Manifest v3

Adblocker vor dem Aus?

von | 22. November 2024

Google ändert im nächsten Jahr den Standard zur Erstellung von Browserschnittstellen und sagt damit Adblockern den Kampf an.

Online-Werbung raubt Ihnen die Nerven? Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie deshalb einen Adblocker in Ihrem Browser verwenden. Immerhin setzen 400 Millionen Nutzer weltweit regelmäßig Adblocker ein, um lästiger Werbung zu entgehen.

Bald könnte Adblockern in ihrer jetzigen Form ein Ende gesetzt werden. Denn Google plant im kommenden Jahr ein Update des Manifest-Standards für die Entwicklung von Browsererweiterungen in allen Chromium-basierten Browsern. Damit sagt Google Werbeblockern den Kampf an. Was sind die Ziele von Google mit der Einführung von Manifest v3, wie wird Sie das als Nutzer beeinflussen und wie sieht die Zukunft der Adblocker aus? 

Was ist ein Adblocker?

Bei einem Adblocker handelt es sich um eine Browsererweiterung, die dazu dient, Werbung auf Websites zu blockieren oder auszublenden. Diese Art von Programm verhindert, dass bestimmte Inhalte, wie Bannerwerbung, Pop-Ups, Video-Werbungen oder gesponserte Anzeigen auf einer Webseite geladen und angezeigt werden. Adblocker erkennen diese Inhalte anhand von spezifischen Mustern und blockieren sie, bevor sie im Browser erscheinen. Dies wird mit der Einführung des neuen Standards Manifest v3 in Zukunft nicht mehr möglich sein.

Das macht Manifest v3

Manifest v3 (Manifest Version 3) ist ein Standard für Browsererweiterungen, der alle Programmierschnittstellen oder API (Application Programming Interface) zusammenfasst, den Google in Zukunft in seinem Browser Chrome und vielen anderen Chromium-basierten Browsern wie Opera oder Microsoft Edge verwenden wird. Manifest v3 wird bis Anfang 2025 zum neuen Standard werden und seinen aktuell genutzten Vorläufer, Manifest v2, ersetzen.

APIs regeln, wie Browsererweiterungen mit einem Browser interagieren. Wie seine Vorgänger wird Manifest v3 durch diverse APIs vorschreiben, welche Aktionen Erweiterungen durchführen können, welche Änderungen sie an den Browsereinstellungen vornehmen dürfen und wohin sie Code und Daten speichern.

Bisher können Browsererweiterungen mit Hilfe der in Manifest v2 integrierten webRequest-API den Netzwerkverkehr flexibel steuern. Diese API gibt Browsererweiterungen den vollen Zugriff auf jede eingehende Anfrage. Dadurch sind diese Browsererweiterungen berechtigt, Anfragen im Browser abzufangen, zu analysieren und schließlich zu blockieren, wodurch Adblocker so effektiv funktionieren.

Im neuen Manifest v3 wird diese Funktion jedoch stark eingeschränkt. Erweiterungen können zwar in Zukunft weiterhin den Datenverkehr überwachen, diesen jedoch nicht mehr blockieren oder verändern.

Stattdessen läuft die Blockierung über die neu integrierte declarativeNetRequest-API. Durch diese API müssen Erweiterungen nun eine feste Liste an Regeln angeben, die vom Browser direkt angewendet werden, ohne dass die Erweiterung selbst aktiv wird. Dadurch kann die Erweiterung nicht jede Anfrage bearbeiten, was bedeutet, dass die Erweiterung nicht mehr flexibel auf den Datenverkehr reagieren kann und die Nutzer wieder vermehrt mit Werbung konfrontiert werden.

Außerdem wird in Manifest v3 festgelegt, dass Daten und Code direkt in der Browsererweiterung enthalten sein müssen und nicht, wie bisher, aus externen Quellen geladen werden können. Dies soll die Überprüfung auf potenzielle Malware erleichtern. 

Die Intentionen von Google

Offiziell gibt Google mehrere Gründe für die Notwendigkeit des neuen Standards an. Das Hauptproblem für Google mit Manifest v2 ist die bereits erwähnte webRequest-API, welche Erweiterungen zu viele Berechtigungen gewährt. Die Plattform für Erweiterungen soll mit der Einschränkung dieser API in Manifest v3 vor allem sicherer und datengeschützter gemacht werden, da die Freiheiten der webRequest-API von einigen Erweiterungen missbraucht werden können, um Malware zu erzeugen. Zudem soll die Plattform für Erweiterungen durch die restriktivere netRequest-API und das damit verbundene Wegfallen der höheren Rechenleistung durch Erweiterungen leistungsfähiger gemacht werden, was sich positiv auf die Ladezeiten auswirkt.

Eine klare Stellungnahme von Google in Bezug auf Adblocker gab es bisher nicht. Es liegt allerdings nahe, dass Google ein großes Interesse daran hat, Adblocker möglichst stark einzuschränken. Werbeeinnahmen stellen den Kern des Geschäftsmodells von Google dar und geschaltete Anzeigen sind essentiell dafür. Adblocker reduzieren die Sichtbarkeit von Anzeigen, die Anzahl der Impressionen und das Engagement, was sich signifikant auf die Gewinne des Alphabet Konzerns auswirkt. Google strebt als Plattform durch die Einschränkung von Adblockern eine höhere Zahl von Werbeimpressionen an, da diese einen essentiellen Bestandteil des Umsatzes von Google darstellen, und vertritt das Konzept der Acceptable Ads, um gleichzeitig höhere Bereitschaft für Werbung der User zu erzielen.

Acceptable Ads

Acceptable Ads (akzeptable Werbung) sind unaufdringliche Werbeanzeigen, die so gestaltet sind, dass sie das Nutzererlebnis nicht stören. Sie folgen bestimmten Kriterien und erscheinen in Formaten, die weniger aufdringlich und klar gekennzeichnet sind. Das Konzept wurde ursprünglich von Adblock Plus eingeführt und richtet sich an Nutzer, die grundsätzlich Werbung blockieren, jedoch bestimmte, als akzeptabel eingestufte Anzeigen zulassen möchten.

Google selbst gehört zu den Unterstützern des „Acceptable Ads”-Programms und gestaltet viele seiner Werbeanzeigen nach diesen Richtlinien, um Nutzerfreundlichkeit zu gewährleisten und zu verhindern, dass User aggressivere Adblocker verwenden.

Insgesamt bringt Manifest v3 für Google und den Werbemarkt potenziell positive Effekte, insbesondere durch die Erhöhung der Anzeigensichtbarkeit und eine größere Kontrolle über das Werbeumfeld.

So verändert sich die User Experience

Adblocker erfreuen sich zwar großer Beliebtheit, jedoch nutzt das Gros der Internetnutzer keinen Adblocker. Nur rund 32 Prozent aller Internetuser verwenden einen Adblocker. Dementsprechend wird sich die User Experience für die meisten Nutzer durch Manifest v3 kaum verändern. 

Die einfachste Lösung für Nutzer, die weiterhin Adblocker nutzen möchten, ist es, den Browser zu wechseln. iOS-Nutzer können auf den Safari-Browser zurückgreifen, während für alle anderen beispielsweise der Mozilla Firefox oder der Brave Browser geeignet ist, da dort Adblocker mit der alten webRequest-API weiterhin wie gewohnt funktionieren.

Welche langfristigen Folgen könnte Manifest v3 haben?

Google ist mit seinem Chrome-Browser der größte Player auf dem Browsermarkt. Auch Microsoft Edge, der zweitbeliebteste Browser weltweit, wird von Manifest v3 betroffen sein. Dies könnte dazu führen, dass Nutzer vermehrt auf andere Browser abwandern, welche weiterhin Adblocker in ihrer jetzigen Form unterstützen.

Dennoch ist die Einführung von Manifest v3 ein logischer Schritt von Alphabet, um ihr Geschäftsmodell zu optimieren. Langfristig bleibt abzuwarten, ob und in welchem Maße die Werbereichweite durch die neue API tatsächlich gesteigert wird, da dies stark vom Verhalten der Nutzer und der Anpassungsfähigkeit von Adblocker-Anbietern abhängt. 

Bisher haben Entwickler häufig eine Lösung gefunden, um Adblocker auf diversen Plattformen wie YouTube weiterhin effektiv funktionieren zu lassen. Es wird sich zeigen, ob dies auch mit Manifest v3 der Fall sein wird.

Titelbild, Text: Florian Schröder
<h3>Florian Schröder</h3>

Florian Schröder

ist 20 Jahre alt und studiert derzeit im 5. Semester Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Bei medienMITTWEIDA engagiert er sich im Team Technik seit dem Sommersemester 2024.