Unter dem Motto „All Aboard!“ fand in diesem Jahr der Eurovision Song Contest, kurz ESC genannt, in Lissabon statt, nachdem 2017 Portugal den Contest gewann. Doch warum standen neben dem Gewinnerland des Vorjahres auch, wie immer, die sogenannten „Big Five“ auf der Bühne?
Als die „Big Five“ gelten all die Länder, die auch ohne eine Teilnahme am Halbfinale für das Finale qualifiziert sind. Dazu zählen Italien, Spanien, Frankreich, das Vereinigte Königreich und Deutschland. Grund dafür ist, dass die Rundfunkanstalten dieser Länder den höchsten finanziellen Beitrag an die European Broadcasting Union, den Veranstalter des ESC, leisten. 1997 trat die „Big Four“ Regel erstmals in Kraft. Als Italien 2011 dazukam, wurden daraus die „Big Five“.
Jedoch steht diese Regelung in der Kritik und sorgt für Diskussionen. Die Wiener Zeitung schrieb: „Einerseits erleichtern die ‚Großen‘ mit ihren Zahlungen also den ‚Kleinen‘ die Teilnahme am Wettbewerb, andererseits blockieren sie fünf Plätze für das Finale. Ob der Beitrag deswegen besser ist, darf bezweifelt werden.“
Doch auch die „Big Five“ Regelung bestimmt nicht, dass einer dieser großen ESC Länder gleichzeitig bessere Chancen auf den Sieg hat. So landete Deutschland beispielsweise in den letzten drei Jahren auf Platz 25, 26 und 27. „Eine nationale ‚ESC-Krise‘ wurde ausgerufen“, so das Hamburger Abendblatt.
Nachdem Deutschland bisher mit zwei Siegen in die ESC Geschichte einging, trat in diesem Jahr Michael Schulte an und schaffte es auf den vierten Platz. Der 28-jährige stand mit dem Song „You Let Me Walk Alone“ auf der Bühne, den er seinem verstorbenen Vater widmete.
Jedes Land muss für die Teilnahme am Contest eine Gebühr zahlen. Würden die großen Geldgeber vor dem Event ausscheiden, hätten diese eine hohe Summe bezahlt, ohne im Finale anzutreten. Vor allem aber käme es mit dem vorzeitigen Ausscheid eines dieser Länder, wie es 1996 mit Deutschland bereits der Fall war, zu einem „erheblichen Abfall der eurovisionären Zuschauermenge“. Es stellt sich die Frage, ob dies eine faire Entscheidung gegenüber anderen Teilnehmern war. Eine Abschaffung der „Big Five“-Regelung würden die Diskussionen seitens der „kleinen“ Länder aus dem Raum schaffen. Die „großen“ Länder würden keine Negativkritik aufgrund dessen mehr erhalten und müssten sich, genau wie alle anderen, zunächst musikalisch beweisen. Die Finanzierung der Veranstaltung müsste dabei aber auch gewährleistet bleiben. Doch eine Regelung, die allen Teilnehmerländern ein gleiches Recht bei der Qualifikation gäbe, wäre wahrscheinlich im Interesse aller.
Sowohl in den Halbfinals als auch im Finale fließen zum einen die Punkte der Jury, aber auch die Punkte der Zuschauer per Televoting in die Bewertung ein. Insgesamt 24 Punkte, darunter maximal zwölf aus dem Jury- und zwölf Punkte aus dem Televoting der ESC Zuschauer, können die Künstler von jedem anderen Land erhalten. Die Punktevergabe eines Landes an seinen eigenen musikalischen Vertreter ist dabei nicht erlaubt.
Ursprünglich wurde der Eurovision Song Contest initiiert, um die Kooperation der Fernsehanstalten in Europa zu stärken. Veranlasst wurde die Veranstaltung dann von der EBU (Europäische Rundfunkunion) erstmals im Jahr 1956 im schweizerischen Ort Lugano. Zu dieser Zeit hieß das gemeinsame Projekt noch „Grand Prix of the Eurovision“.
Auch jene Rundfunkanstalten, die sich nicht in Europa befinden, dürfen am Wettbewerb teilnehmen, da lediglich eine Mitgliedschaft in der EBU Voraussetzung ist. Diese ist auch außerhalb Europas möglich. So darf beispielsweise seit 2015 auch Australien am Contest teilnehmen. Wer ein jeweiliges Land musikalisch repräsentiert, wird zuvor in den einzelnen Ländern durch Vorentscheide festgelegt. Im Jahr 2008 entschied man darüber, zwei Halbfinals einzuführen. Im Finale treten jeweils zehn qualifizierte Länder aus dem ersten und zweiten Halbfinale an. Somit beweisen im Finale, zusammen mit den „Big Five“ und dem Gewinner aus dem Vorjahr, insgesamt 26 Länder ihr musikalisches Talent.