Echtpelz

Das Geschäft mit der legalen Tierquälerei

von | 27. Januar 2023

Ein Leben voller Qualen für fünfzig Zentimeter Kragen. Tierquälerei made in Europe.

Inhaltswarnung: In diesem Artikel werden Inhalte gezeigt oder beschrieben, die verstörend wirken können. Es werden unter anderem die Zustände in Pelzfarmen in Europa beschrieben und das damit verbundene Tierleid.

Bereits aus der Ferne sind Schreie von Tieren zu vernehmen. Ächzende, qualvolle Schreie. Das Team, bestehend aus der Soko Tierschutz, dem deutschen Tierschutzbüro und Umweltschützer Robert Marc Lehmann, nähert sich einer Pelzfarm. Sie sind in Europa. Polen, um genau zu sein.

Dies ist zu sehen in der Dokumentation „UNDERCOVER in der Pelzfarm – Mission Pelz“. Ihr Ziel: das zu dokumentieren, was innerhalb der Wellblechhütten noch lebt. Denn in Großteilen von Europa ist das Geschäft mit Pelztieren noch legal. Meist unter untragbaren Zuständen für das Tierwohl.

Die Herkunft von Pelz

In der Modewelt war Pelz lange Zeit abwesend, nicht zuletzt, weil viele Modemarken sich entschlossen, den umstrittenen Modetrend zu verlassen. Er galt davor als ein Luxusgut und Statussymbol für “modebewusste” Menschen. Jetzt ist er allerdings wieder zurück in den Modehäusern und Modeschauen. Doch woher kommen die Pelze, für die vermeintlich hochpreisigen Kleidungsstücke?

Mehr als die Hälfte des weltweit gehandelten Pelzes kommt aus Europa. Dabei sagt die Herkunft nichts über die Haltungsbedingungen aus.

Pelz kommt in den seltensten Fällen von der Jagd. Die sogenannte Fallenjagd bildet gerade mal fünf Prozent des weltweit erzeugten Pelzes. Sie wird primär in den USA, Kanada und Russland betrieben. Der Pelzjäger legt dabei verschiedene Fallen aus und hofft darauf, dass ein Zieltier in diese tritt. Diese Art der Pelzbeschaffung zeichnet sich dabei als eine unzuverlässige Methode aus, da es keine Garantie gibt, dass ein Zieltier gefangen wird. So fordert sie oft auch das Leben von anderen Tieren. Erzeugnisse aus einer Fallenjagd würden deshalb kaum ausreichen für einen kompletten Pelzmantel. 

Die anderen fünfundneunzig Prozent stammen von Pelzfarmen. Die wichtigsten Produzenten sind dabei China, Dänemark (aktuell ist ein temporäres Verbot noch in Kraft) und Polen. So wird der Modebedarf für Besatz an Jacken gedeckt. Laut der Studie von Human Society International sterben in einem Jahr circa 100 Millionen Tiere für ihr Pelzkleid.

Das kostet ein Pelzmantel

So viele Tiere sterben für einen reinen Pelzmantel:

  • 30 bis 50 Waschbären oder 14 Luchse
  • 40 bis 60 Nerze
  • 12 Wölfe
  • 110 Eichhörnchen oder 130 bis 200 Chinchillas

 

Hell’s Kitchen – Die Folterkammer für Pelztiere

Quelle: YouTube – Robert Marc Lehmann. In einer investigativen Dokumentation zeigen Tierschützer die Zustände innerhalb der Pelzfarmen auf. Disclaimer: Hierbei handelt es sich um Hausfriedensbruch.

Artgerechte Haltung, wie nach EU-Richtlinie beschrieben, ist in der Dokumentation „UNDERCOVER in der Pelzfarm – Mission Pelz“ nicht zu sehen. Es bietet sich ein Bild der Grausamkeit. Die Tiere werden in Drahtgitterboxen gehalten, mit keinem festen Boden unter den Pfoten. Ihre Pfoten sind mittlerweile deformiert, ein häufiges Erscheinungsbild in der Käfighaltung. Auch ist kein dauerhafter Zugang zu Frischwasser geleistet, wie die EU-Richtlinie vorsieht. Diese Käfighaltung ist kein Einzelfall, sondern gängige Praxis in der Pelzindustrie. Die Tiere leben unter dem Gestank ihres eigenen Kotes, welcher durch den Austritt von Ammoniak nicht selten für Verätzungen oder Augenverletzungen verantwortlich ist

Nicht nur die Haltung, sondern auch der Tod ist grausam. Einige der Tiere sterben, aufgrund der Bedingungen, bereits in den Käfigen. Die Pelztiere, die eine Käfighaltung überleben, werden meistens entweder vergast, zertreten oder erschlagen. Bei der Vergasung kommt es nicht selten vor, dass die Tiere wieder das Bewusstsein erlangen und lebendig gehäutet werden. Eine weitere Methode, die keine Seltenheit in der Praxis darstellt, ist die Tötung per Elektroschock. Hierbei werden am Mund und am After des Tieres Elektroden befestigt, die dann an den Strom angeschlossen werden. Dadurch verbrennt das Tier innerlich und erleidet einen Herzinfarkt. Für die Pelzfarmen zählt bei der Tötung vor allem der unbeschädigte Erhalt des Pelzes.

Die Lage in Europa

In den letzten Jahren hat sich für das Verbot von Pelzfarmen in Europa einiges getan. Das Bewusstsein der europäischen Gesellschaft steht im Wandel, dennoch gibt es gerade im nordosteuropäischen Raum noch viele Länder, in denen Pelzfarmen legal sind. In Deutschland schloss die letzte Pelzfarm in Rahden im Jahr 2019. Jedoch geschah diese Schließung nicht aufgrund eines Verbotes, sondern wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit, da die Haltungsgesetze angezogen wurden.

Gesetzliche Lage von Pelzfarmen in Europa Quelle: PETA / Grafik: Eigene Darstellung

Zwar besteht in der Europäischen Union eine EU-Kennzeichnungspflicht für Kleidungsstücke tierischen Ursprungs, jedoch beschreibt diese nicht, welche Teile der Kleidung betroffen sind und von welchem Tier diese stammen. Durch eine zusätzliche Deklarationspflicht, die aktuell nicht besteht, wäre für den Verbraucher klar ersichtlich, was er dort erwirbt. Nur in der Schweiz sind die Gesetze zur Kennzeichnungspflicht strenger und eine Deklarationspflicht bei der Einfuhr und dem Verkauf ist nötig.

Wie unzuverlässig die Gesetze verfolgt werden, zeigt ein Test von Stiftung Warentest im Jahr 2016. Alle untersuchten Proben von als Kunstfell deklarierten Kleidungsstücken, stellten sich als Echtpelz heraus. Aber wie kommt es dazu? Echter Pelz ist in der Produktion oft billiger als Kunstpelz, da die Haltungszustände in den Produktionsanlagen auf maximalen Profit aus sind.

Echtpelz von Kunstpelz unterscheiden

Mit diesen Tricks lässt sich die Echtheit von Pelzprodukten überprüfen.

  • Scheiteln: Eine einfache und effektive Methode zur Bestimmung der Echtheit. Zieht die Haare auseinander, bis ihr am Boden ankommt. Seht ihr eine lederartige Fläche, handelt es sich um Echtpelz.
  • Anzünden: Ein Test, den ihr bei bereits gekauften Produkten machen könnt. Zündet einfach ein paar Haare des Pelzes an. Sollten diese schmelzen, handelt es sich um Plastik und damit um einen Kunstpelz.
  • Pusten: Sollten sich die Haare unmittelbar bewegen, handelt es sich um Echtpelz. Kunstpelz ist deutlich steifer.

Chance für Veränderung in Europa

Es gibt eine Initiative für ein europaweites Verbot von Pelzfarmen. Die Europäische Kommission registrierte am 16. März 2022 einen Antrag einer Europäischen Bürgerinitiative für ein Pelzfarm-Verbot. Die Kampagne unter dem Namen „Fur Free Europe“ wurde von der Organisation „Deutsches Tierschutzbüro e.V.“ ins Leben gerufen. Sie fordern ein Ende der Haltung und Tötung zum Zweck der Pelzgewinnung in Europa. Damit sich die Europäische Union mit dem Thema befasst, muss eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) verschiedene Voraussetzungen erfüllen:

  • Das Sammeln von einer Million Unterschriften aus mindestens sieben Mitgliedsländern.
  • In jedem Mitgliedstaat muss ein Minimum an Unterstützungsbekundungen vorliegen, die sich nach der Größe der Bevölkerung richten. In Österreich sind es z.B. 13.395 Unterstützer.
  • Die Mitglieder der Initiative müssen aus mindestens sieben Ländern stammen und das 18te Lebensjahr erreicht haben.

Dieses Jahr schaffte es die Europäische Bürgerinitiative „Fur Free Europe“, die nötigen Unterschriften zu sammeln. Allerdings erfüllt sie noch nicht die 100 Prozent der Mindestzahl an Unterzeichnern in allen Ländern.

In der zehnjährigen Vergangenheit der EBI haben es bereits sechs Initiativen geschafft, von der Europäischen Kommission beantwortet zu werden, darunter unter anderem die EBI „Right2Water„. So kann es durchaus dazu kommen, dass „Fur Free Europe“ auch Erfolg findet, da „Right2Water“ damals ebenfalls nicht die 100 Prozent in allen Ländern abgedeckt hatte.

Wie es mit dem Thema Pelz in Europa weiter geht, haben letztendlich die EU Bürger selber in der Hand.

Text und Grafiken: Maximilian May / Titelbild: Maximilian May / Video-Inhalte: Robert Marc Lehmann
<h3>Maximilian May</h3>

Maximilian May

ist 29 Jahre alt und studiert derzeit im fünften Semester Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Bei medienMITTWEIDA engagiert er sich als Teil des Social-Media Team seit dem Wintersemester 2022.