fehlen derzeit für die beschlossene Programmumsetzung bis 2017, schreibt digitalfernsehen.de. Folglich drohen drastische Programmkürzungen und Personalabbau. Laut DJV-Angaben verloren im letzten Jahr rund 300 freie Mitarbeiter ihren Job beziehungsweise mussten massive Kürzungen hinnehmen. Verdi wird selbstverständlich die Mitarbeiter der Deutschen Welle unterstützen:
#Petition: Bitte mitzeichnen und #DeutscheWelle schützen! Appell an Intendant Limbourg, Sprachenvielfalt zu erhalten https://t.co/bwP2RFgb0X — Rundfunk ver.di (@Rundfunk_verdi) 19. Februar 2015
Eine außergewöhnliche Challenge
Die Gewinner der „YouTube Creator Challange“ stehen fest. Es sind „Lekko Stronniczny“ aus Polen. Im Dezember 2014 schrieben die Netzwerkkonzerne „Microsoft“ und „Dentsu Aegis Network“ zu einem europaweiten Contest aus. Gemeinsam mit der britischen Pop-Band „Clean Bandit“ wurden YouTube-Stars aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Polen und Russland aufgefordert den Song „Rather Be“ der Band zu performen. Hinter der Aktion steckte eine Kampagne für das Microsoft-Smartphone „Lumia 930“, so war es Bedingung dieses für den Dreh des Videos zu nutzen. Die Umsetzung der Gewinner seht ihr hier:
Text. Josephine Senger. Beitragsbild: Christine Wolf.