App-Gründerin im Interview

„Die größte Hürde war die Zeit”

von | 21. Dezember 2018

Wie entwickelt man eine App, die 80.000 User hat - von der Idee bis zur Umsetzung? Studierende aus Regensburg klären im Interview auf.

Katharina Hochmuth, Tim Hautkappe und Mario Pfaller sind ehemalige Studierende der Hochschule Regensburg und Gründer eines eigenen Unternehmens mit 80.000 registrierten Nutzern der dazugehörigen App. In einem schriftlichen Interview mit medienMittweida erklärt die 25-jährige Katharina Hochmuth, wie sie es geschafft haben, ihre Idee für die KommGutHeim-App umzusetzen und diese so erfolgreich zu führen, dass sie im App- und Google-Play-Store zu finden ist.

Wie entstand die Idee einer Sicherheits-App für den Heimweg?

Katharina Hochmuth: Die Idee der App stammt von mir. Ich bin für mein Studium Maschinenbau nach Regensburg in eine Mädels-WG gezogen. Dort ergab sich regelmäßig die Situation, dass jemand abends alleine unterwegs war. Das erzeugte bei Allen ein ungutes Gefühl, sodass wir uns immer telefonisch auf dem Heimweg begleiteten. Irgendwann kam dann die Frage auf, ob es denn keine App gibt, mit der man seinen Heimweg mit Freunden und Familie teilen kann.

Katharina Hochmuth im Interview mit medienMittweida. Foto: Katharina Hochmuth

Wie wurde die App letztendlich umgesetzt?

Hochmuth: Zu Beginn meines Bachelorstudiums im Wintersemester 2013/14 habe ich Tim und Mario kennengelernt. Tim erzählte uns, dass er Apps programmieren kann und an dem Startup-Wettbewerb „5-Euro-Business” teilnehmen will. Mario und ich hatten noch nie über die Gründung eines Startup-Unternehmens nachgedacht, fanden den Wettbewerb aber auch interessant. Als es dann um die Geschäftsidee ging, habe ich von meiner Idee der KommGutHeim-App erzählt.

Tim und Mario sowie die Betreuer vom Wettbewerb waren von meiner Idee direkt begeistert. Ebenso unser Wirtschaftspate, der uns beim Wettbewerb zugeteilt wurde und als Ansprechpartner für konkrete Fragen aus den Bereichen Wirtschaft, Marketing und Public Relations zur Verfügung stand. Er war ein Finanzberater aus Regensburg und hat direkt Kontakt zu einer Software-Entwicklungsagentur und einem Anwalt hergestellt. Mit der Software-Entwicklungsagentur konnten wir dann klären, ob die Idee technisch überhaupt umsetzbar ist. Der Anwalt sicherte uns die Erstellung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Datenschutzrichtlinien zu.

Innerhalb von vier Monaten haben wir die App umgesetzt und für iOS im App-Store veröffentlicht. Da bereits von Anfang an in Zeitungen und im Fernsehen von unserer App berichtet wurde, hatten wir ziemlich schnell ein paar tausend User. Beim „5-Euro-Business”-Wettbewerb belegten wir den ersten Platz. Den Gewinn haben wir als Startkapital für unsere Firma verwendet, die wir quasi direkt nachdem Wettbewerb gegründet haben.

Umfrage

Laut einer Emnid-Umfrage im Auftrag der „Bild am Sonntag“ glauben 58 Prozent der Frauen, öffentliche Orte seien unsicherer geworden.

Fast die Hälfte der Befragten gibt an, bestimmte Gebiete in ihrem Wohnort zu meiden.

Was war die größte Hürde, die euch im Weg stand?

Hochmuth: Die größte Hürde war die Zeit bei der technischen Umsetzung. Wir hatten ja schließlich nur vier Monate Zeit die App zu entwickeln. Tim hatte in der Schule schon in einer Softwareentwicklungs-Agentur gearbeitet und deswegen auch Erfahrung mit dem UX-Design (Anm. d. Red. Art der Produktinteraktion) und der technischen Umsetzung. Er hat deswegen in den vier Monaten fast keine Vorlesung besucht, sondern sich hauptsächlich auf die technische Umsetzung der App konzentriert. Es gab noch weitere kleinere Hürden mit denen wir konfrontiert wurden, aber nichts, was unser Vorhaben in Gefahr gebracht hätte.

Datenschutz

Zum Thema Datenschutz und Datenspeicherung sagt Katharina Hochmuth folgendes: „Die Daten werden zwei Wochen gespeichert und dann gelöscht.”

Wie habt ihr Sponsoren und Partner gefunden?

Hochmuth: Einerseits haben wir Sponsoren und Partner durch den Wettbewerb gefunden, andererseits auch durch eine Dozentin unserer Hochschule. Sie ist Unternehmensberaterin in Regensburg und hat sehr viele wichtige Kontakte hergestellt. Beispielsweise zu einer Medienagentur, die unser Video gemacht hat sowie einige namhafte Sponsoren, die Heimwege für Werbung in unserer App gekauft haben, um uns bei der Entwicklung zu unterstützen und einen Beitrag zur allgemeinen Sicherheit zu leisten.

Programmierung

Die App “KommGutHeim” wurde alleine von Tim Hautkappe hybrid programmiert. Das heißt, sie wurde mit Technologien wie HTML, CSS und der Programmiersprache JavaScript entwickelt. Zuerst für iOS, danach für Android.

Wie funktioniert die App „KommGutHeim”?

Hochmuth: Mit Hilfe unserer App kann man seinen Standort mit ausgewählten Kontakten für eine bestimmte Strecke teilen. Die Begleiter werden über eine Push-Nachricht informiert, wenn der User losgeht und ankommt. Sie können den Standort und die zurückgelegte Strecke sehen. Außerdem bekommen sie Informationen über die Geschwindigkeit und den Akkustand. Der Heimgeher kann sehen, welcher eingeladene Kontakt ihm aktiv zuschaut. Ziel der App ist, dass sich der User wohl und in Sicherheit fühlt. Im Ernstfall kann man einen Notfall-Button drücken. Dann erscheint ein Countdown von drei Sekunden. In der Zeit kann der Notruf noch abgebrochen werden. Zieht man seinen Notruf nicht zurück, werden fünf ausgewählte Kontakte per Push-Nachricht über den Notruf informiert. Dabei werden den Begleitern Adresse und genaue Koordinaten des Standorts durchgegeben. Die Route wird weiterhin getrackt.

Die kostenlose KommGutHeim-App ist eine digitale Begleitung auf dem Heimweg.

Wie ist die Reaktion der Bevölkerung auf die App?

Hochmuth: Die Reaktion der Bevölkerung ist sehr gut vor allem von jungen Menschen und Eltern. Dass wir Technik dafür nutzen mehr Sicherheit zu gewähren, begeistert viele. Negative Bewertungen prallen mittlerweile komplett an uns ab. Schließlich haben wir mittlerweile 80.000 registrierte Nutzer und bekannte Konkurrenz. Die Firma Bosch und die AXA Versicherung haben mittlerweile eine App mit ähnlichen Funktionen auf den Markt gebracht.

Gab es schon Vorfälle, die durch die App verhindert werden konnten?

Hochmuth: Davon wissen wir nichts konkretes. Eine Story war dabei, die wir toll fanden: Eine Mutter hat uns geschrieben, dass sie ihr Kind, das Down-Syndrom hat, durch die Begleitung mit unserer App das erste Mal alleine in die Stadt hat fahren lassen.

Text: Michelle Kayser | Fotos: Katharina Hochmuth
<h3>Annika Braun</h3>

Annika Braun

studiert Medienmanagement an der Hochschule Mittweida in der Vertiefung Journalismus und ist 21 Jahre alt. Als Chefredakteurin bei medienMITTWEIDA ist sie in diesem Semester für die inhaltliche Leitung der Redaktion verantwortlich. Erste journalistische Erfahrungen machte Annika zwischen Abitur und Studium im Lokalradio und -redaktion in ihrer Heimat Bayern. In Mittweida ist sie derzeit noch beim Radio in der Sportsendung zu hören, außerdem hat sie mit sieben Kommilitonen ein Journalismus-Startup gegründet, das Nachrichten für soziale Netzwerke aufbereitet.