Vier Serien-Neuheiten im November werfen vier Fragen auf, die sich die verschiedenen Charaktere stellen müssen: Wie wird man als erste Präsidentin der Vereinigten Staaten ernst genommen? Wie geht man damit um, wenn die Zukunft bereits geschrieben ist? Was ist zu tun, um das Vertrauen eines Verbrecherbosses zu erlangen? Und warum entfernt ein Mörder bestimmte Körperteile an Leichen?
Outlander – Staffel 4 – seit 5. November auf RTL Passion
Parfum – Staffel 1 – seit 14. November auf ZDF Neo
Die Geschichte um Jean-Baptiste Grenouille bekommt in der deutschen Serie Parfum einen neuen Anstrich. Basierend auf Motiven des Romans von Patrick Süskind ist eine Krimigeschichte der heutigen Zeit entstanden. Die Serie beginnt mit dem Tod der rothaarigen Sängerin K, die nackt, mit abrasierten Haaren und entfernten Achselhöhlen und Genitalbereich in ihrem Pool gefunden wird. Profilerin Nadja Simon (Friederike Becht) ermittelt in dem brutalen Mordfall und wird auf die Spur von fünf früheren Internatsschülern geleitet. Mit verschiedenen Rückblenden wird die Vergangenheit der Verdächtigen ans Licht gebracht, die vermeintlich in Bezug zu dem aktuellen Fall steht. Die Serie macht mit einer düsteren Atmosphäre und klarer, moderner Optik einen hochwertigen Anschein, wobei die Handlung auf den ersten Blick nicht allzu komplex wirkt. Die Tatsache, dass die berühmte Romanvorlage auch in der Geschichte integriert und als Inspiration des Täters genannt wird, ist auf der einen Seite eine schöne Hommage an das Original, andererseits aber ein logischer Mangel der Serie. Denn die Profilerin braucht doch erstaunlich lange, um die Parallelen zur äußerst bekannten Literaturvorlage zu erkennen. Dennoch bemüht sich die Serie mit hohem Produktionsaufwand und bekannter, deutscher Besetzung, eine möglichst hohe Qualität aus dem Format herauszuholen. Wie im klassischen Krimi bleibt es bis zum Schluss spannend, wer tatsächlich der Mörder ist.
Beat – Staffel 1 – seit 9. November auf Amazon Prime Video
Amazon hat mit Beat seine nächste deutsche Originalproduktion auf den Markt gebracht. Der Club-Promoter Robert Schlag (Jannis Niewöhner), genannt Beat, hat in der Berliner Technoszene viele Kontakte. Diese kämen dem Europäischen Geheimdienst sehr gelegen und sie versuchen, Beat als Informant zu nutzen, um die Drahtzieher des illegalen Organhandels zu überführen. Nach anfänglichem Zögern lässt sich Beat schließlich von der Agentin Emilia (Karoline Herfurth) und ihrem Kollegen Richard (Christian Berkel) überzeugen. Eine mitreißende Krimigeschichte beginnt. Dabei überzeugt vor allem Jannis Niewöhner in seiner Rolle als feierwütiger, drogenabhängiger, traumatisierter und vor allem vielschichtiger Hauptcharakter mit tragischer Hintergrundgeschichte: Eine Figur, die den Zuschauer fasziniert, fesselt und überrascht. Auch sonst präsentiert sich ein starker, deutscher Cast bis hin zu seinen Nebenrollen in einer für deutsche Verhältnisse ungewohnt spannend geschriebenen Geschichte. Besonders Kostja Ullmann sticht als hervorragend gespielter Psychopath und mit einem ausgesprochen überzeugenden Make-Up hervor. Glaubwürdige Dialoge und ein passender Soundtrack sind weitere Merkmale, mit denen die Serie sich sehen lassen kann. Nichtsdestotrotz kann das deutsche Produktionsniveau mit seiner internationalen Konkurrenz noch nicht mithalten. Es bleibt stets das Gefühl, etwas fehle oder sei nicht so hochwertig gelöst, wie es das verwöhnte Auge gewohnt ist. Innerhalb Deutschlands ist jedoch eine sehenswerte Serie entstanden, die zeigt, dass der deutsche Fernsehmarkt versucht, sich anzupassen, weiterzuentwickeln und auf ein höheres Niveau aufzusteigen.
House of Cards – Staffel 6 – seit 2. November auf Sky
Krampfhafte Rettung oder einfallsreiche Wendung: Die Zukunft der Serie House of Cards war nach Kevin Spaceys Missbrauchsvorwürfen 2017 zunächst unklar. Netflix stellte die Produktion der sechsten Staffel vorerst ein und feuerte kurze Zeit später Spacey, der als Hauptdarsteller der Serie Frank Underwood spielte. Nun ist die Netflix-Produktion mit ihrer finalen Staffel zurück und hat eine Lösung gefunden, über die man sich streiten kann. Die neue Staffel hat mit Franks Rücktritt als Präsident der Vereinigten Staaten zum Ende der fünften Staffel bereits eine gute Grundlage erhalten, um die Serie nun ohne ihn fortzuführen. Seine Frau Claire Underwood (Robin Wright) hat an seiner Stelle die Präsidentschaft übernommen und verkündet im Staffelfinale mit direktem Blick in die Kamera: „Jetzt bin ich dran“. Daran schließt die neue Staffel an und verfolgt von nun an Robin Wrights alleinige, klare und überzeugende Performance als erste Präsidentin der Vereinigten Staaten. Kevin Spaceys Abwesenheit wird offen durch den plötzlichen Tod Frank Underwoods in der Geschichte integriert, auch wenn es das krampfhafte Erzwingen der Wendung nicht vollends überdecken kann. Auf das, von Frank gewohnte, Durchbrechen der vierten Wand, also den direkte Blick in die Kamera, muss der Zuschauer jedoch keinesfalls verzichten. Claire, die bereits in vorangegangenen Staffeln bewiesen hat, dass sie ihrem Mann um nichts nachsteht, spricht nun auch direkt zu dem Zuschauer. So vorteilhaft es sein mag, dass Robin Wright ihre schauspielerische Brillanz endlich außerhalb von Spaceys Schatten präsentiert , kann die Serie sich seinem Schatten nicht vollends entziehen. Das Ergebnis ist letztlich eine, unter gegebenen Umständen, gelungene Rettung einer fast verlorenen Serie, die mit einem leicht bitteren Beigeschmack zum Ende kommt.