Der junge Iraner Hesam Misaghi wurde 2008 aufgrund seiner politischen Einstellung der Universität verwiesen. „Mein erster Blogeintrag war meine eigene Geschichte. Es ging darum, wie sie mich von der Uni warfen“, erinnerte sich Misaghi. Viele andere Studenten hatten das gleiche Schicksal, doch sie blieben untätig aus Angst vor der übermächtigen Regierung. „Es war eine gute Entscheidung meine Geschichte zu veröffentlichen, denn danach begannen viele Studenten zu bloggen und bald wurde es normal, seine Meinung zu verbreiten“, erklärte Misaghi medienMITTWEIDA.
„Unreine“ Seiten im Iran gesperrt
Oft wurde Misaghis Arbeit durch die technischen Rahmenbedingungen erschwert. „Eigentlich ist es nicht schwer das Internet zu nutzen, aber oft ist die Geschwindigkeit und die Qualität sehr niedrig“, berichtet der Blogger, der mittlerweile in Berlin lebt. Auch Martin Weiss, ARD-Korrespondent für den Iran, kennt die technischen Schwierigkeiten im Land: „Nur 30 Prozent der Iraner haben überhaupt Zugang zum Internet, und das mit so langsamen Übertragungsraten, dass der schnelle Austausch und das Benutzen von modernen Netzwerken deutlich erschwert ist.“
Vor allem nach der iranischen „Wahl“ im Jahr 2009 gestaltete sich die Nutzung des Internets immer schwieriger und es wurde problematisch Berichte und Erfahrungen zu veröffentlichen. „Oft muss man Upsets oder Trigger benutzen um eine Zensur zu vermeiden. Die Regierung blockiert die Internetseiten und sogar Facebook ist im Iran gesperrt. Es ist wirklich schrecklich“, beschreibt Misaghi die Arbeitsbedingungen iranischer Blogger. Weiss hat ebenfalls kuriose Erfahrungen mit geblockten Seiten gemacht: „Auf gesperrten Seiten erscheinen Hinweise wie: ‚Diese Seite ist unrein. Wollen Sie nicht lieber den Koran lesen?'“
Vertrauen der Rezipienten ist für Blogger Hesam Misaghi existenziell
Dabei berichten iranische Blogger vorrangig mit ihrem richtigen Namen, sonst würde ihre Glaubwürdigkeit leiden, sagen sie. „Wenn wir als Menschenrechtsorganisation im Iran arbeiten, können wir dies nicht anonym machen. Wir müssen unseren tatsächlichen Namen angeben, weil uns die Menschen sonst nicht vertrauen“, erklärt Misaghi. Der Blogger engagiert sich seit seinem Uni-Rausschmiss für das „Education Right Committee“.
Auch wenn die Blogger unter richtigem Namen agieren, stellt die Enttarnung eine große Gefahr für die Aktivisten dar. „Es ist nicht wirklich schwer für die Regierung, weil sie viele Technologien nutzt, um die Blogger über die IP-Adresse oder über alle anderen persönlichen Informationen zu finden“, weiß Misaghi.
Internetaktivisten versteifen sich zu sehr auf das virtuelle Leben
Die Möglichkeiten des World Wide Webs seien im Iran sehr nüchtern. „Aber es ist die einzige Hoffnung, die wir haben, und deshalb sollten wir sie auch nutzen“, erklärt er. Dieser Meinung ist auch Weiss: „Das einzige Mittel für politisch Interessierte, die sich kritisch mit dem Regime auseinandersetzen wollen, ist das Internet.“
Einen Ausweg aus der Ungerechtigkeit und Diktatur stellt das Internet für Misaghi nicht dar: „Das Internet ist ein gutes Instrument um diese Revolution zu führen, aber es ist nicht genug. Manchmal versteifen wir uns zu sehr darauf und ich denke, das kann man an iranischen Bloggern oder Aktivisten kritisieren“, bemängelte der Iraner.
Nachricht von Angesicht zu Angesicht mehr Wert als E-Mail
Auf journalistische Grundsätze verzichten die Online-Aktivisten nicht. „Wir können nicht einfach leichtfertig alle Nachrichten veröffentlichen, die uns irgendjemand sendet“, verdeutlicht Misaghi. So behandelt er Informationen via E-Mail sehr vorsichtig, da sich die Richtigkeit nur schwer beurteilen lässt. Zu groß ist die Angst davor, das Vertrauen der Menschen aufgrund von falschen Informationen zu verlieren. „Wir versuchen immer die Nachrichten und Berichte von Angesicht zu Angesicht zu erhalten. Wir sind immer bemüht, einen persönlichen Kontakt herzustellen, sodass kein Zweifel entstehen kann, dass der Bericht völlig wahrheitsgetreu ist“, begründet der Blogger.