Das Start-Up Unternehmen „Capsule.fm“ entwickelt eine iOS-App, die ganz individuelle Radiosendungen generieren soll. Darin werden erzählerisch personalisierte Nachrichten, E-mail- , Online- oder Social Media-Inhalte verpackt.
„Capsule.fm“-Geschäftsführer Espen Systad hat einen Plan: Er will das Internet zum Sprechen bringen. Der ambitionierte Norweger hat sich zusammen mit seinem Landsmann Tor Langballe und der Australierin Danielle Reid in Berlin niedergelassen und dort das Start-Up Unternehmen „Capsule.fm“ gegründet.
Gemeinsam arbeiten die drei derzeit an einer iOS-App, die dafür sorgt, dass wir unsere persönlichen Online-Inhalte bald als ganz individuelle Radiosendung genießen können. MedienMITTWEIDA hat mit dem Geschäftsführer über die Funktion und Möglichkeiten der App und die ersten süßen Worte seiner Erfindung gesprochen.
Ein Audioprogramm, das haargenau meinen Musikgeschmack trifft, mir nur die Nachrichten präsentiert, die mich auch persönlich interessieren, und mir obendrein meine privaten E-Mails vorliest – Das klingt ziemlich futuristisch. Wie schafft es „Capsule.fm“ trotzdem genau das Realität werden zu lassen?
Wir nehmen all eure Online-Inhalte, euren Social Media-Content, Nachrichten, die ihr lest, eure E-Mails, das Wetter in eurer Stadt und so weiter und analysieren diese Informationen. Um die Daten herum bauen wir dann eine Geschichte, die euch schließlich ein Computer erzählt. Das Ganze wird umrahmt von euren Lieblingssongs.
Und der Hörer bekommt tatsächlich den Eindruck einer richtigen, personalisierten Radiosendung?
Naja, es wird natürlich nie ganz so menschlich sein wie eine Radiosendung, aber wir versuchen das gleiche Gefühl nachzuahmen, das uns das Medium vermittelt. Radio funktioniert gut im Hintergrund. Man hört den Leuten im Studio zu und schenkt ihnen einen Teil seiner Aufmerksamkeit, kann zur gleichen Zeit aber auch noch eine ganze Menge anderer Dinge tun. Das wollen wir uns zu Nutze machen.
Natürlich wäre es zu langweilig die Inhalte einfach nur mit einer synthetischen Stimme wiederzugeben, die Leute würden schon nach wenigen Minuten aussteigen. Darum versuchen wir mit „Capsule.fm“ den Inhalten eine erzählerische Note zu geben.
Ist eine künstlich erzeugte Stimme denn auch menschlich genug für ein solches Vorhaben?
Ohja! Es ist schon fast unheimlich, wie extrem realistisch sich einige dieser Stimmen heutzutage anhören. In gewisser Weise hört man natürlich schon, dass es sich um eine Maschine handelt, die da mit einem spricht. Aber sie haben auch irgendwie Charakter. Für mich fühlen sie sich mittlerweile richtig echt an.
Außerdem können sich die Hörer aussuchen, wer mit ihnen reden soll. Wir haben eine männliche und eine weibliche Stimme zur Auswahl. Darüber hinaus entwickeln wir eine englische und eine deutsche Version von „Capsule.fm“.
Welchen praktischen Nutzen kann uns „Capsule.fm“ bringen?
50 Prozent aller Autofahrer schauen heutzutage regelmäßig auf ihrem Smartphone nach neuen Nachrichten oder E-Mails. Das liegt daran, dass die Leute immer auf dem aktuellsten Stand sein wollen. Sie sind regelrecht süchtig danach. Mit „Capsule.fm“ bekommen sie die Möglichkeit, sich ihre Mails anzuhören, anstatt sie während der Fahrt zu lesen. Wir befreien damit gewissermaßen eure Hände und Augen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen dem Internet eine Stimme geben zu wollen?
Ich arbeite schon seit fast 16 Jahren mit Onlinemedien und habe natürlich deren Entwicklung verfolgt. Am Anfang wurde ausschließlich Text genutzt, später kamen dann die Bilder dazu und heute sind es vor allem Videos, die produziert werden. Das hat mich immer schon ziemlich geärgert, weil ich glaube, dass der perfekte Weg Online-Content zu konsumieren, eigentlich Audio ist.
Mein Team und ich wollten in dem Bereich schon lange etwas machen. Jetzt, wo wir Smartphones haben, diese leistungsstarken kleinen Computer, die so viel bewerkstelligen können, und auch die Technologie, um Text in Sprache umzuwandeln so unglaublich gut geworden ist, ist die Zeit dafür einfach reif.
Was waren die ersten Worte, die „Capsule.fm“ zu Ihnen gesagt hat?
Oh, wir haben kürzlich ein Update für die neue Version von „Capsule.fm“ gemacht und die ersten Worte hat mir eine Dame mit sehr britischem, süßem und sexy Akzent zugetragen. Sie hat gesagt: „Good Morning Espen. Chief of delayed Berlin airport quits, reports Financial Times. It is raining. Capsule.fm loves you very much.“ Es sei ein magischer Moment gewesen.
Das Interview führte Stephanie Jenn. Bild: Espen Systad, Bearbeitung: Christian Kandels.