Über geschickte Marketingstrategien sprach auch Daniel Völker beim Medienforum 2017. Er ist Head of Consulting bei „Scholz & Friends“. Die Agentur gehört zu Deutschlands besten Beispielen für tolle Kampagnenführung. (Und ist nebenbei eine der bedeutensten im Land). Daher gehören wahrscheinlich auch Vodafone, Mercedes Benz oder Siemens zum Kundenstamm der Werbeagentur. Auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat sind mit der Kampagne „Runter vom Gas“ langjährige Kunden.
Wie gelingt es Agenturen, Kampagnen, die nun schon seit knapp zehn Jahren bestehen, immer noch interessant zu halten? Zum Medienforum Mittweida 2017 besprachen wir diese Frage mit Daniel Völker von „Scholz & Friends“.
Es sei empfehlenswert, immer zwei Blickwinkel zu betrachten – die des Kunden und die der Agentur. Zwar kann der Kunde über Jahrzehnte hinweg viel Vertrauen in eine einzige Agentur legen und damit ein großes Publikum erreichen. Besser wäre es jedoch, von Zeit zu Zeit „frischen Wind“ hineinzubringen. Hierfür ist es wohl eher empfehlenswert, nach einigen Jahren eine neue Agentur mit anderen Mitarbeitern und somit auch neueren Ideen zu beauftragen.
So ist es beispielsweise auch im Ministerium gesetzlich geregelt, dass durch eine Ausschreibung die Agentur alle vier Jahre gewechselt werden muss. Für „Runter vom Gas“ war deshalb zu Beginn „Scholz & Friends“ zuständig. Danach erfolgte ein Wechsel, durch die Schaffung eines Agenturpools. Dabei kamen drei Agenturen ins Rennen, wo schließlich die „Gewinneragentur“ für weitere vier Jahre für die Kampagne arbeiten durfte. Seit nun fast zwei Jahren ist aber wieder „Scholz & Friends“ dafür zuständig.
Aus Sicht der Agentur sollte man dem Kunden das beste Verständnis für unterschiedliche Kommunikationskanäle wie Bewegtbild, Digital oder Print bieten. Außerdem ist eine Verfolgung der Entwicklung auf dem Medienmarkt und die Schaffung frischer Kreationen relevant. Denn es ist wichtig, sein Publikum auf so vielen Wegen wie möglich zu erreichen. Dafür sollte man dem Wandel der Zeit Stand halten und die Zielgruppe mit frischen Ideen ansprechen. Nur so kann die Agentur dem Kunden zeigen, dass die Ideenentwicklung eine gute Mischung aus Kontinuität und neuen Ideen ist. Diese entstehen am Besten dann, wenn wechselnde Mitarbeiter daran arbeiten. Gerade bei großen Agenturen, wie „Scholz & Friends“, mit vielen Mitarbeitern aus unterschiedlichen Bereichen ist dies ein großer Vorteil. So schaffte es die Agentur in den letzten zwei Jahren auch, der Kampagne „Runter vom Gas“ ein völlig neues Gesicht zu verleihen. Dabei legen sie viel Wert darauf, Mitarbeiter aus den verschiedensten Bereichen an einen Tisch zu bekommen, um somit das beste und kreativste Ergebnis zu erzielen. Und das natürlich immer im engen Zusammenspiel mit dem Kunden.
Aber ist es auch wichtig, dass diese „kreativen Köpfe“ mit der Zeit gehen. Denn in den letzten Jahren gab es zahlreiche Veränderungen im Hinblick auf das Marketing. In der Medienwelt ist Social Media einer der wichtigsten Kanäle, um Zielgruppen zu erreichen und ermöglicht so eine dialogreichere Kommunikation. Auch die Aufbereitung von Botschaften durch die heutige mobile Nutzung ist wesentlich vielseitiger. Für das Bewegtbild zieht sich der Spannungsaufbau nicht mehr über einen ganzen Spot, die Story muss in den ersten Sekunden fesseln, um ein Weiterscrollen zu verhindern.
Natürlich gibt es noch zahlreiche weitere Veränderungen, die wohl unmöglich alle genannt werden können. Aber vielleicht kann dieser Verlauf anhand der Kampagne „Runter vom Gas“ etwas verdeutlicht werden, denn seit die Agentur „Scholz & Friends“ erneut dafür zuständig ist, gab es zahlreiche Veränderungen.
„Früher kannte man die Kampagne nur von den typischen Autobahnplakaten über das Thema Verkehrssicherheit. Heute werden mit Betroffenenplakaten in einer 360 Grad- Kampagne verschiedene Blickwinkel von Beteiligten gezeigt, die Emotionen wecken und somit die Anzahl der Unfallopfer senken sollen. Belegt wird das Ganze mit Statistiken wie ‚Jeder Unfalltod betrifft das Leben von 113 Menschen‘ “, so Völker. Die Betroffenenmotive wurden in eine PR- und Social Media- Strategie eingebunden, sogar für ein ganzes Content-Magazin weiterentwickelt, dessen Bewegtbildproduktionen als Aufhänger für TV-Sendungen, wie „Grip- Das Motormagazin“ dienten. Des Weiteren ist die Kampagne digitaler geworden. Sie war die erste Themenwelt des Ministeriums mit einem Facebook-Auftritt, welcher heute einer der wichtigsten Kanäle ist, um Zielgruppen zu erreichen. Auch die Website ist heute keine einfache Dokumentations- und Archivseite mehr, sondern ein zentrales Magazin für Verkehrssicherheit, bei dem durch unterschiedliche journalistische Genres ständig neue und ansprechende Inhalte erzeugt werden. Ebenfalls wird der Suchmaschinen-relevante Kontext verstärkt angewendet, indem Nutzer bei Suchfeldeingaben auf die Website von „Runter vom Gas“ stoßen und somit verschiedene Formate rund um das Thema Verkehrssicherheit entdecken.
Aber nicht nur das digitale Zeitalter spielt eine Rolle, denn die Kampagne ist auch aktivierender geworden, in dem durch verschiedene Aktionen und Events die Zielgruppe stärker involviert wird. Und ganz nebenbei gewinnt die Kampagne auch immer mehr Prominente, wie Hans- Joachim Heist (als Gernot Hassknecht) für sich, die ebenfalls Aufmerksamkeit erzeugen und nicht nur für Drama sondern auch für Entertainment sorgen.
Text: Annegret Pollack
Fotos: Lisa Köhlmann, Runter vom Gas: Mediathek. https://www.runtervomgas.de/presse/mediathek/alle-medien.html (5.12.2017).