26. BAföG-Änderungsgesetz

Reich, reicher, Studierende?

von | 7. Juni 2019

Kaviar, Trüffel und Champagner in der Mensa - Schwimmen Schüler und Studierende bald im Geld?

782.000 Personen erhielten laut dem Statistischen Bundesamt 2017 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Die Schüler und Studierenden können im Herbst 2019 mit mehr Geld rechnen. Für diejenigen, die noch keine BAföG-Leistungen beziehen, könnte sich ein BAföG-Antrag im kommenden Semester und Schuljahr lohnen.

Wodurch ergeben sich Änderungen in der Ausbildungsförderung?

Am 17. Mai 2019 hat der Deutsche Bundestag das 26. BAföG-Änderungsgesetz beschlossen. Die Änderungen sollen im kommenden Schuljahr für Schüler und im Wintersemester 2019/2020 für Studierende in Kraft treten. Laut dem Deutschen Bundestag lobte die Mehrheit der Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung diese Änderung, kritisierte aber, dass sie nicht weit genug gehe.

Wird ab Winter 2019 ein größeres Portemonnaie benötigt?

49 Prozent der BAföG-Empfängerinnen und –Empfänger erhielten, laut dem Statistischen Bundesamt, 2017 eine Vollförderung, also den maximalen Förderbetrag. Dieser liegt derzeit bei 735 Euro und soll mit dieser Gesetzesänderung im Wintersemester 2019/2020 auf 853 Euro steigen. Zum Wintersemester 2020/21 soll dieser um weitere acht Euro erhöht werden. Die dazugehörige Pauschale für Wohnkosten steigt von 250 Euro auf 325 Euro ab dem Wintersemester 2019/20. Weiterhin werden im 26. BAföG-Änderungsgesetz die höheren Beiträge in der Krankenversicherung für Studierende über 30 Jahre berücksichtigt. Diese erhalten zukünftig finanziell mehr Unterstützung. Der Kinderbetreuungszuschlag steigt durch die Gesetzesänderung um zehn Euro auf 140 Euro pro Monat und Kind unter 14 Jahre. Zum Wintersemester 2021/2022 soll dieser auf 150 Euro je Monat und Kind erhöht werden.

Bedarf/Pauschale für Studierende seit 2016 WS'19 WS'20
Grundbedarf 399€ 419€ 427€
+Wohnpauschale 250€ 325€
+Zuschlag KV/PV 86€ 109€ (ü30: 189€)
= BAföG-Höchstsatz 735€ 853€ 861€

Dürfen die Eltern nach einer Gehaltserhöhung beim Chef fragen?

Die BAföG-Förderung ist abhängig vom Elterneinkommen. Im 26. BAföG-Änderungsgesetz ist eine Anpassung der Grundfreibeträge geplant. Angemessene Lohnsteigerungen der Eltern sollen nicht mehr zur Senkung der BAföG-Leistung führen. Der Grundfreibetrag für Eltern soll bis zum Wintersemester 2021 um 16 Prozent erhöht werden. Momentan dürfen verheiratete oder in einer Lebenspartnerschaft verbundene Eltern laut Bundesausbildungsförderungsgesetz einen Freibetrag von 1715 Euro und jedes Elternteil in sonstigen Fällen 1145 Euro Freibeträge vom Einkommen vorweisen.

Kann nun mehr für kurz- oder längerfristige Träume angespart werden?

Der Vermögensfreibetrag wird ab Wintersemester 2020/2021 auf 8200 Euro erhöht. Bisher wird eine Rücklage ab 7500 Euro bei der Berechnung der BAföG-Leistung berücksichtigt. Für Unterhaltspflichtige erhöht sich der Vermögensfreibetrag um 200 Euro auf 2300 Euro.

Keine Angst mehr vor Verschuldung?

Die Rückzahlung muss laut Bundesausbildungsförderungsgesetz fünf Jahre nach Ende der Förderungshöchstdauer beginnen und normalerweise innerhalb von 20 Jahren beglichen werden. Die BAföG-Schulden können auf einmal oder in dreimonatigen Raten bezahlt werden. Zwar wird die neue Regelrate von 105 Euro auf 130 Euro im Monat erhöht, jedoch ist der Studierende oder Schüler nach 77 Monatsraten endgültig schuldenfrei. Dabei ist egal, wie hoch das ursprüngliche Darlehen war. Künftig sind auch die Schüler und Studierenden, die wegen eines geringeren Einkommens nur zu niedrigeren Monatsraten herangezogen werden können, nach 77 Monaten schuldenfrei. Weiterhin soll auch denen die Restschuld endgültig erlassen werden, die trotz nachweisbaren Bemühens innerhalb von 20 Jahren keine 77 Raten bezahlen können. Außerdem wird die Förderungsart des Bankdarlehens in ein zinsloses Staatsdarlehen geändert. Dadurch wird es Studierenden ermöglicht, die Rückzahlung im Anschluss an die normalen BAföG-Schulden mit denselben Konditionen zu tilgen.

Warum genau 77 Monatsraten bei Rückzahlungspflicht?

Laut Bundesministerium für Bildung und Forschung erklärt sich die Begrenzung daraus, dass bei regulärer Tilgung eine Darlehensschuld in Höhe von etwa 10.000 Euro abbezahlt ist, wie sie auch schon nach geltendem Recht maximal zurückgezahlt werden muss.

Nur ein Tropfen auf dem heißen Stein?

Laut einer Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie im Auftrag des Deutschen Studentenwerks wären zur Deckung des Grundbedarfs vielmehr 500 bis 550 Euro erforderlich, also eine Steigerung des derzeitigen Betrages von 399 Euro um 25 bis 38 Prozent. Der Bedarfssatz wird auch kein drittes Mal angepasst, wie beispielsweise die Freibeträge 2021. Kritisiert werden, laut der Süddeutschen Zeitung, immer wieder die pauschalen Beiträgen für das Wohnen. Diese sind für alle Studierenden deutschlandweit gleich hoch, obwohl die Mieten in Städten unterschiedlich sind. Weiterhin wäre eine regelmäßigere Anpassung der BAföG-Leistung wünschenswert. Eine weitere BAföG-Änderung ist nach dieser Legislaturperiode ausgeschlossen, dadurch wird die nächste frühestens 2022 zu erwarten sein.

„Wo Studienfinanzierung versagt, wird am Nötigsten gespart. Bei den einkommensschwächsten Studierenden liegen laut DSW die Ausgaben fürs Essen zum Teil unter dem physiologischen Existenzminimum. Das ist eine Schande für unser reiches Land. Das BAföG muss zum Leben reichen.“

Kai Gehring

Sprecher für Forschung, Wissenschaft und Hochschule (Bündnis 90/Die Grünen) in einer Bundestagsrede

Was schlägt die Opposition vor?

Antrag der AfD

Die AfD-Bundestagsfraktion will das BAföG auch künftig als individuelle Ausbildungsförderung gewähren. Es solle als Zuschuss mit bis zu 485 Euro monatlich so lange gewährt werden, wie die Ausbildungsleistungen den Anforderungen eines ernsthaften Bemühens um Ausbildungserfolg und -abschluss genügen. Die BAföG-Förderung soll weiterhin abhängig vom Einkommen der Eltern sein.

Der bildungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagfraktion, Dr. Götz Frömming, erläutert den Antrag der Fraktion in der Mitteilung: „Wir wollen jungen Menschen aus sozial schwächeren Familien die Chance geben, ein Hochschulstudium aufzunehmen, ohne Angst davor zu haben, sich noch vor Eintritt ins Berufsleben zu verschulden. Für uns ist es wichtig, dass das BAföG nach wie vor eine Sozialleistung bleibt und damit eine vom Einkommen der Eltern abhängige Förderung.“

Antrag der FDP

Die FDP will eine Förderung unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Eltern. Das BAföG solle aus kombinierbaren Bausteinen bestehen. Der nicht rückzahlungspflichtige BAföG-Sockel sei der monatliche Vollzuschuss von 200 Euro. Weiterhin solle es eine monatliche Förderung in Höhe von 200 Euro geben, wenn Studierende mindestens zehn Wochenstunden in  einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung, einem anerkannten Ehrenamt tätig oder durch die Pflege naher Angehöriger oder die Erziehung eigener Kinder gebunden sind. Das Einkommen einer vergüteten Nebentätigkeit solle bis 500 Euro pro Monat anrechnungsfrei gewährt werden. Des Weiteren bestehe die Möglichkeit zur Aufnahme eines flexiblen, zinsfreien BAföG-Darlehens. Die Höhe der maximal möglichen Inanspruchnahme des BAföG-Darlehens betrage 1.000 Euro pro Monat abzüglich des im jeweiligen Monat in Anspruch genommenen BAföG-Sockels und des BAföG-Zuschusses.

Antrag der Linken

Die Linke fordert eine elternunabhängige, rückzahlungsfreie Ausbildungsförderung. Der BAföG-Fördersatz für den Grundbedarf sei auf 560 Euro zu erhöhen, um das soziokulturelle Existenzminimum auch für Auszubildende realistisch zu gewährleisten. Die Wohnpauschale solle den örtlich unterschiedlichen Mietniveaus angepasst werden. Ausbildungsbedingte Ausgaben von bis zu 120 Euro sowie Kranken- und Pflegeversicherungszuschläge in tatsächlicher Höhe sollen gewährt werden. Die Altersgrenzen wollen die Linken abschaffen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung veröffentlichte am 17. Mai 2019 eine Zusammenfassung von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek zu den Änderungen im BAföG-Gesetz:

Text: Michelle Kayser | llustration: Caroline Lindner | Tabelle: Anna Gorski

<h3>Michelle Kayser</h3>

Michelle Kayser

ist 22 Jahre alt und studiert Medienmanagement im 5. Semester an der Hochschule Mittweida in der Vertiefungsrichtung Media and Sports. Sie ist seit Oktober 2019 Ressortleiterin im Bereich Campus.