Außergewöhnliche Klänge im Abo

von | 30. November 2009

Stephan Marche betreibt den Online-Dienst DETUNIZED.COM. "Alles, was irgendwie klingt und Geräusche macht" möchte er einfangen, um es mit Hilfe des Computers in spielbare Instrumente zu wandeln. medien-mittweida.de sprach mit dem 35-Jährigen.

Ein Leben für die Klänge dieser Welt. Spricht Stephan Marche über seine Leidenschaft, wird er auch mal philosophisch. Nach einem dreiviertel Jahr Vorbereitung ist der Dresdner mit seinem englischsprachigen Online-Angebot an den Start gegangen und biete der Welt einen reichen Fundus an Tönen und Geräuschen.

Stephan, was steckt genau hinter deinem Angebot auf DETUNIZED.COM?

Es handelt sich um diverse Erweiterungen für die Ableton-Live-Sound-Library. Ableton Live ist der erste Softwaresequenzer, der das zeitlich lineare Konzept beim Produzieren von Musik und Klangevents aufbricht und damit höchste Flexibilität für musikalische Live-Performances, für die Nachvertonung von Videos und für Sounddesigns bietet.

Den Kern von Ableton Live bildet dabei die Soundlibrary. Diese beinhaltet neben einer Reihe von Instrumenten und Effekten eine große Auswahl an Presets, Audio- und MIDI-Clips. Für diese Library produziere ich themenspezifische Inhalte in Form von Live-Packs. Durch die unkomplizierte Handhabung dieser Live-Packs kann der User seine Soundlibrary somit schnell und einfach erweitern.

Das hört sich nach einem Nischenangebot für Sounddesigner und Musiker an. Wie bist du auf diese Idee gekommen?

Ich bin schon immer vom Klang und seiner strukturellen Zusammensetzung fasziniert. In dem Versuch ein naturgegebenes, physikalisches Ereignis zu parametrieren, also beschreib- und damit beeinflussbar zu machen, sehe ich eine spannende Herausforderung. Bei meiner Arbeit als Videoeditor ist mir zudem aufgefallen, dass die meisten Sound-Libraries zu starr und unflexibel sind, denn sie bestehen oft aus fertigen Takes und Liedstrukturen. Bei meinem Angebot kann man aufgrund der flexiblen Struktur der Live-Packs viel facettenreicher und trotzdem schnell reagieren. Die Liebe und die Notwendigkeit zum Klang, gepaart mit dem innovativen Live-Library-Konzept, haben mich also schließlich auf die Idee gebracht DETUNIZED.COM ins Leben zu rufen.

Woher bekommst du all die angebotenen Klänge?

Ich bin ständig auf der Suche nach neuen Klängen. Entweder ziehe ich durch Abrisshäuser, in der Hoffnung, dort Dinge zu finden, die verwertbaren Klang erzeugen. Oder ich bereise Flohmärkte in ganz Europa, um nach interessanten Klangkörpern zu suchen. Inspirieren lasse mich auch von Artikeln in der Kunst- und Fachpresse und dem Internet.

Was ist der nächste Schritt, nachdem du genügend Aufnahmen für eine neue Veröffentlichung gesammelt hast?

Dann erfolgt die „Sichtung“ des Materials – manches wird gelöscht, anderes geht in die Nachbearbeitung. Es folgen diverse Abläufe, um den Prozess auf ein notwendiges formales Niveau zu heben: Da spielen technische Kenndaten eine Rolle und administrative Dinge müssen erledigt werden. Dann beginnt der kreative Teil der Arbeit. Ich kann diese Klänge nun ganz nach meinen Vorstellungen weiter bearbeiten oder verfremden und so ein neues Live-Pack zusammenstellen.

Wie vermarktest du deine Live Packs schließlich?

DETUNIZED.COM funktioniert – ähnlich wie ein Printmagazin – sowohl im Abonnement, als auch per Einzelkauf. Jeden Monat veröffentliche ich ein neues Live Pack, welches dann für circa 60 Tage zum günstigen Abo-Preis zur Verfügung steht. Dieses Abonnement beinhaltet keinerlei Pflichten und ist jederzeit kündbar. Außerdem kann jede Veröffentlichung jederzeit als Einzel-Download erworben werden.

Wer nutzt das Angebot beziehungsweise wer ist die Zielgruppe deiner Live Packs?

DETUNIZED.COM hebt sich von anderen Angeboten ab, denn der Nutzer muss nicht hunderte Euro für eine konventionelle Library ausgeben, sondern er darf mit meinen Live Packs nach Belieben weiterarbeiten. Somit ist mein Angebot interessant für Musiker, Leute aus Theater und TV, Sounddesigner oder auch Schuleinrichtungen und jede Form von Musik-Freaks.

Thema GEMA: Muss der Nutzer, für die von dir erworbenen Klänge Abgaben für Herstellung und Nutzung leisten?

Da es sich bei meinen Live Packs nicht um fertige Musik, sondern um wertvolle Rohstoffe zur Weiterveredelung handelt, kommt das Thema GEMA nicht zum Tragen. Mit jedem meiner Live Packs erwirbt der Käufer das Recht, die enthaltenen Klänge in seinen eigenen kreativen Kontext zu setzen und diese Ergebnisse seiner Arbeit wiederum kann er kommerziell verwerten.

Klänge sind im weitesten Sinn dein Leben. Dennoch wird es eine Art Verpflichtung, wenn du jeden Monat produzieren musst. Pflicht macht bekanntlich unkreativ. Wie ist das bei dir?

Diese Befürchtung hatte ich zugegebener Maßen am Anfang auch, sie hat sich jedoch zum Glück als unsinnig herausgestellt. Arbeite ich an einer Veröffentlichung, recherchiere ich parallel schon die nächste oder unterbreche den Editierprozess für weitere Aufnahmen. So bin ich gedanklich immer auf mehreren Baustellen unterwegs. Außerdem mache ich mit jedem Live Pack neue Erfahrungen, die dann in spätere Arbeiten mit einfließen oder mich gänzlich neue Ideen für Veröffentlichungen entwickeln lassen.

Das Interview führte Andreas Hiekel.

<h3>Florian Tillack</h3>

Florian Tillack