Artikelstream auf Facebook – ein unmoralisches Angebot?

von | 26. Mai 2015

Facebook rüstet auf und startet die Testphase zum neuen Angebot „Instant Articles“. Bisher sind neun Medienhäuser dazu bereit, bestimmte Inhalte direkt auf Facebook zu veröffentlichen. Doch geben die Medien dadurch […]

Facebook rüstet auf und startet die Testphase zum neuen Angebot „Instant Articles“. Bisher sind neun Medienhäuser dazu bereit, bestimmte Inhalte direkt auf Facebook zu veröffentlichen. Doch geben die Medien dadurch zu viel Selbstkontrolle ab oder bietet das Angebot auch Chancen?

SPIEGEL ONLINE, BILD, New York Times, BBC oder Guardian. Große Medienunternehmen, die sich mit ihren digitalen Inhalten fester an Facebook binden wollen. Der Internetriese bietet bald so genannte „Instant Articles“ an – Onlinebeiträge der oben genannten Medien. Der Unterschied zu den üblichen Beiträgen ist der, dass es keinen weiterführenden Link zu den Websites der Onlinemagazine gibt, sondern die Beiträge vollständig im sozialen Netzwerk gelesen werden können.

Laut SPIEGEL ONLINE punktet der neue Dienst klar mit seiner Benutzerfreundlichkeit: „Für die Nutzer liegt der Vorteil vor allem in reduzierten Ladezeiten innerhalb der Smartphone-App: Die Inhalte werden direkt von Facebook ausgeliefert.“

Doch wie sieht es mit der Reichweite der Medien aus, wenn die Nutzer plötzlich nicht mehr auf den eigenen Webangeboten unterwegs sind? Im Interview mit medienMITTWEIDA erklärt Georg Altrogge von absatzwirtschaft.de, dass die Verlagshäuser durch diese Kooperation möglicherweise mehr Leser gewinnen:

„Nach meinen Informationen wird es möglich sein, dass die Medien Zähl-Pixel in die Artikel einbauen und den Traffic somit auch zum Beispiel über die IVW ausweisen können. […] Außerdem erlaubt es Facebook, dass die ‚Instant Articles‘ von Lesern auch über Twitter geteilt werden.“

Auch aus finanzieller Sicht scheint es sich für die Medienpartner zu lohnen, da die „Instant Articles“ zu 100 Prozent von ihnen vermarktet werden könnten, so Altrogge. Sie seien eine Ergänzung zu bereits bestehenden, sehr reichweitenstarken Web-Präsenzen der Medienhäuser.

„Ein Handicap dürfte darin bestehen, dass mobiler Traffic – also wie die ‚Instant Articles‘ – noch nicht die bei der Vermarktung stationärer Web-Inhalte üblichen Preise erzielt.“

Omnipräsentes Facebook?

Facebook scheint für Nutzer und die Medien einen guten Deal vereinbart zu haben. Zumindest scheinen die teilnehmenden Partner zuversichtlich. Doch was hat der Internetriese davon?

Ein Vorteil scheint klar: Die Nutzer verbringen weniger Zeit auf anderen Seiten und konzentrieren sich noch mehr auf Facebook – die Verweildauer steigt weiter. Nachrichtenseiten und Onlineangebote der Medienhäuser müssten gar nicht mehr angesteuert werden, meint auch Altrogge.

Demnach müssten die großen Medien diesem Trend folgen und hätten dadurch kaum eine andere Wahl, als ihr Angebot an „Instant Articles“ zu steigern. Was wiederum eine neue Frage aufwirft: Wie viel Macht wird Facebook dadurch über die teilnehmenden Medien haben?

„Tatsache ist, dass Medienhäuser, die bei „Instant Articles“ dabei sind, Selbstständigkeit abgeben und faktisch auch einräumen, dass Facebook die Mobiloptimierung ihrer Inhalte besser erledigen kann als sie selbst.“

Die Teilnehmer seien jedoch zuversichtlich, dass es sich um eine „Win-Win-Situation“ handelt, so Georg Altrogge.

Dazu käme laut dem Onlineangebot der Süddeutschen Zeitung, dass niemand wisse, in welche Richtung sich diese neue Vermarktungsart entwickelt. Am Anfang würden die Medienpartner noch den größten Teil der Werbeerlöse erhalten. Später wäre es Facebook möglich – wenn es alle großen Verlage als Partner gewonnen hat – sich selbst „ein größeres Stück vom Werbekuchen abzuschneiden.“

„Es muss aber auch festgehalten werden, dass dies nur so lange gilt, wie Facebook die Nutzungsbedingungen nicht grundlegend verändert oder verschärft.“

Text: Johannes Pursche. Beitragsbild: geralt unter CCO Public Domain. Bearbeitung: Christine Wolf.

<h3>Johannes Pursche</h3>

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