Der iranische Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast versprach letzte Woche ein schnelles Ende der Untersuchungen gegen die zwei deutschen Journalisten der „Bild am Sonntag“ (Bams), die seit 102 Tagen im Iran festgehalten werden. Derartige Ankündigungen gab es aber schon früher. Der Geschäftsführer von „Reporter ohne Grenzen“ (ROG), Christian Rickerts, forderte vor zwei Tagen in einer Pressemitteilung: „Die iranische Regierung muss endlich transparent machen, auf welchem Stand die Ermittlungen sind und ob über Visa-Verstöße hinausgehende Anschuldigungen erhoben wurden. Die beiden Journalisten dürfen nicht als politische Geiseln missbraucht werden.“ Laut ROG sind mindestens 31 andere Journalisten in iranischer Gefangenschaft. In keinem anderen Land der Welt sei die Zahl der inhaftierten Reporter so hoch. Die Menschenrechtsorganisation beteiligt sich ebenso an einer Anzeigenkampagne, um an die iranische Regierung zu appellieren.
Gefängnis statt freie Berichterstattung
Zu Beginn erregte der Verbleib von Marcus Hellwig und Jens Koch kaum Aufregung, bis die Bams mit einem Appell von 115 Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Sport am 2. Januar 2011 die Freilassung der deutschen Journalisten forderte. Titelseite, sowie zwölf weitere Seiten widmete das Blatt dem Aufruf. Neben Politikern wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg beteiligten sich auch Sportler wie Philipp Lahm oder Michael Schumacher an der Aktion.
Die Antwort aus dem Iran ließ nicht lang auf sich warten: „Unsere deutschen Freunde sollten wissen, dass die Ausübung von Druck, um die Meinung des Gerichtes zu ändern, nach hinten losgehen wird“, so der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast. Im Spiegel-Interview sagte der neue iranische Außenminister Ali Akbar Salehi, es könne hilfreich sein, wenn sich die Axel Springer AG und die Chefredaktion der Bild am Sonntag entschuldigen und „einräumen würden, dass die einen Fehler gemacht haben“.
Teheran im Zickzack-Kurs
Kurz nach der Festnahme der beiden Journalisten war die mediale Zurückhaltung groß. Offiziell, um die Verhandlungen des Außenministeriums nicht zu gefährden, wie der Chefredakteur der Bild am Sonntag, Walter Mayer, am 21. November 2010 in einem Kommentar schrieb. Teheran hätte somit frühzeitig nachgeben können, ohne sich öffentlich zu blamieren. Der erste Erfolg schien die Zusammenkunft der Reporter mit Familienangehörigen kurz vor Silvester.
Wenige Tage später erklärte Sakineh Mohammadi Aschtiani in einer Pressekonferenz, sie wolle die beiden Journalisten verklagen, da sie „Schande über mich und das Land“ gebracht hätte. Eine zum Tode verurteilte Frau erhält Freigang aus dem Gefängnis um öffentlich Reporter anzuklagen, die über sie berichten wollten. Die Vermutung, Aschtani habe dies nicht ganz freiwillig getan, liegt auf der Hand. Den Verdacht eines Kuhhandels kam zusätzlich auf, als die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im iranischen Parlament, Sohre Elahian, in einem Brief an die brasilianische Präsidentin ankündigte, die Todesstrafe gegen Aschtiani sei in eine zehnjährige Gefängnisstrafe gewandelt worden. Die iranische Justiz dementierte diese Meldung jedoch.
Marcus Hellwig und Jens Koch wird vorgeworfen, ohne Akkreditierung gearbeitet zu haben. Nur mit einem Touristenvisum ausgestattet, wollten sie den Sohn und den Anwalt der zum Tode verurteilten Sakineh Mohammadi Aschtiani interviewen. Die Iranerin wurde wegen angeblichen Ehebruchs und Beihilfe zum Mord verurteilt.