Daniel Fiene spricht im Interview mit Marcus Jänecke über Campusradios, die „Rundshow“ und die sinkende Bedeutung von Podcasts. Er macht sie trotzdem und zwar erfolgreich: „Die Hörer fragen danach.“
Der Radio-Journalist Daniel Fiene ist Gründer von „Was mit Medien“, einer der beliebtesten Medien-Podcasts Deutschlands. Seit 2004 informiert er über Online- und Offline-Trends und experimentiert mit neuen Formen im Internet und auch im Radio. Hauptberuflich arbeitet er bei „Antenne Düsseldorf“ und produziert dort die „Sendung mit dem Internet“. Mit Richard Gutjahr war Fiene dieses Jahr auch das erste Mal mit einer eigenen Sendung im Fernsehen zu sehen: der „Rundshow“ im „Bayerischen Rundfunk“. Der 29-Jährige gilt als Social Media-Spezialist und hat sich trotz früher Uhrzeit zu einem Interview überreden lassen.
Guten Morgen. Es ist noch sehr zeitig – womit beginnst du deinen Tag?
Ersteinmal schmeiße ich meine Kaffeemaschine an, dann lese ich „Twitter“ und schaue auf großen US-Tech-Blogs nach, was in der Nacht geschah. Ich checke noch die News-Websites und dann schreibe ich schon meine tägliche Radiokolumne „Netzzeit“, in der ich über das wichtigste Netzthema des Tages die Hörer informiere. Ich spreche die „Netzzeit“ ein, schicke es in den Äther, blogge den Text und dann geht der normale Alltagswahnsinn los. Erst dann checke ich „Facebook“, was dort so passiert ist.
„Facebook“ als Letztes? Hut ab vor so viel Selbstdisziplin! Wo wir gerade beim Radio sind: Was wird dein nächstes Experiment zwischen Radio und Social Media?
Mich faszinieren die „Hangouts On Air“ auf „Google Plus“ sehr zur Zeit. Ich versuche Radiosendungen damit zu kombinieren. Oder auch ein eigenes Format in meinem Blog könnte ich mir vorstellen. „YouTube“ hat eine ungeheure Kraft. Einfach bei der „Sendung mit dem Internet“ montags um 18 Uhr vorbeischauen oder bei unseren Online-Talks alle vier Wochen bei „DRadio Wissen“.
Apropos „DRadio Wissen“ – welche Chance gibst du eigentlich DAB+?
DAB+ wird für mich als Radiomacher erst spannend, wenn dort auch Hörer sind. Ich persönlich erlebe es so: Die Party steigt im Netz.
Du hast als Radiomacher bei einem Studentenradio angefangen, bist heute noch aktiv dabei. Wie hat dich das geprägt?
Beim Campusradio habe ich die Liebe zum Radio entdeckt. Die Verantwortung, 24 Stunden eine Frequenz zu bestücken, hatte meine Kollegen und mich bei „Radio Q“ unheimlich gefordert und geprägt. Viele sind heute beim Radio und haben coole Jobs! Ohne „Q“ wäre ich nicht beim Radio.
Ist dein Begriff des Mobilen Journalismus eigentlich von „Wetten, dass..?“ vor zwei Jahren geprägt worden? Während die Show aufgrund des Unfalls von Samuel Koch abgebrochen werden musste, hast du live aus dem Studio getwittert und über das Geschehen berichtet.
Das ist eine gute Frage – darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Was ich bei „Wetten, dass..?“ aber gelernt habe: Das Netz ähnelt eher dem Radio als der Zeitung. Ein Nachbericht reicht nicht. Die Leser wollen dabei sein. Deswegen muss ich als Journalist auch schon oft von unterwegs berichten. Ich schätze es, dass es ein Experimentierfeld ist! Ich hoffe, dass viele junge Journalisten und auch alte Hasen noch viel neugieriger werden und ganz viel herumexperimentieren. Da können wir schöne Darstellungsformen und Geschichten erwarten und davon dann am Ende des Tages lernen, wie es geht – oder auch nicht.
Bist du aus deiner Sicht auch schon mal bei einem Social Media-Experiment gescheitert?
Ich versuche möglichst offen an ein Experiment zu gehen – von daher können selten Erwartungen enttäuscht werden. Aber schief geht ständig etwas. Wäre ja auch schlimm, wenn nicht.
Wo wir gerade bei Experimenten sind – schmerzt dich das Ende der „Rundshow“?
Ich bin froh, dass wir von Anfang an wussten, dass es auf vier Wochen angelegt ist. Sonst wäre ich jetzt sehr traurig. Ich war überrascht, wie toll „Twitter“ als Show-Kritiker funktioniert und so die Lernkurve extrem steil gehen kann, wenn man drauf hört. Ich war auch überrascht wie toll die App, die „Macht“, funktioniert hat! Viele Leute hatten um die Uhrzeit keine Lust mehr am Rechner zu sitzen, die nahmen lieber die App.
In den vier Wochen ist mir das Projekt und das Team sehr ans Herzen gewachsen. Wenn jetzt jemand käme und sagt: „Hey, es geht weiter – willst du dabei sein?“ – dann würde ich nicht lange überlegen. Ich habe großen Respekt vor der Leistung von Richard Gutjahr – für die Erfindung des Projekts und die Kraft es zu stemmen. Und was noch cool ist: In der kurzen Zeit ist unter den Zuschauern eine kleine Community entstanden. Es scheint einen Bedarf an so einem Projekt wie der „Rundshow“ zu geben.
Der „Bayerische Rundfunk“ scheint das anders zu sehen und teilte mit, dass es keine zweite Staffel geben wird. Hoffst du noch darauf, dass der „BR“ diese Entscheidung ändert?
Der „BR“ ist mit der „Rundshow“ sehr zufrieden. Das ändert nichts daran, dass es keine – sowieso nichtgeplante – Fortsetzung gibt. Ein häufiges Problem von Journalisten: Sie erklären etwas für gescheitert, nur weil es nicht weiter geht. Vielleicht ist an dem Sprichwort, „man soll aufhören, wenn es am schönsten ist“, etwas dran.
Wirst du mit Gutjahr denn weiter zusammenarbeiten?
Nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt! Nein, im Ernst. Ich will ihn demnächst mal zu einem „Hangout On Air“ auf „Google Plus“ einladen und dann können wir ja schauen, was daraus wird. Hättest du eine Idee, was wir machen können?
Wie wäre es mit einer „Rundshow“-Revival-Ausgabe bei „Was mit Medien“?
Oh, das wäre toll. Das schlage ich Richard vor. Erstmal müssen wir zusehen, dass wir „Was mit Medien“ aus der Sommerpause zurück bekommen – das wünsche ich mir sehr.
Das hat mittlerweile zum Glück geklappt, Folge 275 handelte vom deutschen Radiopreis. Was erwiderst du Leuten, die sagen, Podcasts hätten keine Zukunft?
Ich kann den Eindruck verstehen. Der Hype ist Jahre vorbei. Ich finde es aber gut, dass die Leute Podcasting kennen und das auch in Sendern Alltag geworden ist. Die Hörer fragen danach. Und wenn ich mir die Abrufzahlen der großen privaten Podcasts in Deutschland anschaue: Tot sieht anders aus.
Im Winter soll es eine „Was mit Medien“-Zeitung geben. Warum versucht ihr euch jetzt auch noch an Print?
Wir experimentieren gerne. Wir wollen Crossmedia in jede Richtung leben. Da ist es doch nur konsequent, wenn ein Online-Medium in Richtung Print geht. Wir fanden es eine sehr interessante Erfahrung, wie transkribierte Inhalte aus dem Radio im Netz ganz anders wirken. Mal sehen, ob sie auch in Print noch einmal anders wirken. Ich bin sehr gespannt und neugierig auf das Ergebnis.
Das Interview führte Marcus Jänecke. Bild: Stephan Roehl, Bearbeitung: Nicole Schaum