Nacho-Time

Von Curry, Körpertausch und solarbetriebenen Heißluftballons

von | 22. Dezember 2023

Spekulatius statt Nachos: Hier erfahrt ihr, ob sich die drei neuen Weihnachtskomödien von Netflix lohnen.

Holt die Lebkuchen raus und stellt den Glühwein auf den Herd, es ist wieder Weihnachtszeit! Auch in diesem Jahr setzt sich unsere Nacho-Time wieder die Weihnachtsmütze auf und gibt euch etwas Überblick im Wirrwarr der Feiertagsfilme. Wobei es so verwirrend dieses Jahr gar nicht ist, denn nach der Sendepause durch den Writers-Strike bringt Netflix dieses Jahr genau drei neue Weihnachtsfilme auf den Markt. Ob die eure Zeit wert sind oder ihr lieber Aschenbrödel beim Schneereiten zuschauen solltet, erfahrt ihr hier.

„Best. Christmas. Ever!“

Alljährlich zur Weihnachtszeit bekommt Charlotte einen angeberischen Feiertags-Newsletter von ihrer alten Studienfreundin Jackie zugeschickt. Doch freuen kann sie sich über diesen nicht, denn die vielen tollen Errungenschaften von Jackies Familie scheinen einfach zu gut, um wahr zu sein. Doch als Charlotte und ihre Familie auf einmal wenige Tage vor Weihnachten unangekündigt vor Jackies verschneiter Haustür landen, kann sie dem ganzen endlich auf den Zahn fühlen. 

Best. Christmas. Ever!“ ist am 16. November 2023 erschienen und damit die erste der drei diesjährigen Netflix-Weihnachtskomödien. Mit FSK 6 gekennzeichnet, hat der Film eine Laufzeit von knapp 90 Minuten.

 

Feiertags-Newsletter und solarbetriebenen Heißluftballons

Diese Komödie ist einer dieser völlig überzogenen Weihnachtsfilme, der trotzdem in sich stimmig ist. 

Schon mit dem Einstieg in die Geschichte, den alljährlichen Feiertags-Newsletter, werden beide Familien wunderbar vorgestellt. Durch das Brechen der „vierten Wand“, ein Stilmittel, das im Filmbereich angewendet wird, ist nicht nur der Beginn sofort interessanter gestaltet. Denn durch die direkte Ansprache an des Zuschauers fühlt sich dieser einbezogen.

Obwohl es auf den ersten Blick keine großartige inhaltliche Tiefe gibt, kann man mit den erstaunlich runden Charakteren einfach sympathisieren. Vor allem die Dynamik in Charlottes Familie wirkt echt und greifbar. Auch die Kinder bringen frischen Schwung in die Storyline. Beatrix, Dora und Grant sorgen durch ihre vorlauten Kommentare und liebenswerten Eigenarten für so manchen Lacher. Obwohl es an der einen oder anderen Stelle natürlich überzogen ist, kann man sich einfühlen und immer wieder schmunzeln.

Fragwürdig ist dann allerdings der Umgang mit dem Thema Trauer und Kindsverlust. Denn, wenn eine „ach so lustige” Komödie auf einmal mit so einem ernsthaften Thema um die Ecke kommt, muss der Zuschauer erstmal schlucken. Aber keine Sorge, denn nach drei Sätzen und dem emotionalen Höhepunkt der Geschichte verläuft sich dieses Thema ins Nichts. 

Apropos emotionaler Höhepunkt“: Den erreicht der Film im negativen Sinne ganz am Schluss. Um die (vorhersehbare) Familienfreundschaft zu besiegeln, gibt es noch für Charlotte und Jackie eine Fahrt im Heißluftballon. Einen solarbetriebenen Heißluftballon. Der auch noch Santas Schlitten zum Fliegen bringt. Genau. Wer es an Weihnachten unrealistisch mag, ist hier auf jeden Fall gut bedient.

Dennoch sprudelt diese Komödie nur so von Weihnachten. Von der typisch kitschigen Dekoration einmal abgesehen, gibt es frische Gesangseinlagen, die den Film musikalisch untermalen. Obwohl es die typischen amerikanischen Pop-Weihnachtslieder sind, wie „Santa Claus is comin’ to town”, sind diese wunderbar neu vertont, die dem Film eine gewisse Frische geben. 

„Best. Christmas. Ever!“ ist einer dieser typischen Wohlfühlfilme, die man einfach mal leicht zwischendurch anschauen kann. Der moderne Touch in der Drehweise sowie der Humor sind ansprechend und erfüllen genau die Erwartungen. Ein Familienfilm, bei dem jeder mindestens vor Fremdscham mal schmunzeln kann. 

„Family Switch“

Kurz vor Weihnachten bricht in der Familie Walker Chaos aus, als sie nach einem Besuch des Planetariums am nächsten Morgen in den falschen Körpern aufwachen. Mutter zu Tochter, Sohn zu Vater und sogar das Baby ist auf einmal im Körper der Bulldogge Pickles gefangen. Doch während sie sich auf die Suche nach der Ursache und einer Heilung für diesen Spuk machen, müssen sie zahlreiche lebensverändernde Ereignisse durchstehen. 

Family Switch“ ist die zweite Netflix produzierte Weihnachtskomödie in diesem Jahr. Erschienen am 30. November 2023, hat der auf dem Buch „Bedtime for Mommy” basierende Film eine Länge von 105 Minuten und eine FSK 6-Freigabe.

Überflogen anstatt gut aufgezogen

Eine weitere Komödie, in der die Eltern mit den Kindern ihre Körper tauschen und wie in all diesen Filmen auf die immer gleichen Probleme treffen. Nur diesmal mit weihnachtlichem Charme – oder so denkt man zumindest. 

Der Ablauf ist ganz klassisch und schon nach den ersten paar Minuten gut zu erkennen: Durch irgendeine mystische Kraft, hier ein kosmisches Ereignis, wird das Wechseln der Körper ausgelöst. Darauf folgt die obligatorische Aufwachszene, in der jeder mit Schock realisiert: Ich bin ja gar nicht mehr ich! Weiter geht es mit Panik, gefolgt von einem wachsenden Gefühl des Zusammenhalts und abschließend kehrt jeder, mit neu gewonnener Empathie und Erleichterung, zurück in seinen eigenen Körper. All dies wird natürlich durchgängig begleitet von schlechten Witzen über das Aussehen und die Eigenheiten der jeweils anderen. 

Die Walkers spiegeln eine typische Mittelklasse-Familie aus Los Angeles wider. Der Humor ist logischerweise überzogen, doch fehlt es an wirklich witzigen Stellen, sodass ein herzliches Lachen ausbleibt. Natürlich stellen Body-Swap-Komödien immer ihre ganz eigene Art von Humor dar, doch Beispiele wie „30 über Nacht“, bieten ein besseres Schauerlebnis

Da der Zuschauer durch den altbekannten Ablauf bereits weiß, was ihn erwartet, wird ihm dadurch ermöglicht, sich besser auf die Handlung sowie die unterschwelligen Probleme der Familie zu konzentrieren: Allerdings fehlt es dem Film genau daran.

Denn wenn auf einmal ein Kleinkind im Körper eines Hundes steckt, wird es, im wahrsten Sinne des Wortes, wild. Nicht jedermann schaut gerne einer schlecht animierten Bulldogge dabei zu, wie sie auf ihren Hinterbeinen herumläuft oder aufs Töpfchen geht. 

Natürlich gibt es auch emotionale Momente: Die Familie lernt, einander mehr zu schätzen und mit dem neu gewonnenen Zusammenhalt ist es doch auch fast egal, wenn jeder seinen Lebenstraum verpasst. Doch all dies ändert nichts daran, dass man als Zuschauer immer wieder den Drang verspürt, vorspulen oder ganz wegschalten zu wollen.

Auch die Charaktere an sich bieten leider nicht viel. Die hohen Erwartungen, die mit einer bekannten Besetzung wie Jennifer Garner oder Emma Myers einhergehen, werden letztendlich nicht erfüllt. Die Kinder nehmen, als Fußball-Närrin und Mathe-Genie, die typischen Highschool Rollen ein. Ihre Eltern, bestehend aus einem Highschool-Band Lehrer und einer aufstrebenden Architektin, die laktoseintolerant ist, bieten auch nicht mehr Abwechslung. Es sagt eigentlich alles über den Film aus, dass der wohl beste Charakter ein Nachbar namens Rolf ist, der dann auch noch von Matthias Schweighöfer gespielt wird. Auch die obligatorische Tanzszene lockert da nichts mehr auf, sondern erzeugt nur noch mehr unnötige cringe Momente.

Weihnachten scheint nur eine nebensächliche Bedeutung zu haben: Ja, es scheint schon fast, als hätte Netflix nur einen neuen Aufhänger für eine weitere schlechte Body-Swap-Komödie gebraucht. Trotz der musikalischen Untermalung, einer Mischung aus klassisch poppigen und modernen Weihnachtsliedern, versprüht der Film nur wenig bis gar keine Weihnachtsstimmung. 

Ob man diesen Film einen Weihnachtsfilm nennen kann, ist fragwürdig. Wer allerdings überzogenen Humor und Body-Swap Komödien mag, für den ist es bestimmt eine feine Belustigung.

„Christmas as Usual“

Thea kehrt frisch verlobt mit ihrem Partner Jashan für Weihnachten in ihre kleine norwegische Heimatstadt zurück – der Clou? Sie hat ihrer Familie weder erzählt, dass ihr Verlobter aus Indien stammt, noch dass sie überhaupt verlobt sind. So entfaltet sich ein Wirrwarr aus kulturellen und zwischenmenschlichen Missverständnissen – ob das gut geht? 

Christmas as Usual“ oder zu Deutsch „Weihnachten mal anders“ ist die dritte Weihnachtskomödie, erschienen am 06. Dezember 2023. Der Netflix-Originalfilm, der auf einer wahren Begebenheit basiert, ist mit FSK 12 gekennzeichnet und 90 Minuten lang. 

Curry, Kurta und Lille Julaften

„Christmas as Usual“ weckt definitiv einige widersprüchliche Gefühle und Gedanken. 

Positiv zu vermerken sind das Essen, die Kulissen und die Darstellung der Probleme, wenn zwei so unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen. Auch, wenn viel mit etwas mehr Kommunikation zwischen den Charakteren vermeidbar gewesen wäre. Aber was ist schon groß zu erwarten, von einem frisch verlobten Paar, das noch nicht mal die zweiten Vornamen voneinander kennt? 

Die Storyline schwächelt, vor allem im eher langatmigen Zwischenteil. Anfang und Ende sind süß und lustig, nur zwischendurch hätten es gerne ein paar mehr lustig leichte Momente sein können. Interessant ist, dass der Plot wohl lose auf der wahren Liebesgeschichte der Schwester des Regisseurs Peter Holms basiert. Das Chaos ist also gar nicht so übertrieben, wie gedacht. 

Leider sind die Charaktere eher eindimensional gedacht und vertreten jeweils vor allem einen bestimmten Charakterzug. Der herzliche Jashan steht im Kontrast zu Theas passiv-aggressiver Mutter. Während er jede norwegische Weihnachtstradition mitmacht und dabei immer versucht, sein Bestes zu geben, kann Theas Familie vor allem eins gut: herumnörgeln.

Der Gesamteindruck der Weihnachtskomödie ist auf den ersten Blick warm und angenehm. Auf den zweiten fallen jedoch immer wieder unangenehme, ja schon fast rassistische Kommentare und Anspielungen auf. Von dem Tattoo der Schwägerin, dass eine andere Bedeutung hat, als gedacht bis hin zu Gewürzen, die mit Namen wie „Hindu Knoblauchpulver“ oder „Black Boy Chili“  ausgestattet sind. Sogar Jashan sagt im Film dazu: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich durch Gewürze beleidigt fühlen könnte.“  

Ob diese die Konflikte zwischen zwei Kulturen darstellen oder weitere Anspielungen auf die urige Lage der Kleinstadt sein sollen, bleibt dabei fragwürdig. Fest steht, dass es das Land Norwegen und seine Bewohner nicht gerade im besten Licht erscheinen lässt. 

Musikalisch glänzt „Christmas as Usual“ allerdings. Mit einer Vermischung von indischen Tönen mit klassischer Weihnachtsmusik wird der Film gut unterlegt und die Charaktere durch ihre Höhen und Tiefen begleitet. Zu schmunzeln gibt dann vor allem das Ende, wenn alle auf einmal typisch indischen Schmuck tragen und zu Bollywood um den Weihnachtsbaum tanzen. 

Hier auch eine kurze Anmerkung zur Übersetzung: während man die deutsche Vertonung ohne Probleme anschauen kann, sind im Original alle Dialoge auf den jeweiligen Landessprachen. Damit kommt das Verständnis der Sprachbarrieren zwar besser durch, zwingt einen aber auch massiv zum Untertitel lesen. 

Wer Freunde oder Bekannte aus anderen Kulturen hat, findet definitiv was zu lachen. Doch auch für alle anderen ist dieser Film ein guter Zeitvertreib in der Weihnachtszeit. Ohne viele cringe Momente, aber mit der doch nötigen Dramatik für eine Komödie ist „Christmas as Usual“ durchaus empfehlenswert.

Text, Titelbild: Kira Lange

<h3>Kira Lange</h3>

Kira Lange

Kira Lange ist 20 Jahre alt und studiert derzeit im 5. Semester Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Bei medienMITTWEIDA engagiert sie sich als Chef vom Dienst (CvD) seit dem Wintersemester 2022.