Welt Online erklärt Helmut Kohl für tot +++ #BoycottGermany will deutsche Wirtschaft in die Knie zwingen +++ Sexismus bei der BRAVO
Ente auf Welt Online: Altkanzler tot
Auf „Welt Online“ erschien in der Nacht von Donnerstag auf Freitag letzter Woche die erschreckende Nachricht vom Tod des Altkanzlers Helmut Kohl. Der 85-jährige Altkanzler sorgte in letzter Zeit häufiger für Aufregung, da sein sich verschlechternder Gesundheitszustand immer öfter in den Medien zu finden war.
Durch die Nachrichtenagentur dts, wurde diese „Eilmeldung mit historischer Bedeutung“ blitzschnell über andere Onlinemedien verbreitet, ohne sie zu überprüfen, wie der Screenshot des Journalisten und Bloggers Richard Gutjahr zeigt:
Helmut Kohl gestorben? pic.twitter.com/Bup3xVR6hG
— Richard Gutjahr (@gutjahr) 9. Juli 2015
Auf der Internetseite der Nachrichtenagentur dts heißt es, es würde „Nachrichten-Content für Internetseiten ohne Zeitverzögerung“ zur Verfügung gestellt. Gerade nachts arbeiten die wenigsten Redakteure, wodurch der Content meist automatisch veröffentlicht wird. Doch gerade bei dem Tod einer bekannten Persönlichkeit sollte man vor Veröffentlichung genau prüfen, ob die Nachricht der Wahrheit entspricht oder nicht. „Welt Online“ bezeichnete diesen Fauxpas als technischen Fehler. Die Redaktion entschuldigte sich in aller Öffentlichkeit und nahm die Nachricht von der Seite.
„Wir hatten kurz zuvor eine neue Version unseres Redaktionssystems installiert. In dieser neuen Version sind einige Bedienelemente verändert und an andere Stellen der Benutzeroberfläche verlagert worden. Und wie das so ist beim Gewohnheitstier Mensch: Man klickt bei der Produktion eines Artikels dorthin, wo man seit Jahren hingeklickt hat. So passierte das Missgeschick. Statt einen nicht zur Publikation vorgesehenen Artikel lediglich zu speichern, wurde er publiziert.“
Auf Twitter stiftete die Falschmeldung dennoch Unruhe:
Nun. Man merkt, wie naiv das Internet ist, wenn sich einfach so ohne Grundlage verbreiten lässt, dass Helmut Kohl tot sei. — Laura (@Saleicea) 9. Juli 2015
Und die @welt löscht ihren Artikel einfach wieder. Was soll das denn? Mit dem Tod von Helmut Kohl spielt man nicht. Danke.
— Dustin Martin (@wasistdustin) 9. Juli 2015
Den Tod von jemandem zu melden, der noch lebt, ist schon schlimm. Aber dann noch Helmut Kohl. Und dann noch bei Springer.
— Peter Ahrens (@Peter_Ahrens) 10. Juli 2015
Auf einige Tweets reagierte jedoch die Welt Online leicht patzig.
@Rakkox Was erwartest du sonst? Viel mehr als uns entschuldigen können wir nicht. — DIE WELT (@welt) 9. Juli 2015
@ChElm Ach, sag bloß.
— DIE WELT (@welt) 9. Juli 2015
#BoycottGermany – Griechen vs Deutschland
Was kann man im Internet ernst nehmen und was nicht? Und wie wirken sich Hypes und Aufrufe im Internet auf das Verhalten seiner Nutzer aus?
Wenn es nach dem Hashtag #BoycottGermany geht, sollen die Nutzer von Twitter keine deutschen Produkte mehr kaufen. Grund dafür ist die Verärgerung Griechenlands über die deutschen Forderungen an das schwer verschuldete Land. Auch sind die Unterstützer des Trends der Meinung, Deutschland habe seinen Anteil zu der Wirtschaftskrise beigetragen. Angefangen hat das ganze am Montag mit dem Hashtag ThisIsACoup. Seit der Einigung zwischen Griechenland und seinen Gläubigern ist nun der Hashtag BoycottGermany brandaktuell und gehört zu den Toptrends bei Twitter. Die Eurostaaten haben sich am vergangenen Montag auf die Grundzüge für ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland geeinigt, welches 86 Milliarden € umfasst. Im Gegenzug dafür müssen die Griechen die Mehrwertsteuer anheben und Staatsunternehmen privatisieren. Bei dieser Einigung hat Deutschland einen Großteil seiner Forderungen durchgesetzt, was bei den Griechen aber gar nicht gut ankommt.
Doch die deutsche Wirtschaft lassen diese Aufrufe kalt. Seit Anfang der Griechenlandkrise habe es immer wieder solche Anfeindungen gegeben, doch bis jetzt hätten sich alle wieder in Luft aufgelöst sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, gegenüber Spiegel Online. In Deutschland sorgt der Hashtag bei einigen Nutzern für Empörung, viele sehen ihn aber auch humorvoll:
Stellt Euch nicht so an. Falls wir wegen #BoycottGermany auf irgendwelchem Krempel sitzenbleiben, werden halt wieder die Russen beliefert.
— Mahatma Pech (@Mahatmapech) 14. Juli 2015
#BoycottGermany? Warum nicht #BoycottGermanMoney? Ach ja dann müssten Sie ja wieder selbst zahlen bzw wären pleite! #griechenland #grexit
— Ti Jhn (@TiJhn) 14. Juli 2015
#BoycottGermany Gilt das auch für die Mrd, die deutsche ArbeitnehmerInnen für Griechenlamd zahlen und gezahlt haben? Nur so’ne Frage — Johannes Hano (@JohannesHano) 14. Juli 2015
Sexismus-Vorwurf: Shitstorm gegen BRAVO
In Zeiten, in denen Angela Merkel als Bundeskanzlerin an der Spitze eines ganzen Landes steht und immer mehr Frauen Führungspositionen bekleiden, erntet es selbstverständlich Kritik, wenn einem geraten wird, sich als Frau den Männern zu unterstellen. Zu Recht, denn wir leben im 21. Jahrhundert, in dem das veraltete Frauenbild glücklicherweise keinen Platz mehr hat.
Laut dem mittlerweile entfernten Artikel „100 Tipps für eine Hammer-Ausstrahlung“ in der BRAVO sollen die jungen Mädchen von heute jedoch nur ein Ziel im Leben haben: Den Jungs gefallen und sich ihnen unterwerfen. Damit projiziert die Zeitschrift das Frauenbild der 50er Jahre auf die sonst so emanzipierten jungen Mädchen. Laut des Tagesspiegels habe gerade die BRAVO eine gewisse Verantwortung, weil sich ihre Zielgruppe in der Orientierungsphase befände. Somit müsse man ihnen verdeutlichen, dass es wichtig sei, sich im eigenen Körper wohlzufühlen, statt sich für andere zu ändern.
Doch genau das wird den Mädchen vermittelt. In den 100 Tipps wird ihnen unter anderem geraten, klimpernde Armreifen und Schuhe mit Absätzen zu tragen, um so besonders anziehend auf das andere Geschlecht zu wirken. Der Anfang Juli veröffentlichte Ratgeber sorgt damit für Entsetzen in der Social-Media-Welt, da er die Mädchen nur auf ihr Aussehen reduzieren würde und sie damit auffordert, sich den Jungen unterzuordnen.
Weiß gar nicht, was alle haben. Die #Bravo hat doch auch gute Tipps: „Sei Du selbst.“ (Tipp 100 nach 99 Tipps, nicht du selbst zu sein) — Wolf WiedmannSchmidt (@schmidtwolf) 14. Juli 2015
#Flirtennachbravo ist ja total der letzte Dreck. Aber gut zum Lachen. — Julia Probst (@EinAugenschmaus) 14. Juli 2015
Benimm doch wie ein naives Dummchen. Dann bekommst du einen schnuckeligen Jungen, der auch nix im Kopf hat. #flirtennachbravo
— Robin Sparkles (@Bier_Steffui) 14. Juli 2015
Das hat anscheinend gewirkt: Die BRAVO-Redaktion entschuldigte sich in einer öffentlichen Stellungnahme für die Flirttipps.
Liebe BRAVO-Leserin, lieber BRAVO-Leser,
in der vergangenen Woche haben wir einen Artikel zum Thema „100 Tipps für eine Hammer-Ausstrahlung“ veröffentlicht, der bei einigen von Euch, aber insbesondere in der breiten Medien-Öffentlichkeit, für Diskussion sorgt. Kritik ist, dass wir ein rückständiges Frauenbild transportieren. Tatsächlich sind einige der Tipps absolut unglücklich, und insgesamt genügt der Beitrag nicht dem Qualitätsanspruch, den wir an uns selber stellen. Hierfür möchten wir uns ausdrücklich entschuldigen. Wir stellen uns dem Vorwurf und werden in diesem Zusammenhang in einen offenen Dialog mit unseren Kritikern sowie Fachleuten treten. Vielen Dank allen, die sich an der Diskussion beteiligt und uns auf unseren Fehler aufmerksam gemacht haben.
Text: Lisa-Marie Glaß. Bild: Screenshot: Eine bedauerliche Fehlmeldung für 102 Sekunden ⒸDIE WELT online (Abrufdatum: 15.07.2015, 16:00 Uhr). Bearbeitung: Louisa Bandura.