Für den Beruf als Synchronsprecher gibt es keine richtige Ausbildung, daher fällt der Weg zu den ersten Aufträgen sehr unterschiedlich aus.
So absolvierte Till Hagen eine Schauspielausbildung, war anschließend an verschiedenen Theatern in Deutschland aktiv und übernahm nach seinem Studium eine Sprecherrolle beim Deutschen Welle-Fernsehen. Die dadurch gesammelte Erfahrung und Bekanntheit brachte ihm seine ersten Rollen. So erinnert er sich beispielsweise bis heute an seinen ersten Satz: “Bitte ein Bier.” Danach folgten weitere Sätze, Szenen und größere Rollen bis hin zum Sprecher für Kevin Spacey in House of Cards oder Billy Bob Thornton in Armageddon. Dazwischen erinnert Till sich immer gern an Zoowärter Karl aus Benjamin Blümchen.
Bevor die Sprecher das Aufnahmestudio betreten, werden die Dialogbücher ausgearbeitet. Diese beinhalten die Übersetzungen der Originalsätze. Fachbegriffe und Wortwitz überführen die von den Studios beauftragten Übersetzer in der Regel eher sinngemäß und so, dass die Lippenbewegungen der Schauspieler mit der Länge des Sprecher-Textes übereinstimmen. Dass dieser Vorgang leichter klingt, als er getan ist, beweist Till Hagen mit dem einfachen Beispiel des englischen Ausspruchs „Well.“: Auf die Lippenbewegung passt der deutsche Ausspruch „Tja.“, den so aber keiner verwendet: “Tja, das ist schön.” (“Well, that’s nice.”)
Wenn die Sätze im Dialogbuch festgehalten sind, beginnt die Arbeit der Synchronschauspieler. Dann werden sie für wenige Minuten bis hin zu mehreren Stunden – je nachdem ob beispielsweise ein Werbespot oder ein Film vertont werden muss – ins Studio bestellt. Sie erhalten eine kurze Einführung in die Story und sehen dann die Originalfassung. Dabei müssen sie innerhalb weniger Sekunden Emotion, Umgebung, Tonation, Atmung und die Handlung erfassen.
Das Dialogbuch enthält Hinweise wie: „aus dem Off“, „Conter“ oder „ins Off“. Dies beschreibt, wann eine Figur zu sprechen beginnt. Dass dabei getrickst wird, gesteht Till: “Synchron ist Schummeln. Aber gut Schummeln.” Denn hin und wieder hört man beispielsweise eine Person in der synchronisierten Version sprechen, obwohl sie noch nicht im Bild zu sehen ist: Das bietet die Möglichkeit längere Sätze einzufügen, als in der Originalfassung.
Danach beginnt die Anzählung des Takes. Balken und Zahlen symbolisieren den Einsatz für die Sprecher. „Deine Schrecksekunde sind die Balken. Danach hast du keine mehr.“, verrät Till den Workshop-Teilnehmern. Denn Zeit spielt eine große Rolle in diesem Beruf: Ein geübter Sprecher arbeitet im Zehntel-Sekunden-Bereich und schafft ca. 240 Takes, also ungefähr 20 Minuten Material am Tag – natürlich abhängig vom Medium. Den Unterschied zwischen Kino und TV erklärt Till folgendermaßen:
Till Hagen über die Unterschiede in Kino und TV
Die Vorbereitung für die Sprechrollen fällt sehr individuell aus. Hier zählen die richtige Kleidung, das Aufwärmen der Stimme und auch Lockerungsübungen für den Körper. Gabrielle verrät uns beispielsweise ihre Lieblingsübung.
Gabrielle Pietermann über Vorbereitungs-Routinen
Außerdem, da sind sich die beiden Sprecher einig, “Stimme ist Haltungssache”: Eine selbstbewusste Person steht und redet anders als eine unterdrückte, schüchterne Person. Daher hilft es der Stimme, sich entsprechend zu bewegen.
Weiterhin erzählen die Zwei, dass Emotionen wie Wut, wo Druck aufgebaut werden muss, sich besser sprechen lassen, wenn man sich nebenbei an etwas festhält. Die Kunst dabei besteht darin, die Gefühle zum Zuschauer zu transportieren, aber selbst die Fassung zu wahren, verrät uns Till.