Fatima ist 25 Jahre alt und Mitglied in der Redaktion von medienMITTWEIDA. Sie wurde als Kind mit einem offenen Rücken geboren und leidet unter der Krankheit „Spina bifida“. Dadurch ist sie bereits ihr komplettes Leben auf einen Rollstuhl angewiesen, aber davon lässt sich die junge Frau nicht unterkriegen. In ihrer Freizeit spielt sie in einem Verein Basketball und auf dem Weg zur Uni lässt sie viele Fußgänger alt aussehen. Wir begleiten Sie in Mittweida und dokumentieren ihren Alltag mit dem Handy. Die Beiträge könnt ihr auf unserem Instagram-Channel „medienmittweida“ sehen.
Treppen kriechen am Bahnhof
Für ihr Studium pendelt Fatima fast täglich mit dem Zug von Chemnitz nach Mittweida. Dabei bereitet ihr die Anreise große Probleme. „Dadurch, dass es auf dem Bahnhof in Mittweida keinen Fahrstuhl gibt, hoffe ich jedes Mal, dass mein Zug auf Gleis 1 ankommt. Wenn das nicht der Fall ist, muss ich meinen Rollstuhl vor mich herziehen und die Treppen kriechen, um auf das andere Gleis zukommen.“
Vor wenigen Monaten ist der Zug eine Umleitung gefahren und kam nicht auf Gleis 1 an. Fatima hatte keine andere Wahl, als sich aus ihrem Rollstuhl zu drücken und auf den kalten Boden zu setzen. Danach robbte sie sich Stufe für Stufe am Geländer entlang und zog ihren Rollstuhl einhändig die Treppen herunter. Nachdem sie es auf der einen Seite heruntergeschafft hatte, ging das Ganze von vorne los, um wieder nach oben zukommen. Mit voller Kraft wuchtete die 25-Jährige den Rollstuhl die Stufen hoch, danach war sie erschöpft und frustriert.
„Ich fühle mich dabei echt verarscht, weil jeder von Inklusion redet und darüber spricht, wie fortgeschritten wir schon sind, aber in solchen Momenten merke ich, dass wir noch in den Kinderschuhen stecken.“
Der Bahnhof in Mittweida wurde 1852 eröffnet. Der Vorplatz wurde von der Stadt bereits saniert, aber das Bahnhofsgebäude und die Bahnsteige haben eine Restaurierung dringend notwendig.
„Es ist auch einfach nur eklig. Manchmal trete ich in irgendwelche Pfützen und weiß nicht, ob das Wasser ist oder irgendwelche anderen Flüssigkeiten. Es ist auch teilweise echt entwürdigend, hier so rumzukriechen, wo andere ihre Zigarettenstummel wegwerfen oder Pipi machen.“
Deswegen wünscht sich Fatima einen Fahrstuhl auf dem Bahngelände oder eine Rampe und Hilfspersonal, die zur Verfügung stehen.
Anstiege und Umwege auf dem Campus
Nachdem sie die Hindernisse am Bahnhof überwunden hat, rollt sie weiter Richtung Uni-Campus, aber auch dort werden die Probleme nicht weniger. Das Haus 40 ist ein modernes Gebäude der Hochschule, allerdings sind fast alle Vorlesungs- und Seminarräume nur über eine Treppe erreichbar und ein Fahrstuhl ist nicht vorhanden. Neben dem Haus 40 befindet sich das hochmoderne „Zentrum für Medien und soziale Arbeit“, welche für mehr als 30 Millionen Euro erbaut wurde. Es ist also davon auszugehen, dass es nicht an finanziellen Problemen liegen kann, dass sich im Nebengebäude kein Fahrstuhl befindet. Auch in den anderen Gebäuden ist es ein Kraftakt für Fatima von A nach B zu kommen, weil sie mit ihrem Rollstuhl Anstiege und Umwege bewältigen muss. „Haus 2 finde ich am schwierigsten, weil es dort gleich zwei steile Berge gibt. Ich muss nach dem ersten Berg immer eine Pause machen, um es überhaupt bis ins Haus zu schaffen.“
Kein Zugang zu Cafés und Restaurants
In ihrer Pause kann sie fast nirgendwo Mittag essen, weil die Restaurants und Cafés in Mittweida meistens nur über eine Treppe erreichbar sind. „Wenn ich mal Lust habe, mit meinen Kommilitonen essen zu gehen, ist das auch nicht so einfach, weil fast alle Eingänge Treppen haben. Ich muss also meine Freunde oder die Mitarbeiter fragen, ob sich mich reintragen.“
Wir haben die Stadt Mittweida, die Hochschule und die Gastronomen mit unseren Aufnahmen konfrontiert. Was dabei rausgekommen ist, erfahrt ihr jeden Mittwoch auf unserem Instagram-Kanal „medienmittweida“ um 18 Uhr in der Story und am nächsten Tag in den Highlights.