Ob beim Besuch im glutenfreien Avocado-Restaurant, bei den ersten Schritten des Zweitgeborenen oder beim ausverkauften Stadionkonzert der Lieblingsband aus 80 Metern Entfernung. Überall zücken Menschen ihre Smartphone-Kameras, um ihre Erlebnisse zu dokumentieren und auf Instagram zu teilen. Doch ist es bei vielen mittlerweile nicht eher ein Zwang? Manche Menschen, vor allem Jugendliche, entwickeln dabei sogar ein Suchtverhalten. Darunter leidet auch die psychische Gesundheit.
FoMo (Fear of missing out) ist die Angst, etwas zu verpassen, wenn man nicht ständig online und erreichbar ist. Das ist eines der Kriterien, das die Studie „#StatusOfMind“ gewählt hat, um die Auswirkungen von Social Media auf die Psyche von jungen Menschen zu untersuchen. Dabei schnitt Instagram von allen untersuchten Plattformen (Facebook, Twitter, YouTube, Snapchat) am schlechtesten ab. Die Befragten gaben an, schlechter schlafen zu können, nervöser zu sein und Angstgefühle zu entwickeln. Und das alles nur wegen einer App, in der man fast ausschließlich Bilder sieht.
Aber die Gefahr für Jugendliche ist verständlich. Auf Instagram wird oftmals ein falsches Weltbild vermittelt. Man sieht massenhaft Menschen mit perfekt trainierten Körpern, die an idyllischen Orten ihre Zeit verbringen. Dies erkannte auch das ehemalige Instagram-Model Essena O’ Neal. Sie gestand, dass sie für ihre vermeintlichen Schnappschüsse hunderte Versuche benötigt habe. Ihre Akne wurde mit Photoshop retuschiert. Diese Künstlichkeit hatte negativen Einfluss auf ihre psychische Gesundheit. Deshalb löschte sie ihren Instagram-Account, um ein Zeichen gegen diese „Verblendung“ zu setzen. Sie verzichtet seitdem auf Social Media.
Der Social Media Entzug
Dieser Verzicht kann bei manchen Leuten auch Entzugserscheinungen hervorrufen. Das zeigt eine Studie von der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheit. Es wurde herausgefunden, dass schon ein siebentägiger Verzicht auf Social Media bei den Probanden leichte Entzugserscheinungen wie bei Suchtmitteln hervorruft. Dies überrascht nicht. Denn wir leben in einer Zeit, in der Menschen Digital Detox betreiben. Ausführlichere Informationen dazu gibt es im medienMITTWEIDA–Netzdossier. Im Prinzip ist es das bewusste Fasten ohne digitalen Konsum, um sich zu „entgiften“. Auch Instagram selbst hat erkannt, welche Risiken ihre Applikation birgt. Es gibt nun in der App das sogenannte „Usage Insights“-Tool. Darin kann man die auf Instagram verbrachte Zeit pro Tag sehen. Außerdem kann sich der Nutzer eine Zeit einstellen, bei deren Überschreitung eine Benachrichtigung erscheint.
All diese Sachverhalte zeigen, dass soziale Medien wie Instagram Einfluss auf unsere Psyche haben. Ob man nun wirklich süchtig ist, wird schwierig herauszufinden sein. Betroffene geben es häufig nicht zu. Aber in unserer heutigen Generation der digitalen Reizüberflutung sollte sich jeder bewusst machen, welche Mechanismen bei der Nutzung von Social Media ausgelöst werden. Lohnt es sich wirklich, seine wertvolle Zeit dafür zu nutzen, fremden Backpackern auf Sumatra beim Caipirinha schlürfen zuzuschauen? Oder das 77. Spiegel-Selfie im Fitnessstudio vom Kommilitonen mit Eightpack zu verfolgen? Vielleicht sollte man auch beim Stadionkonzert von der Lieblingsband, in der vorletzten Reihe stehend, die Handykamera in der Hosentasche lassen, um das Konzert durch die eigenen Augen oder das Fernglas zu genießen.