Wie kann man junge Leute dazu bringen, wieder mehr Nachrichten zu lesen? Diese Frage stellte sich der Medienmanagement-Student Nicolai Hackbart. Um eine Antwort und Lösung auf diese Frage zu finden, gründete er kurz darauf light up!, eine Nachrichtenplattform, die ausschließlich auf Social-Media-Netzwerken agiert und mit besonders kurzen Beiträgen sowie passendem Design vor allem junge User ansprechen soll. Doch gerade auf Facebook und Co. wenden User laut der Facebook Mobile-Video-Studie, gerade einmal durchschnittlich 1,7 Sekunden Zeit auf, um sich Inhalte auf ihrem mobilen News Feed anzuschauen.
Was hat also Nicolai dazu bewegt, gerade über diese Kanäle Nachrichten verbreiten zu wollen? Welche Tipps und Erfahrungswerte haben er und seine Kollegin Annika Braun für andere junge Gründer, die ebenfalls ein Startup ins Leben rufen möchten? Und: Neben ihrer redaktionellen Tätigkeit bei light up!, studieren beide und sind ebenso Reakteure bei MedienMITTWEIDA. Wie bekommen Nicolai und Annika das alles unter einen Hut?
Angefangen bei der Gründung, bis hin zu den Plänen für die Zukunft – wir haben light up! für euch unter die Lupe genommen.
Nicolai: „Seit dem 5. März 2018. Davor haben wir eine Probewoche veranstaltet, bei der wir zwar mit realen Bedingungen geübt, aber noch nichts veröffentlicht haben. Das hat so gut geklappt, dass wir dann danach loslegen konnten. Seitdem läuft es reibungslos und es gab noch nie einen größeren Ausfall.“
Wie sind die Idee und das Konzept für light up! entstanden?
Nicolai: „Auf die Idee hat mich unser Professor für Journalistisches Arbeiten gebracht. Er hat im ersten Semester sehr pessimistisch über die Zukunft des Journalismus geredet. Und da war mein erster Gedanke, dass ich etwas bewegen wollte.“
Nicolai: „Auf jeden Fall. 17 bis 30 Jahre ist unsere Zielgruppe. Für die anderen gibt es ja genug Alternativen. Denn gerade die älteren Leute würden auf unser Angebot am Ende gar nicht eingehen. Die haben schon seit 30 Jahren ihre Zeitung abonniert und werden daran auch nichts mehr ändern. Die junge Generation aber braucht eine Alternative zu BibisBeautyPalace oder diesen schrecklich teuren Zeitungsabos.“
Was waren denn die größten Stolpersteine, die ihr bisher bei der Gründung und dem Aufbau von light up! überwinden musstet?
Nicolai: „Ganz am Anfang war eigentlich nichts schwierig. Aber dann kamen die Probleme und das Größte davon war der Personalmangel. Wir waren zu Beginn sechs Mitglieder, jetzt sind wir acht. Das klingt jetzt vielleicht nicht wirklich nach mehr, für uns ist es das aber. Drei Nachrichten pro Tag – und das die ganze Woche über – war für sechs Personen einfach zu viel. Wir haben uns deswegen Leute in unserem Studiengang und außerhalb angeschaut und viel diskutiert. Aber am Ende haben wir es ja gut gemeistert.
Jetzt fällt mir gerade ein: Einen Mini-Supergau hatten wir sogar. Wir haben nähmlich eine falsche Nachricht verbreitet. In diesem Fall waren wir aber selbst schuld, weil wir unser Zwei-Quellen-Prinzip nicht eingehalten hatten. Es ging um ein Atomkraftwerk, das heruntergefahren wurde und wieder in Betrieb genommen werden sollte. Doch der Termin, den wir bekannt gegeben hatten, hat nicht gestimmt. Unsere Nutzer haben uns dann darauf aufmerksam gemacht und wir haben es sofort verbessert und uns entschuldigt. Das Feedback auf die Entschuldigung war sehr gut.“
Nach welchen Kriterien wählt ihr eure Themen?
Annika: „Ich würde sagen, dass Aktualität bei uns einer der wichtigsten Faktoren ist. Aber das Thema muss auch relevant sein. Oft haben wir Nachrichten, die man sonst nirgendwo liest oder welche, die einfach echt interessant sind. Die meiste Zeit verbringe ich mit der Themenauswahl. Ich überlege mir dann, was wir noch nicht hatten, was wichtig ist und was mich selber auch interessieren würde. Ich gehöre ja immerhin mit zur Zielgruppe.“
Nicolai: „Das beste Beispiel dafür ist die Koalitionskrise in Deutschland. Die haben wir bei uns gar nicht gebracht, sondern stattdessen über Themen wie die Legalisierung von Cannabis, die Überarbeitung des Transgender-Gesetz durch die WHO und die Einführung der Schulpflicht ab drei Jahren in Frankreich berichtet. Wenn alle Zeitungen nur noch über Horst Seehofer und Angela Merkel schreiben, dann fallen solche Themen einfach hinten runter. Wir sammeln diese dann auf und bringen sie bei uns unter.“
Nicolai: „Unsere Quellen sind andere Zeitungen, Fernseh- und Radiosender. Wir haben allerdings keine Quellen wie dpa oder afp. Das ist zu teuer und ergibt für uns auch keinen Sinn. Denn auch wenn diese Presseagenturen täglich sehr viel veröffentlichen, benötigen wir ja trotz allem nur Stoff für drei Nachrichten am Tag.“
Annika: „Außerdem verwenden wir immer zwei Quellen, die beide unabhängig voneinander sein müssen. Damit jeder sehen kann woher die Informationen stammen, geben wir die Quellen bei unseren Nachrichten immer direkt an.“
Annika: „Das ist ganz unterschiedlich. Für mich ist die Themenauswahl sehr herausfordernd. Denn dabei muss ich mich fragen: Was interessiert die Leute? Was kann ich weglassen, ohne dass es zu einseitig wird? Wie bekomme ich es hin, dass dieser Text in unser Format passt, aber auch noch genug vom Bild zu sehen ist? Und so weiter.“
Nicolai: „Und das eben Genannte steht im Konflikt mit dem Anspruch, den wir haben. Denn trotz allem möchten wir ja hochwertig sein, obwohl wir so kurze Texte schreiben, so schnell veröffentlichen und hauptsächlich die Jugend damit ansprechen wollen. Das ist eine der größten Herausforderungen.“
Was macht ihr, um den Bekanntheitsgrad von Eurem Startup weiter auszubauen?
Nicolai: „Aktuell machen wir eine Kampagne. Ich suche Personen, die Interesse an unserem Angebot haben könnten und schreibe diese persönlich an. Es ist zwar viel Mühe, aber wir können natürlich keine Werbung schalten, die viel Geld kostet. Aber das reicht auch schon, denn letzte Woche hatten wir noch 400 Follower und heute haben wir die 500er Marke geknackt. Wir haben auch Aufkleber und Postkarten. Aber das sind nur Giveaways, damit erreicht man nicht die große Zielgruppe.“
Warum sollte man gerade über euch Nachrichten verfolgen?
Nicolai: „Weil wir kurz und prägnant schreiben, man dadurch sehr schnell informiert ist und wir direkt auf dem jeweiligen Kanal, ohne irgendwelche Verlinkungen, posten. Vor allem auf Instagram gibt es zu uns eigentlich keine Konkurrenz, die mir bekannt ist. Außerdem versuchen wir so abwechslungsreich und transparent wie möglich zu sein. Wenn man also einfach, schnell, kurz und direkt über seinen Social-Media-Kanal informiert werden möchte, dann sind wir eine sehr gute Alternative zu den großen Zeitungen.“
Annika: „Und wir sind ressortübergreifend. Wir haben sehr viele Themen. Von Sport über Wirtschaft und Politik bis hin zu Service-Themen ist alles dabei.“
Die Zeit, die ein User für das Lesen eines Beitrages im Newsfeed aufwendet beträgt laut der Facebook Mobile-Video-Studie gerade einmal durchschnittlich 1,7 Sekunden. Wie kommt man dann auf die Idee, sich gerade in sozialen Netzwerken mit Nachrichten zu positionieren?
Nicolai: „Weil das noch wenige machen. Wir wollten es einfach ausprobieren und wissen, ob man damit etwas erreichen kann. Ob man die Leute dazu bewegen kann, wieder mehr zu lesen und sich mehr zu informieren.“
Ihr seid ja nicht kommerziell. Habt ihr aber vor irgendwann einmal Geld damit zu verdienen? Gibt es da Pläne?
Annika: „Das wäre das Non-Plus-Ultra. Aber erst mit 10.000 Followern hat man da vielleicht eine Chance.“
Nicolai: „Also ich kann es mir tatsächlich vorstellen, Geld damit zu verdienen. Vor allem durch Werbung natürlich, wie es alle anderen Plattformen auch machen. Da unser Kundenstamm aber noch nicht groß genug ist, macht es derzeit noch keinen Sinn, Profit daraus zu schlagen.“
Annika: „Also für mich hat das Gründen eines Startups überhaupt nicht im Vordergrund gestanden. Für mich war wichtig, dass ich etwas mit meinen Freunden mache, wir uns ausprobieren und gemeinsam etwas lernen.“
Nicolai: „Als Studenten haben wir viel Zeit und ich wurde ja bereits im ersten Semester mit der schlechten Lage des Journalismus konfrontiert. Also hab ich mir gedacht: Warum nicht gleich anfangen? Außerdem ist es ein Job oder Hobby, welches man gut nebenbei machen kann. Deswegen kam mir nie in den Sinn, diese Idee in irgendeine Schublade zu stecken und zu warten bis ich fertig studiert habe.“
Was würdet ihr anderen Studenten empfehlen, wenn sie ein Startup ins Leben rufen möchten?
Annika: „Lust. Ganz viel Lust. Das ist super wichtig. Ansonsten wird es schwierig.“
Nicolai: „Der Wille muss größer sein als die Gewinnabsichten, die man damit hat. Man kann kein Startup mit den Gedanken gründen, dass man selbstständig wird und schon am nächsten Tag viel Geld damit verdient. Sondern man muss viel Leidenschaft reinstecken und auch manchmal viel Frust aushalten. Außerdem sollte man sich viel Mühe geben und zahlreiche Kontakte knüpfen. Am besten man holt sich von so vielen Leuten wie möglich Feedback. Dieses sollte man dann aber auch respektieren. Nur so kann es ein Erfolg werden. Und zuletzt: Wenn man ein Startup gründen möchte, sollte man vorher nicht zu viel nachdenken, sondern es einfach machen. Wenn es dann nicht klappt, dann klappt es halt nicht.“
Kurz und knapp
light up! ist eine von Studenten betriebene Nachrichtenplattform, über die man dreimal täglich News aus aller Welt empfangen kann.
Besonders ist das kompakte Format der Beiträge: Damit Nutzer ausreichend aber vor allem auch schnell informiert sind, enthalten die Nachrichten zwar alle wichtigen Kernaussagen, bestehen aber nur aus maximal drei Sätzen.