Klimatisierte Hallen, acht Meter lange Schränke, so sah in den 70er Jahren ein Computer aus. Ein ganzes Team musste sich darum kümmern und jeder defekte Baustein wurde mit Schaltplänen aufgespürt, abgelötet und ersetzt. Später folgten dann die sogenannten Kleinrechner, welche immerhin noch einen Raum füllen konnten und ähnlich umsorgt werden mussten wie ihre großen Brüder.
Das war im Westen nicht anders als im Osten, wobei die DDR den aktuellen Stand der Technik nie zeitgleich erreichte. Ulrich Böhm arbeitete bei dem größten Computerhersteller der DDR, dem VEB Kombinat Robotron, er erinnert sich: „Die Entwicklung hinkte hinterher, weil alles noch einmal erfunden werden musste, mit eigenen Mitteln. Der Aufwand war hoch. Prinzipiell wurden die gleichen Rechnergenerationen wie im Westen durchlaufen, nur später. Ich denke der Abstand zur westlichen Entwicklung betrug fünf bis acht Jahre.“
Als Anfang der 80er Jahre die ersten Heimcomputer auf den Markt kamen, war der amerikanische Commodore C64 einer der beliebtesten. Als Arbeitsgerät und Spielekonsole fand er in Westdeutschland großen Anklang. Dem sozialistischen Nachbarstaat war dieses kapitalistische Produkt jedoch suspekt. Die DDR verkaufte den Heimcomputer nur in ihren staatlichen Intershops, zu dem erhöhten Preis von 8.000 Mark. Im Westen kostete das Gerät ein Fünftel dessen. Eine Einfuhr von bespielten Datenträgern in die DDR war verboten, was den Nutzen des C64 einschränkte.
Volkseigene Produktion
Da der Bedarf an Computern grundsätzlich jedoch vorhanden war, entwickelte die DDR ihre eigene Technik. Roland Wolf, der Nutzer eines solchen Gerätes, blickt zurück: „Nach meiner Meinung konnte man zu dieser Zeit noch nicht von einem Heim-PC sprechen. Einer der ersten Computer, den es in der DDR im Handel gab, war ein Schachcomputer und der KC 85.“ Hergestellt wurden diese Geräte vom VEB Mikroelektronik Karl Marx Erfurt und vom VEB Kombinat Robotron. Besonders Robotron, dessen Name sich aus Roboter und Elektronik ableitete, entwickelte in den Jahren nach 1984 die sehr erfolgreiche KC 85/87 Serie konstant bis 1989 weiter.
Die Heimcomputer waren ursprünglich für den Nutzen daheim ausgelegt und wurden deshalb nicht an einen Monitor, sondern, ähnlich einer Spielekonsole, an den Fernseher angeschlossen. Als Datenspeicher waren neben teuren Diskettenlaufwerken auch herkömmliche Kassettenrekorder verwendbar. Die Heimcomputer entwickelten sich schnell zum beliebten Ausbildungs- und Arbeitsgerät. Das lag an der kompakten Größe im Vergleich zu herkömmlichen Büro-PCs, dem hohen Preis, der je nach Modell mehrere tausend Mark betrug und Privatanwender eher abschreckte, aber auch an der mangelnden Verfügbarkeit für den DDR-Bürger ohne „Beziehungen“. Denn auch hier galt: Hardware ist Bückware.
Die Einsatzmöglichkeiten der Büro- und Kleincomputer waren vielfältig. Eine Textbearbeitung gab es für die meisten Geräte. Damit konnten einfache Aufgaben wie das Verfassen von Briefen und Anschreiben erheblich vereinfacht werden. Das Programm bot eine Speicher- und Druckfunktion und in manchen Fällen sogar eine einfache Rechtschreibkontrolle. Diverse Programmiersprachen wie PASCAL und C stellten sicher, dass findige User eigene Software entwickeln konnten. Das alles wurde realisiert mit Prozessoren, die weniger Leistung hatten als ein heutiger Taschenrechner.
Softwarepiraten für den Klassenkampf
Obwohl es nur wenige Rechner in den Wohnungen der DDR-Bürger gab, wurden, oft nur als Hobby, zahlreiche Spiele für die Computer entwickelt. Wolf beschreibt die Lage so: „Für den KC gab es einige Spiele. Es waren einfache Spiele, die man aufgrund des geringen Speichers und der kleinen Bildschirmauflösung realisieren konnte. Viele Nutzer stellten ihre Programme in Fachzeitschriften vor. Leser haben sie dann selbst abgeschrieben oder getauscht.“
Viele der erhältlichen Spiele waren Kopien bekannter und beliebter Klassiker. „Wurmi“ ist mit dem modernen „Snake“ vergleichbar, „Automat“ simulierte einen „Einarmigen Banditen“ und „Castle“ war ein Adventure-Spiel, in dem eine Burg erforscht werden musste. Auch Brett- und Papierspiele wie „Schiffe Versenken“, Schach oder „Mastermind“ wurden digital umgesetzt. Ideenklau vom Klassenfeind war nicht verboten und westliche Hersteller konnten ihre Urheberrechte bis zur Wiedervereinigung nicht geltend machen. Im Frühjahr 1989 präsentierte die DDR auf der Leipziger Messe mit großem Stolz ihren 1-Megabit-Mikrochip. Die Ingenieurskollegen in Amerika und Japan dürften darüber gelächelt haben: Er war längst veraltet.