Mitte November letzten Jahres veröffentlichte der Videogigant aus Kalifornien eine neue Open-Source-Schnittstelle zum Verbinden von sogenannten Bürgerjournalismus und führenden Onlinemedien. Unter Bürgerjournalismus (Englisch: citizen journalism) wird das Publizieren von journalistischen Inhalten über Plattformen wie YouTube und Twitter verstanden. Dabei kann jeder kostenlos einen Account erstellen und seine Inhalte einer breiten Öffentlichkeit bekannt machen. Weltweite Aufmerksamkeit gewann diese Art des Journalismus während den terroristischen Attacken in Mumbai und vor allem bei den Demonstrationen im Iran im letzen Jahr.
Bisher mussten Nachrichtenagenturen schwerfällig passende Beiträge aus den Videoplattformen filtern. Das gründliche Verifizieren der Inhalte gestaltete sich als äußerst schwierig, da oftmals der Ursprung des Videos nicht mehr nachvollziehbar war – Filmaufnahmen verbreiten sich vielfach als Kopie im Internet.
Von jetzt an können Videos passend zu Themen direkt auf den Webseiten der Nachrichtenportale hochgeladen werden. Das ist sehr praktisch für Journalisten, die nun nicht mehr nach passenden Aufnahmen suchen müssen sondern sich direkt von den Benutzern beliefern lassen können. Im Gegenzug wird dem Erschaffer ein Platz auf einer renommierten Nachrichtenwebseite angeboten. Bessere Kontaktmöglichkeiten zur Videoquelle sollen das Verifizieren des Beitrags einfacher gestalten. So können laut Anfrage bei YouTube weitere Pflichtfelder eingebunden werden, die einer Totalanonymisierung entgegenwirken.
Kostenlos ist nicht Umsonst
Anfangs erscheint dieser Service von YouTube als kostenlos, aber bevor Inhalte hochgeladen werden können ist eine Registrierung bei Google/YouTube erforderlich – mehr Möglichkeiten der Onlinewerbung für den Konzern. Die Zuordnung der Videos zu einem Event erweitert außerdem die Werbepalette – lokalisierte Werbung inklusive. Als problematisch können sich rechtliche Aspekte mit dem Videoupload erweisen. Auf Nachfrage bestätigte YouTube, dass der Urheber des Videos zuerst den Nutzungsbedingungen von Youtube und danach den Nutzungsbedingungen der jeweiligen Nachrichtenorganisation zustimmen muss – Videos die aus irgendeinem Grund nicht in den Rahmen von YouTube passen können also jederzeit entfernt werden – ein automatischer Mechanismus der vermehrt bei vermeintlichen Urheberverletzungen eingesetzt wird.
Mitte November suchte sich YouTube als erste Kandidaten Nachrichtenorganisationen wie dieHuffington Post, den San Francisco Chronicle, Washington Post sowie ABC-News aus. Eine interessante Anwendung war auf dem Blog von Al Jazeera im Dezember zu sehen. Zur jährlichen Pilgerfahrt nach Mekka, dem Hadsch, rief der Sender seine Nutzer auf, persönliche Video-Eindrücke auf dem Blog zu teilen.
Noch kein Durchstart in Deutschland
In Deutschland sind bisher auch drei Monate nach der Veröffentlichung keine Anwendungen aufgetaucht. Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) erwähnte zwar im Gespräch mit pressetex.at: „Ein Tool, das Nachrichtenredaktionen hilft, schnell und unkompliziert mit den Herstellern von nachrichtenrelevanten nutzergenerierten Beiträgen in Kontakt zu treten, ist aus journalistischer Sicht sicherlich sehr sinnvoll“. Doch ebenfalls erwähnt Zörner, dass YouTube doch mehr ein Unterhaltungsangebot sei – eine typische Sichtweise des Dienstes in Deutschland. Von einem Angriff auf klassische Nachrichtenagenturen und professionellen Kamerateams kann daher noch keine Rede sein.