„Das Brot der Demokratie backen“

von | 6. Mai 2010

Leipzig Pünktlich zum Tag der Pressefreiheit am 3. Mai begann der dreitägige Medienkongress in der Media City Leipzig. Rund 200 Referenten waren zum Meinungsaustausch geladen.

„20 Jahre Medienfreiheit“ lautete das große, in allen Diskussionen mitschwingende Thema des diesjährigen Medientreffpunkt Mitteldeutschland. In diesem Rahmen galt der Claim „Substanz, Kreativität, Urteilsstärke“ als Devise des mittlerweile zwölften Treffpunktes. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) erklärte im Zusammenhang des Panels „Druckt die Wahrheit“, welches von ZDF-Moderatorin Maybrit Illner geleitet wurde, diese drei recht vielseitig interpretierbaren Begriffe. Substanz stehe für die Freiheit. Urteilsstärke solle für Nachrichten sensibilisieren und Kreativität wünscht er Jungjournalisten, um „in den ihnen auferlegten Beschränkungen produktiv zu bleiben und gegen diese Beschränkungen kreativ zu sein.“

Den wohl wichtigsten Appell dieser drei Tage richtete der ehemalige Chefreporter der Stuttgarter Zeitung, Josef-Otto Freudenreich, an sein Publikum. Journalisten müssten sich bewusst werden, dass sie das „tägliche Brot der Demokratie backen“ und deshalb müssten sie auch allem „misstrauen, was sie sehen, hören und lesen.“ Nur den Dingen, die sie nach besten Wissen und Gewissen geprüft haben, sollten sie Glauben schenken. Durch diese Kriterien würde der deutsche Journalismus in Zukunft hoffentlich wieder qualitativ gestärkt.

Inhaltliche Ausrichtung

„Vor zehn Jahren sprachen wir noch darüber, ob interaktives Fernsehen kommen wird. Heute sprechen wir darüber, wie es ausgerichtet sein wird“, gab der Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt Jochen Fasco im Rahmen einer Diskussion über interaktives Fernsehen zu denken. Er und seine Kollegen sprachen innerhalb dieses Panels sowohl über die Hürden, die noch genommen werden müssen, um den Konsumenten den Griff durch die Mattscheibe zu ermöglichen, als auch über dessen Akzeptanz. Die Erkenntnis, dass seit Beginn der Debatte um HDTV fast zehn Jahre ins Land gingen und nun lediglich das „Wie“ geklärt werden müsse, erlangten die Diskutanten im anschließenden Gespräch über die neuen Kräfteverhältnisse im Kabelfernsehen.

Die Experten klärten jedoch nicht nur lang erwartete technische Highlights, sondern diskutierten ebenfalls über brandaktuelle Themen, wie die Finanzierung von gutem Journalismus, staatsferne Rundfunkgremien, Frequenzversteigerungen und Jugendmedienschutz bei Onlinespielen. Die Elefantenrunde der Veranstaltung stellte das Panel „Das Fernsehen zwischen Kreativität und Substanz“ dar, an welchem unter anderen RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt, Andreas Bartl als Chef von ProSiebenSat.1, Jürgen Doetz, Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. und MDR-Intendant Prof. Dr. Udo Reiter teilnahmen. Leider befasste sich diese Runde eher mit dem Problem der Ausdünnung der Personalabteilungen und der Legitimation von Rundfunkgebühren als mit den im Programmheft aufgeführten Inhalten.

Neben den großen Blöcken „Macher“, „Politik“, „Markt“, „Umfeld“ und „20 Jahre Medienfreiheit“ standen die letzten beiden Veranstaltungstage zusätzlich im Zeichen des Mediennachwuchses. Dieser spezielle Treffpunkt für die nächste Generation der Medienmacher wurde durchweg positiv vom jungen Publikum aufgenommen. Die Panels zeigten sowohl Probleme, Entwicklungen und Perspektiven als auch spezielle Medienberufe und Wege in dieses Tätigkeitsfeld auf und hoben sich durch lockerere Umgangsformen von den restlichen Veranstaltungen ab.

Nur körperlich anwesend

Unerwartet bei den Podiumsdiskussionen war allerdings die Anordnung der Sitze. Alle Referenten saßen nebeneinander aufgereiht an einem geraden Tisch. So war es kaum verwunderlich, dass nicht immer eine rege Diskussionen zu Stande kam. Zudem erweckten einige, sich während des Gespräches anderweitig beschäftigende Referenten einen negativen Eindruck beim Publikum. Dieses Manko wussten jedoch engagierte, vor allem aber höchst interessierte Vortragende zu revidieren.

Alles in allem hätte der dreitägigen Veranstaltung jedoch etwas mehr Biss während der Diskussionen nicht geschadet. Die Moderatoren schwächte sich anbahnende große Konfrontationen meist ab, wodurch die anwesenden Experten auf Kuschelkurs fuhren. Zudem schien es oftmals, als würden einige der vortragenden Universitätsprofessoren ausschweifende Werbekampagnen für ihre Institution betreiben, wodurch Themen unter den Tisch fielen.

<h3>Bianca Schmidl</h3>

Bianca Schmidl