Die bestehenden Differenzen zwischen Industrie- und Schwellenländern beim Klimaschutz scheinen auch nach zweijähriger Vorbereitung auf den Klimagipfel in Kopenhagen nicht überwunden zu sein. In Barcelona brachten die fünftägigen Verhandlungen der letzten formellen Vorkonferenz weder Fortschritte in der Diskussion um die Verminderung von Emissionen, noch bei der geplanten Finanzhilfe für die ärmeren Nationen. Für Länder wie Indien und China sind der wirtschaftliche Aufschwung und die Teilhabe am Wohlstand vorerst wichtiger als der Klimaschutz. Dem eigentlichen Ziel, den Verhandlungstext für ein Abkommen in Kopenhagen zusammenzufassen, sind die Delegationen nicht näher gekommen.
Novemberwochen ohne Ergebnisse
Mit vor Ort in Beobachterfunktion sind die Mitarbeiter von 350.org, einer global agierenden Kampagne, die sich zum Ziel gesetzt hat, auf die Herausforderungen der Klimakrise aufmerksam zu machen und gemeinsame Lösungsansätze zu finden. „Die Konferenz in Barcelona hat gezeigt, dass es jetzt gerade darum gehen sollte, unsere Forderungen noch klarer zum Ausdruck zu bringen. Wir können nicht unsere Erwartungen an Kopenhagen dämpfen. Ein international verbindlicher Klimavertrag ist immer noch möglich“, erklärt Diana Vogtel, die Sprecherin von 350.org in Deutschland gegenüber medien-mittweida.de.
Während des gesamten Jahres führte 350.org Aktionen durch, um an die Verantwortung der Regierungsvertreter zu appellieren. Die größte Veranstaltung war der internationale Klima-Aktionstag am 24. Oktober dieses Jahres. Weltweit versammelten sich Menschen in 181 Ländern zu 5.200 Demonstrationen und Aktionen, um gemeinsam etwas zu bewirken und Druck auf die Politiker auszuüben, die über die Zukunft unseres Planeten entscheiden sollen.
Schritt für Schritt
Eine wichtige Zahl dieser Erde, nach der sich die Umweltkampagne benannt hat, ist die 350: 350 parts per million (ppm) gilt als das Maximum an Kohlenstoffdioxid, das in unserer Atmosphäre vorhanden sein sollte. Derzeit liegt der Kohlenstoffdioxid-Gehalt bereits bei 390 ppm, was laut 350.org vorrangig an der überdurchschnittlichen Verbrennung fossiler Brennstoffe in den Industrieländern liegt.
Über das Internet versucht 350.org viele Menschen mit ihrer Botschaft zu erreichen und ein globales Umweltbewusstsein in den Köpfen der Menschen zu verankern. Ein Team von rund 30 regionalen Koordinatoren organisiert die Aktionen, die von über 300 Partnerorganisationen weltweit unterstützt werden. Immer steht die Zahl 350 im Mittelpunkt – ob bei Demonstrationen, Paraden oder zahlreichen künstlerischen Umsetzungen unter freiem Himmel, sogenannten Aerial Art Events. Die Botschaft für Kopenhagen ist klar: „Wir fordern von unseren Politikern, dass sie ein international verbindliches Klimaschutzabkommen unterzeichnen, welches die letzten klimawissenschaftlichen Erkenntnisse widerspiegelt und uns auf 350 ppm zurückbringen wird“, bringt Diana Vogtel die Forderung von 350.org auf den Punkt. Rund 40 Mitarbeiter der Kampagne werden in Kopenhagen den Kongress beobachten.
Der Bedeutung dieser Konferenz ist sich auch das Bundesumweltministerium bewusst. Gegenüber der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ betonte Bundesumweltminister Norbert Röttgen: „Ich glaube an einen Erfolg in Kopenhagen. […] Wir vereinbaren, wie wir leben wollen, weil wir sonst nicht überleben.“ Doch die 21 Staats- und Regierungschefs, darunter auch der USA und Chinas, machten letzte Woche beim asiatisch-pazifischen Wirtschaftsforum in Singapur deutlich, dass das Zustandekommen eines international gültigen Klimaschutzabkommens in Kopenhagen nicht mehr möglich sei. Es bleibt abzuwarten, ob der Weg zurück zur 350 tatsächlich noch zu schaffen ist.