Der Buddhismus ist eine Erfahrungsreligion und unterscheidet sich dadurch von anderen Religionen wie dem Christentum, Judentum oder Islam. Es gibt wenige Vorschriften und Belehrungen, diese sollen durch eigene Erfahrungen überprüft werden. Thomas N. ist Dipl. Soz. Gerontologe und Dipl. Soz. Pädagoge, 59 Jahre alt und hat zum Buddhismus gefunden. Er nimmt ab Januar 2023 das Studium des Theravada Buddhismus auf. Für ihn ist der Buddhismus eine Lehre, die ihm hilft, das Leben möglichst sinnhaft und mit Freude zu begehen. Von ihm erfährt medienMITTWEIDA wie sein Weg zum Buddhismus aussieht.
Wie bist du das erste Mal mit dem Buddhismus in Berührung gekommen?
Thomas N.: Das ist beim Aufenthalt in Nepal 1990 gewesen. Wir waren in Kathmandu und im Kathmandu-Tal. Dort haben wir ein Trecking Richtung Everest Basislager gemacht. Da habe ich sehr viele buddhistische und hinduistische Stätten besucht und bin zum ersten Mal mit dem Buddhismus in Kontakt gekommen.
Die Menschen, die ich in Nepal getroffen habe, die dem Buddhismus zugehörig waren, haben eine Lebensart gehabt, die ich als sehr angenehm empfunden habe. Sie sind mir sehr liebevoll und freundlich entgegengekommen. Ich hatte dort ein Erlebnis mit einem Mönch in einem Kloster auf dem Weg zum Everest-Basislager. Er hat mir ein Bild geschenkt, welches er selber gemalt hatte. Mich hat das sehr berührt und im Nachhinein hatte das eine gewisse symbolische Bedeutung. So als ob er schon damals gewusst hätte, dass ich vielleicht auch jemand bin, der diesen Weg gehen möchte.
Du hast mir im Vorfeld erzählt, dass du dich zunächst zum evangelischen Christentum zugehörig gefühlt hast. Wann und wieso hast du zum Buddhismus gefunden?
Thomas N.: Durch Erfahrungen mit dem Ausüben und Ausleben des evangelischen Christentums durch die Amtskirche und die Vertreter der Amtskirche. Aber auch durch andere Menschen, die sich als Vertreter des evangelischen Christentums verstanden haben. Da kamen dann eben Überlegungen, dass ich andere Ausrichtungen und eine andere Lehre wie den Buddhismus für mich und mein Leben in der Gemeinschaft viel sinnhafter und eingängiger fand als das evangelische Christentum.
Wie sind dir Menschen, die dem Christentum angehören, im Vergleich zu buddhistischen Menschen begegnet?
Thomas N.: Leider anders, was auch ein Grund war, mich im evangelischen Christentum nicht mehr gut aufgehoben gefühlt zu haben. Die Lehre an sich ist auch eine gute und sinnhafte Lehre, aber die Menschen, die ich in den letzten Jahrzehnten kennengelernt habe, praktizieren es auf eine Art und Weise, die nicht gut ist.
Ich denke, sowie sie die Lehre ausüben, ist es nicht gemeint gewesen. Viele Grundsätze aus dem Christentum findet man auch im Buddhismus, werden aber von vielen Menschen, die sich als praktizierende Christen bezeichnen, nicht beherzigt und nicht wirklich gelebt. Dass ich mit Menschen zusammen gekommen bin, die sich ausdrücklich als Christen bezeichnet haben, aber Dinge, die ich im Christentum finde, überhaupt nicht in ihrem Herzen getragen haben, hat mich in den letzten Jahrzehnten oftmals sehr enttäuscht.
Gab es eine Erfahrung mit dem Christentum, die dich ganz besonders getroffen hat?
Thomas N.: Ja, speziell ist mir das aufgestoßen, weil ich bei mehreren christlichen Arbeitgebern gearbeitet habe und diese die Lehre, die Moral und die Ethik des Christentums in keiner Weise so umgesetzt haben, wie ich es erwartet und es mir gewünscht hätte. Die Handlungsweisen der Menschen, die ich bei christlichen Arbeitgebern kennengelernt habe, insbesondere die von Vorgesetzten und Führungspersönlichkeiten, haben sich in keiner Weise von anderen Arbeitgebern oder sogar noch in negativer Art und Weise von anderen abgehoben. Dass gerade an dieser Stelle nicht christliche Inhalte umgesetzt wurden und nicht in den Handlungen eine Rolle gespielt haben, hat mich sehr enttäuscht.
Welcher buddhistischen Tradition folgst du und weshalb?
Ich folge dem Theravada Buddhismus, weil die klassische Lehre des Buddhas und die traditionellen Überlieferungen der Schriften von Buddha sein Leben und seinen Werken für mich am meisten Sinn ergeben haben. Mir kommt das sehr entgegen, auch im Vergleich zum Mahayana als Beispiel, wo ich Inhalte verglichen habe und mir diese weniger zugesagt haben. Dadurch bin ich darauf gekommen, dass Theravada für mich das Beste ist.
Buddhistische Traditionen
Während der Ausbreitung des Buddhismus haben sich mehrere Traditionen herausgebildet. Es exisitieren vier Hauptströmungen des Buddhismus.
Die Theravadatradition ist die älteste Überlieferung der Lehre Buddhas. Sie wird auch die “Schule der Ordensälteren” oder Schule des ursprünglichen Buddhismus genannt.
Die Mahayana Tradition wird auch “Großes Fahrzeug” genannt. Sie entstand ca. um die Zeitenwende aus der Schule der Mahasanghikas. Sie eröffnet durch ihre Vielfältigkeit einer großen Anzahl von Menschen den Weg zur Erlösung.
Die Tibetische Tradition wird auch als esoterischer Buddhismus bezeichnet. Sie geht aus der Vermischung der Mahayana Tradition und hinduistischen Praktiken sowie der einheimischen Bön Religion hervor.
Die Zen Buddhismus Tradition vereint traditionelle buddhistische Elemente mit den philosophischen Traditionen des Konfuzianismus und Taoismus.
Wie haben die buddhistischen Handlungen dein Leben verändert?
In meinem Alltag habe ich verschiedene Formen der Meditation, Kontemplation, also der Versenkung oder des Innehaltens, das Studium von Schriften und Literatur integriert. Vorwiegend aber meditative Inhalte. Außerdem konnte ich Veränderungen, die auch im Buddhismus beschrieben werden, dass man sich in einer bestimmten Art und Weise gibt, verhält und ausstrahlt feststellen. Ich konnte auch spüren, dass man positive Reaktionen von anderen Menschen zurückbekommt, die mir auch sehr guttun.
Du wirst bald ein neues Studium aufnehmen, was studierst du und wieso?
Ich nehme ein Studium der grundlegenden Lehren des Theravada Buddhismus an der Buddhist and Pali University of Sri Lanka auf. In diesem werden bestimmte Basisinhalte, die den Theravada bestimmen und ausmachen, noch einmal erklärt. Darüber wird referiert und weiter vertieft. Ich mache dies, weil ich mich noch intensiver mit dem Theravada auseinandersetzen wollte und dieses Studium mir da sehr entgegenkam. Darin werden alle Inhalte, die mich ohnehin interessieren oder die ich gerne noch vertieft hätte, behandelt. Ich erhalte am Ende des Studiums den Abschluss Diploma Examination in Buddhism.
Welche buddhistischen Lehren sollten in unserer Gesellschaft mehr Beachtung finden?
Es gibt eine kleine Sammlung von Aussagen und Reden des Buddhas, der Dhammapada. Im Dhammapada sind ganz viele Aspekte vertreten, die in unserem Alltag sehr viel zum Positiven ausmachen könnten, wenn man diese im guten Sinne beherzigen würde. Ansonsten denke ich, dass die buddhistische Haltung zu anderen Menschen, oder auch Schlagworte wie Achtsamkeit, welche in letzter Zeit häufig verwendet werden, sehr sinnvoll sein könnten, wenn es wirklich und ernsthaft praktiziert wird.
Dhammapada
Das Dhammapada gilt als das geistige Haupttestament. Die Verse stellen eine vollkommene Zusammenstellung der Lehren Buddhas dar. Das Dhammapada ist der wichtigste Text des Theravada Buddhismus.
Hast du noch eine Botschaft, die du den Lesern mit auf den Weg geben möchtest?
Ja, dass die Beschäftigung mit dem Buddhismus für viele Menschen Sinn stiften kann. Das ist auch sehr schön, wenn sich jemand dem Buddhismus zuwendet und sich mit den Inhalten beschäftigt. Nicht nur ich sehe, dass in der letzten Zeit, die Beschäftigung mit dem Buddhismus auch eine Modeströmung oder Trend sein kann. Dass Buddhismus angesagt oder schick ist, mit dem man sich schmücken kann, aber die Beschäftigung nicht wirklich von Herzen kommt. Es findet eher statt, weil es in bestimmten Gemeinschaften angesagt ist, dass man auch einen Buddha zu Hause stehen hat oder erzählt, dass man sich mit dem Buddhismus beschäftigt. Das ist nicht schön, weil da nicht die Ernsthaftigkeit dahintersteht. Ich würde es jetzt deshalb keinem untersagen wollen, das geht sowieso nicht. Jedem steht frei, sich solchen Dingen zuzuwenden, aber es ist dann eben schade, wenn es dann nicht gelebt, sondern nur Trend wird. Ich habe neulich gehört, man nennt das scherzhaft die Baumarkt-Buddhisten. Menschen, die sich im Baumarkt eine Buddhastatue kaufen, sich in den Garten oder zu Hause hinstellen. Einfach, weil man sowas hat und es schick ist, sich mit Accessoires des Buddhismus zu umgeben. Die wirkliche Beschäftigung mit dem Buddhismus ist aber etwas anderes als sich Statuen und Accessoires zu Hause hinzustellen. Das allein ist kein Buddhismus oder nur eine ungelebte Form des Buddhismus.
Text, Titelbild Foto: Cedric Nastelski