Kleines Haus, großes Kino

von | 1. Februar 2017

Kleines Haus, großes Kino

Auf die Größe kommt es ja bekanntlich nicht an – Doch stimmt das wirklich? Dieser Frage bin ich letztes Wochenende an einem besonderen Ort in Mittweida nachgegangen und habe schließlich bei süßem Popcorn eine Antwort gefunden.

Ein Beitrag von
Nicole Bader

Es ist ein schneereicher Sonntagnachmittag Mitte Januar. Ich habe gerade Prüfungszeit, befinde mich daher inmitten von Abgabeterminen und versinke in Lernstoff: Soziales Leben und eine Welt außerhalb meines Zimmers existieren nur noch als schwammige Erinnerung in meinem Kopf. Es ist also Zeit für eine kurze Verschnaufpause und ich entscheide mich für einen Kinobesuch.

Schon beim Eintreten in das traditionsreiche Haus riecht es verführerisch nach süßem Popcorn. Ich klopfe den Schnee von meinen Schuhen, ziehe die Mütze vom Kopf und sehe mich neugierig nach allen Seiten um.

Vom Theaterhaus Lichtspiele zu …

Die Filmbühne ist das einzige Kino in Mittweida, seit das Zweite in der Nähe des europäischen Hofs nach der Wende schloss. Bevor es den Namen des Konkurrenten übernahm, hieß es „Theaterhaus Lichtspiele“ und war vor der Wende eines der renommiertesten Häuser in Sachsen. Es ist nur eins von drei Kinos mit denkmalgeschützter Fassade in ganz Mittelsachsen.

Seit 2010 ist das Kino im Besitz von Ronny Leibelt, der auch den Gloria Filmpalast in Annaberg leitet. In einem Interview mit der Zukunftsstadt Mittweida verriet er, was es anfangs für ein langer Weg war, um das Kino aufzubauen: „Wir mussten in die Digitalisierung der Säle investieren, ein neues Rauchabzugssystem installieren – und durch die Sperre sind uns viele Kunden verlorengegangen. (…) “ Der lange Atem hat sich allerdings gelohnt und den Bewohnern sowie zahlreichen Studenten in Mittweida ein Kino gesichert, ohne dafür in die nächstgrößere Stadt fahren zu müssen.

Filmbühne Mittweida vs. CineStar Chemnitz

An der Kasse entscheide ich mich für den neuen Animationsfilm „Sing“. Die Chefin und Mitarbeiterin sind freundlich und zuvorkommend. Beide machen keinen überarbeiteten Eindruck. Ich fühle mich sofort wohl und nicht, wie manchmal im CineStar, nur als wandelnder Gewinnbringer. Weder an der Kasse, noch an der Snackbar gibt es lange Warteschlangen mit genervten Kunden, wo man im großen Kinohaus gern mal 15 bis 30 Minuten zubringt.

Schließlich bezahle ich entspannt den studentenfreundlichen Preis von 6,50 Euro für mein Ticket. Das spart mir, im Gegensatz zum großen Kinohaus in Chemnitz, immerhin einen Euro. Dort gibt es nämlich keinen Studentenrabatt und je nach Film zahlt man auch gern mal bis zu zwei Euro auf den Eintrittspreis drauf.

Bevor ich mich also in Kino 2 begebe, leiste ich mir eine mittlere Tüte leckeres Popcorn, um den elend langen Werbeblock zu Beginn etwas angenehmer zu gestalten. Ich kann es schließlich kaum fassen, als ich von meinem Fünf-Euro-Schein tatsächlich Wechselgeld sehe: Die Filmbühne berechnet einem für diese mittlere Tüte Popcorn 3,50 Euro. Das CineStar dagegen verlangt für die gleiche Größe noch drei Euro mehr.

Wenn ich den gewonnenen Euro vom Eintritt hinzunehme, spart mir der Besuch bei der Filmbühne, im Vergleich zum CineStar, immerhin vier Euro und sichert mir damit ganze vier Automatenkaffee für den nächsten Lerntag in der Hochschule.

Ich sehe mich weiter um. Die Filmbühne ist viel kleiner und gemütlicher als das große Kinohaus. Sie besitzt drei Kinosäle, die nah beieinander liegen. Als Besucher kann man also schnell noch einmal aufstehen und den Heißhunger auf ein Snickers stillen oder die Toilette besuchen – ohne einen halben Marathon, wie im CineStar zwischen dem äußersten Saal und dem jeweiligen Ziel hinzulegen. Als Extra: Man verpasst weniger vom Film und wird nicht beim Nachbarbefragen “angepsscht“ oder aggressiv mit Popcorn beworfen, weil man die Vorstellung stört.

Schließlich betrete ich den Kinosaal. Der Raum ist gerade mal ein Drittel so groß, wie ich es aus dem CineStar in Chemnitz gewohnt bin. Die meisten Plätze sind frei und ich freue mich über diese Tatsache: So mogel‘ ich mich ein paar Plätze weiter in die Mitte, lege meine Jacke ab und bin über die fehlenden Tritte gegen die Lehne und das ausbleibende laute Schnaufen direkt vom Nachbarsitz erleichtert – Wo ich sonst im CineStar mindestens einen bösen Blick pro Vorstellung an den Hintermann verteile.

Mit meiner Popcorntüte in der Hand bereite ich mich auf den bekannten Werbemarathon vor: Doch dieser bleibt aus und mit ihm das gelangweilte Leeren der süßen Maisflocken. Ich freue mich, denn was mir die Filmbühne erspart, muss man im CineStar mit meistens vollen 30 Minuten oder mehr, auf die Filmzeit draufrechnen. Auch die allseits beliebte Eispause im großen Kinohaus, wo entweder der geplagte Mitarbeiter ewig auf sich warten lässt oder eben gar nicht erscheint, weil er vom Hin- und Herrennen zwischen den Sälen, luftringend am Boden liegt, fällt weg – Und ich kann mich entspannt zurücklehnen, um den Film zu genießen.

Klein aber fein

Nach 108 Minuten Filmgenuss ist mein Popcorn aufgebraucht und meine Verschnaufpause mit ihm. Bevor ich mich zurück an meinem Schreibtisch begebe und mein Gewissen mit Lernstoff beruhige, kann ich sagen, dass die Filmbühne in Mittweida als kleines Kino, durchaus mit großen Kinohäusern mithalten kann: Als Filmfreund spart man bei einem Besuch wesentlich Zeit sowie Geld und kann getrost auf nervige Sachen – wie lange Warteschlangen, überteuerte Snacks, überfüllte Kinosäle, ewig andauernde Werbeblocks – verzichten.

Wer sich noch zusätzlich mit den selteneren Spielzeiten arrangiert, ist hier bestens aufgehoben. Ich werde jedenfalls nach den Prüfungen an meinen letzten Tagen in Mittweida wiederkommen – schon allein wegen dem leckeren Popcorn.

<h3>DiSc</h3>

DiSc

Dr. phil. Dirk Schultze, Jahrgang 1968, wiss. Mitarbeiter an der HS Mittweida, ist seit ca. 25 Jahren als Journalist tätig.