„Das wirkt unseriös“

von | 18. März 2010

Vogue, Elle, Glamour, Jolie – seit Neuestem erweitert "stern fashion" die Liste der in Deutschland erscheinenden Modemagazine. Im Interview mit medien-mittweida.de: die verantwortliche Ressortleiterin und eine bekannte deutsche Modebloggerin mit ihrem Urteil.

Die erste Ausgabe von „stern fashion“ erreichte deutschlandweit knapp 900.000 Leser und konnte eine Reichweite von circa sieben Millionen Menschen verzeichnen. Was klingt wie ein großer Erfolg ist jedoch keine Überraschung. Wie im Vorfeld angekündigt, erschien das Fashion Issue als Beilage des stern. Somit wird es auch keinem Konkurrenzdruck durch die bisher bekannten Modemagazine ausgesetzt.

Darin sieht Mareile Braun, Ressortleiterin Style des stern, auch den markanten Unterschied. „Stern fashion ist ein 100-prozentiges ’stern-Kind‘, das die Style-Kompetenz des Hauptheftes auf eine zusätzliche Abspielfläche überträgt. Da Mode und Stil über Jahre im stern vertreten und von unseren Lesern ‚gelernt‘ sind, treten wir als kein völlig neues Magazin an den Start, sondern als eine logische und sinnvolle Ergänzung der stern-Heftinhalte. Insofern befinden wir uns auch nur in indirekter Konkurrenz zu bestehenden Modeheft-Formaten.“

Das Konzept des Supplement

Selbstsicher lässt die Style-Chefin verkünden, dass sie „ganz bewusst immer noch und immer wieder gern mit ‚echten‘ Models“ arbeitet. So wurde die Titelgeschichte der bisher einzigen Ausgabe mit den Top-Models Eva Herzigova und Andrés Velencoso produziert. Der bekannten Fashion Bloggerin des Modepiloten, Kathrin Bierling, gefällt dieser Eyecatcher. „Ein super Cover-Bild passt zur Titelzeile ‚Mode Lust‘ und macht tatsächlich Lust aufs Blättern.“ Jedoch nimmt dieses Modevergnügen ein jähes Ende. „Das Heft ist leider wahnsinnig dünn und nach nur 30 redaktionellen Seiten ist die Lust nicht befriedigt.“

Genannte Titelzeile, so die Ressortleiterin „bringt das Konzept des Heftes ganz gut auf den Punkt.“ Weiterhin meint Braun: „Wir haben Lust, aber auch die Kompetenz, [den Lesern] über die Style-Journale im Hauptheft hinaus noch viel mehr Modefacetten zu präsentieren ­ in höchster Qualität.“ Was klingt wie eine gut durchdachte Werbebotschaft, beruht wie Mode-Kennerin Bierling zugibt, auf echter Kompetenz. Lediglich das Wörtchen „viel“ sei ein Stolperstein, da eigenständige Zeitschriften weitaus mehr zu bieten hätten.

Inhaltliche Hoch- und Tiefpunkte

Im Vergleich mit letzt genannten schneidet das Supplement schlecht ab. Laut Bierling seien die Einstiegsseiten zum Thema „Rot“, „Zarte Töne“ und „Blaues Wunder“ etwas „mau“, da sich die Aussagen auf eine Farbe und dazu passende Kaufempfehlungen beschränken. Außerdem gäbe es „viele Modemagazine, die auf solchen Produktseiten mehr Informationen und Zusammenhänge unterbringen können“. Auch die auf der Titelseite mit „neue Gesichter“ angepriesen Models schätzt die Designabsolventin durchweg negativ ein. „Unsere 16 Lieblingsmodels von morgen stammen alle von einer Agentur“, und meint: „Das kann kein Zufall sein. Es wirkt unseriös.“

Weiterhin können die Produktseiten zu Beginn des Heftes Bierling sowohl inhaltlich als auch textlich nicht überzeugen. Als Beispiel führt sie an, dass „gerade bei Nudefarben und Jeanstrend es viel gibt, das man dem Leser mitgeben könnte“. Dass man die gekrempelte Jeansshort eben nicht mehr nur zur Strandparty trägt wie im Beitrag: „Machen jetzt schon Lust auf Strandpartys“, sondern auch zu Plateau-Sandaletten in der Stadt; dass man sie zu Blusen und Blazer kombiniert, etc.

Überaus zu loben sei allerdings die Cover-Story, die von Ellen von Unwerth fotografiert wurde. Ressortleiterin Mareile Braun beschrieb es „wie bei einem Film. Ellen von Unwerth entwirft eine Art ‚Drehbuch‘ für ihre Motive, das sie dann spontan im Zusammenspiel mit den Models weiterentwickelt oder manchmal auch komplett über den Haufen wirft und frei improvisiert. Es ist eine äußerst intensive, hoch kreative Stimmung an ihren Foto-Locations – und diese Spannung ist auch den Bildern hinterher anzumerken.“ Diesem Resümee kann Kathrin Bierling zustimmen. Außerdem sei der dazugehörige Artikel von Mareile Braun selbst sehr gelungen. Jedoch bleibt die Frage, ob der Markt noch Bedarf an Modemagazine anmeldet. Bei der Antwort sind sich beide Frauen einig: „Vermutlich nicht“, wie Braun offen zugibt.

<h3>Bianca Schmidl</h3>

Bianca Schmidl