Jobperspektive

„Wenn plötzlich Delfine neben dem Schiff schwimmen“

von | 12. Juli 2024

Die Welt bereisen und dafür bezahlt werden. Hier erfahrt ihr, wie das geht.

Elias Jacobi ist 30 Jahre jung und gelernter Mediengestalter für Bild und Ton. Seit 2021 arbeitet er für ein namhaftes Kreuzfahrtunternehmen als TV-Operator. Im Interview mit medienMITTWEIDA teilt er seine persönlichen Erfahrungen und gibt Tipps für interessierte Seefahrer*innen in spe.

Wie bist du zu deinem jetzigen Job gekommen?

Ich habe damals in der Berufsschule in Stuttgart einen Aushang von meinem jetzigen Arbeitgeber gesehen, auf dem stand: „Entdecke die Welt als TV-Operator“. Und da ich gerne unterwegs war und bin, habe ich mir irgendwann gedacht „Hey, das wäre doch eigentlich ganz schön, mehrere Leidenschaften miteinander zu verbinden“.

Welche Tätigkeiten umfassen deine Arbeit?

Tatsächlich ganz verschiedene. Rein auf den Job bezogen, sitze ich im TV-Studio und führe die bordeigene Produktion durch. Das heißt, ich sitze in der Regie und bestimme, welche Kameras live geschaltet werden. Zudem bediene ich „Show Control“. Das ist eine Software, mit der wir gewisse Shows, wie beispielsweise „Wer wird Millionär?“ auf dem Schiff übertragen. Außerdem bin ich als Bildregisseur tätig. Da schreibe ich Drehpläne für unseren hauseigenen Reisefilm. In diesem Plan wird genau festgehalten, wer was wann wie macht und dreht. Zusätzlich hat Jede*r an Bord auch noch eine Sicherheitsaufgabe, da man nach wie vor auch als Seefahrer unterwegs ist. Unter diesem Aspekt bin ich als Passport Carrier unterwegs. Das heißt, im Ernstfall laufe ich gewisse Stationen auf dem Schiff ab und sammle Pässe und Medikamente ein, um diese dann anschließend an die jeweiligen Stellen weitergeben zu können.

Welche anderen Jobs im Medienbereich gibt es noch auf einem Kreuzfahrtschiff?

Da gibt es einige, beispielsweise Licht-, Ton- oder Bühnentechniker*innen. Es gibt aber auch Redakteur*innen für die tägliche Zeitung oder das tägliche Programm auf dem Schiff. Das Jobangebot ist also tatsächlich relativ vielfältig und für jede*n ist hier was mit dabei.

Wie sind die Arbeitszeiten geregelt?

Meine Arbeitszeiten sind unterschiedlich. Denn zum einen gibt es Landtage, an denen die Gäste draußen sind und die jeweiligen Orte erkunden. Zum anderen gibt es Seetage, an denen möchte natürlich an Board etwas geboten sein. Das heißt, an diesen Tagen habe ich meistens etwas mehr zu tun. Ich kann mir aber teilweise meinen Tag auch selbst einteilen, zum Beispiel wenn ich einen Film oder Beitrag schneiden muss. Aber es gibt auch feste Shows mit festen Arbeitszeiten.

Wie lange bist du immer von zu Hause weg?

Auch das ist unterschiedlich. Ich persönlich mache selten längere Verträge als 2 Monate. Es gibt aber auch Kollegen, die nur vier oder sechs Wochen auf dem Schiff bleiben. Der Durchschnitt ist aber zwischen zweieinhalb bis vier Monate von zu Hause weg.

Wie steht es um die finanzielle Vergütung?

Das Gehalt variiert natürlich je nach Position. Es gibt Leute, die verdienen 1.900 Euro Netto, andere verdienen 2.400 Euro. Es gibt aber auch Offiziere, die verdienen 3.800 Euro, also es ist wirklich unterschiedlich. Was man aber auch immer bedenken muss, ist dass man hier natürlich an Dingen wie dem Essen sparen kann. Das Essen ist hier kostenlos, selbst wenn man einen Job hat, bei dem man nicht so viel verdient, bleibt am Ende des Monats doch mehr hängen als man denkt. Weil man halt auch insgesamt einfach nicht so viel ausgibt wie zu Hause.

Woher weißt du, wann dein nächster Arbeitseinsatz ist?

Das wird ganz normal mit den Kollegen landseitig abgeklärt. Da wird dann gefragt, wann man wieder fahren möchte oder kann und so wird man dann auf ein jeweiliges Schiff zum jeweiligen Zeitpunkt eingeteilt. Wenn ich jetzt beispielsweise absteige, dann kann es sein, dass ich in ein oder zwei Monaten wieder auf das Schiff muss. Ich kann aber auch von mir aus sagen, dass ich aktuell nicht fahren möchte und dann wird mir auch erstmal kein Vertrag angeboten. Es gibt aber auch Kolleg*innen, die fest angestellt sind. Die sind dann meistens nur so zwischen drei und sechs Wochen zu Hause. Ich persönlich bin festfrei, das heißt, ich fahre immer nur dann, wenn ich möchte und wenn es einen freien Slot gibt.

Arbeitest du jedes Mal mit unterschiedlichen Leuten zusammen?

Es kommt immer ganz darauf an. Man begegnet schon auch häufig mal Kolleg*innen von anderen Schiffen oder aus alten Verträgen. Nichtsdestotrotz gehört es dazu, immer wieder in einem neuen Umfeld mit neuen Kolleg*innen zu arbeiten. Und wie in jedem anderen Unternehmen hat man da mal mehr Glück und mal weniger. Aber selbst wenn man sich mit dem ein oder der anderen* vielleicht mal weniger versteht, gibt es da auf professioneller Ebene nie wirklich Probleme. Wir sitzen letztlich alle im selben Boot und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der nötige Respekt ist da auf jeden Fall immer gegeben, auch innerhalb der Abteilungen.

Wie international ist so eine Schiffscrew?

Wir haben 20 bis 30 Nationen an Bord. Davon sind vor allem viele aus Indien oder den Philippinen. Aber auch Deutsche, Ukrainer, Malaysier und ganz viele andere, die ich jetzt nicht aufzähle. Die Crew ist schon sehr international und untereinander sprechen wir natürlich Englisch, außer, mit den deutschen Kolleg*innen und den deutschen Gästen. Da kann man sich dann natürlich auch mal wieder in seiner Muttersprache unterhalten.

Welche Voraussetzungen muss man für diese Arbeit mitbringen?

Man muss eine Seediensttauglichkeit bestehen, das bedeutet, man wird vom Arzt gecheckt, ob man gesund ist und ob man rein physisch für die Arbeit auf See gemacht ist. Und wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, dann bekommt man seine Seediensttauglichkeit bescheinigt. Die legt man dann der Firma vor und schon kann es losgehen.

Siehst du persönlich auch Nachteile an deinem Job?

Klar, man ist natürlich schon immer eine ganze Zeit lang weg von zu Hause. Alles was man daheim so machen würde, bleibt hier ein bisschen auf der Strecke. Man sieht seine Familie und Freunde nicht. Außerdem ist es vorgegeben, wann man wo zu sein hat. Auf dem Schiff folgt alles einer gewissen Struktur, was auch richtig ist, sonst würde das Ganze nicht funktionieren. Aber ja, man ist halt Teil eines großen Systems und muss sich auch gewissen Umständen einfach fügen, damit die Abläufe hier funktionieren.

Wirkt sich die lange Abwesenheit sehr auf die sozialen Kontakte aus?

Ja, das wirkt sich auf jeden Fall stark auf mein persönliches Umfeld aus. Denn man sieht seine Lieben länger nicht und das kann natürlich auch mal dafür sorgen, dass man sich ein wenig aus den Augen verliert. Trotzdem gibt es Social Media und Co. Das macht das Ganze natürlich etwas erträglicher. Man kann sich Fotos schicken oder videotelefonieren. Aber gerade wenn man in einer Partnerschaft ist, ist das ein Aspekt, den man beachten sollte, wenn man diesen Job machen möchte.

Warum machst du den Job trotzdem so gern?

Weil man dadurch so viele Länder, Städte und Orte entdecken kann. Der Horizont wächst hier ungemein. Man verlässt einfach mal sein sicheres Umfeld. Zu Hause geht man seine Wege und weiß, wo der nächste Supermarkt ist. Hier kommt man in einem Hafen an und entdeckt alles für sich neu und das auch immer wieder zum ersten Mal. Diese ganze Abwechslung finde ich einfach echt schön. Ich genieße ganz gerne meinen Kaffee direkt an Deck und blicke dabei aufs Meer. Das hat man sicher nicht bei jeder Firma. Auch diese schönen Sonnenauf- und Untergänge, die ich täglich am Horizont sehe, beeindrucken mich immer wieder. Man muss sich hier auch der ganzen kleinen Momente bewusstwerden. Dann kann man auch wahnsinnig viele Vorteile hier herausziehen und zahlreiche schöne Erinnerungen sammeln.

Hast du eine Lieblingserinnerung bisher?

Ich habe schon so viele tolle Momente erlebt, da ist es schwer, sich für einen einzigen zu entscheiden. Ich habe mal eine Helikopter-Tour über die Stadt Sydney gemacht. Das war sehr beeindruckend. Aber auch Norwegens Fjordlandschaften, die Einsamkeit, die Berge, die Natur und das klare Wasser faszinieren mich immer wieder. Oder wenn plötzlich Delfine neben dem Schiff schwimmen, ist das auch immer wieder besonders zu sehen. Das sind alles so tolle Erinnerungen, da könnte ich mich gar nicht für eine entscheiden.

Hast du irgendwelche Tipps für jemanden, der*die sich vorstellen könnte, selbst mal auf einem Schiff zu arbeiten?

Der allerbeste Tipp ist eigentlich, es einfach zu machen. Die ersten zwei bis drei Wochen können hart und anstrengend sein, weil das ganz neue Erfahrungen sind, die man hier macht. Ich sage immer, man wird ein wenig neu verdrahtet. Die Gänge, die man geht, die Dinge, die man tagtäglich tut, das ist einfach ein anderes Leben als an Land. Wenn man sich darauf einlassen möchte, abenteuerlustig ist und  natürlich auch Lust auf die Seefahrt hat, dann sollte man das einfach mal ausprobieren. Vom Job her würde ich den Leuten empfehlen, Scout oder Biking Guides zu werden. Denn die sind immer draußen auf Ausflügen mit den Passagieren, da sieht man am meisten von der Welt. Aber egal für welchen Job man sich auf einem Schiff entscheidet, es ist definitiv eine krasse Erfahrung und auch nicht ganz ohne. Aber es macht was mit einem und man nimmt unheimlich viel mit, auch fürs spätere Leben.

Text: Antonio Friese da Silva / Titelbild: Pixabay

<h3>Antonio Friese da Silva</h3>

Antonio Friese da Silva

ist 32 Jahre alt und studiert derzeit im 4. Semester Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Seit dem Sommersemester 2024 engagiert er sich als Technik Chef bei medienMITTWEIDA.