Heute findet an der Hochschule Mittweida der „Internationale Informationstag“ statt. In Vorträgen geht es unter anderem um die Auslandserfahrungen der Kommilitonen. Medientechnik-Student Mingxi Li ist selbst gebürtiger Chinese. Mit uns sprach er über seinen ganz eigenen Blick auf die Medienmärkte der beiden Länder China und Deutschland.
Als drittgrößtes und bevölkerungsreichstes Land der Erde gewinnt die Volksrepublik China zunehmend an weltwirtschaftlicher Bedeutung. Die „PricewaterhouseCoopers AG“ Wirtschaftsprüfungsgesellschaft prognostiziert in einer Analyse vom 12. Juni 2012, dass die Erlöse der Medienbranche in China bis 2016 um zwölf Prozent anwachsen werden – so stark wie in keinem anderen Land. Kein Wunder also, dass China nach den USA und Japan schon längst Rang drei der Top 10-Medienmärkte weltweit eingenommen hat. Mit einem prognostizierten Umsatz von 192,5 Mrd. US-Dollar im Jahr 2016 bedeutet dies noch einen Platz deutlich vor Deutschland (voraussichtliches Umsatzvolumen von 113,4 Mrd. US-Dollar) im weltweiten Vergleich.
Medien in der Volksrepublik: Vorbild Europa?
Mingxi Li wurde in Shenyang, China, geboren und lebt mittlerweile seit zwölf Jahren in Deutschland. In seiner Bachelorarbeit „Aspekte der Erziehung in China“ hat er Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zwischen der deutschen und chinesischen (Erziehungs-)Kultur herausgearbeitet und auch beide Medienmärkte verglichen: „Die Medien in China sind sehr westlich orientiert. Europa dient als Vorbild, der Markt ist sehr gewachsen und es gibt eine Überflut an Informationen. Gerade im Bereich der Printmedien sind viele ‚Klatschblätter‘ hinzugekommen. Besonders das Radio dient jedoch weiterhin als Bildungs- und Informationsquelle.“ In China konkurrieren über 9000 Zeitungen und 2000 Magazine, sowie zahlreiche Fernseh- und Radiostationen täglich um die Gunst ihres Publikums.
Wie empfinden Chinesen die Zensur?
Der große wirtschaftliche Erfolg bringt China auch in ausländischen Medien immer größere Aufmerksamkeit ein. Deutsche Medienanstalten haben heute mehr als 30 Korrespondenten in Peking und Shanghai und täglich finden sich Berichte über China in der deutschen Presse. Doch immer häufiger wird auch Kritik an der westlichen Berichterstattung über die Volksrepublik geübt. Von einer einseitigen, negativen Berichterstattung und der Verunglimpfung Chinas sei die Rede. Grund dafür sei vor allem die von Europa stark kritisierte, in China herrschende Internetzensur und die Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit. Websites mit unerwünschten Inhalten werden von der staatlichen Regierung durch eine IP-Adressblockade unterdrückt. So sind Stichworte wie „Demokratie“ oder „Menschenrechte“ für chinesische Nutzer zensiert. Und auch in anderen Medien darf nur das berichtet werden, was regierungskonform ist. Chinas größter Fernsehsender „China Central Television“ (CCTV) beispielsweise, wird von der „Kommunistischen Partei Chinas“ kontrolliert. Negative politische Äußerungen unterliegen dementsprechend einer staatlichen Zensur.
Doch so überspitzt, wie westliche Medien diese Zensur darstellen, ist es nicht, weiß Mingxi: „Für einen deutschen Journalisten würde sich China sicherlich als schwierig erweisen, da die freie Berichterstattung gegenüber politischen Themen eingeschränkt ist. Trotzdem herrscht weitgehend Meinungsfreiheit und vielen Chinesen geht es heute besser als jemals zuvor.“ Neben den „drei großen T’s“ ist die Meinungsfreiheit in China aber zumindest differenziert zu sehen.
Medienmärkte ohne Schnittstellen
Trotz des großen Interesses an China wird wohl weiterhin die unterschiedliche Einstellung gegenüber Neuem und Fremdem die größte Schwierigkeit für eine Kooperation zwischen Medienunternehmen beider Länder darstellen. „Die Chinesen sind sehr weltoffen und probieren gern neue Dinge aus. Dies ist es, was den wirtschaftlichen Erfolg Chinas der letzten Jahre ausmacht. Die Deutschen sind eher konservativ. Man braucht eben ein kulturelles Verständnis für das Land“, meint Mingxi. Es ist wichtig, aufeinander zu zu gehen. Er selbst kann sich ein Leben ohne das Reisen nicht vorstellen und möchte beruflich am Liebsten zwischen beiden Ländern pendeln.
Gegen Vorurteile hilft am Besten: Selbst kennenlernen
Masterstudent Uwe Herrmannsdörfer absolvierte bereits ein achtwöchiges Praktikum in einer chinesischen Firma in Changzhou, erstellte dort Marktanalysen und Strategien für den Vertrieb von LEDs in Europa und schrieb anschließend während eines zweiten Aufenthalts in Changzhou seine Bachelorarbeit bei dem Unternehmen „Bosch Rexroth“ im Bereich Produktion/Logistik. Uwe beeindruckten besonders die Größe und Vielfältigkeit des Landes: „Im Vergleich zu Deutschland ist in China alles eine Nummer größer. Angefangen von fünfspurigen Straßen in den Innenstädten, über die endlose Masse an Elektrorollern bis hin zu den deutlich längeren Wegen in und zwischen den Städten. Obwohl der westliche Einfluss offensichtlich ist, wird auch weiterhin auf Tradition Wert gelegt. Gerade diese Mischung zieht zahlreiche Studenten für ein Praktikum oder Auslandssemester an.“
„Die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in Asien bieten viele Chancen und es ist interessant, diese Entwicklungen live vor Ort zu erleben“, erklärt Uwe. Seine Zeit im Ausland hat er nie bereut. Und obwohl er bereits zweimal in der Volksrepublik war, plant Uwe bereits seinen dritten Aufenthalt: „Für die Masterarbeit werde ich mir auch wieder ein Unternehmen in China suchen.“
Text: Manuela Strauch. Bild: Uwe Herrmannsdörfer, Mingxi Li. Bearbeitung: Hanna Frantz.