erden die gewissenhaften Mitarbeiter der örtlichen Rundfunksender auf Werbung in redaktionellen Inhalten angesprochen, reagieren sie leicht ungehalten. Die Reaktionen auf die Anfrage von medienMITTWEIDA waren aus diesem Grund auch äußerst ernüchternd. Die reine Erwähnung des Wortes „Schleichwerbung“ löste schiere Entrüstung und unbändige Schockierung aus. Hat sich da wohl jemand ertappt gefühlt?
Schleichwerbung im privaten Rundfunk ausgeschlossen
Die Kennzeichnung bestimmter Formate als „Werbesendung“ ist meist überflüssig. Aus Gründen der Flexibilität haben lokales Fernsehen und Radio schließlich auch die Möglichkeit, solche Ausstrahlungen „Sonderwerbeform“ oder „Infomercial“ zu nennen. Wenigstens bei privaten Rundfunksendern kann der gespannte Zuhörer sicher sein, dass er nicht von Schleichwerbung in die Irre geführt wird. Das meint jedenfalls Nico Nickel vom Radiozentrum Leipzig. „Die müssen sich ohnehin durch Werbung finanzieren und folgerichtig kann es so etwas wie Schleichwerbung in diesem Bereich überhaupt nicht geben“, sagt er überzeugt.
Aber Moment mal: Warum kann dann die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Medienanstalten (ZAK) beispielsweise das Magazin „auto mobil“ auf Vox beanstanden? Hier wurde wiederholt ein spezielles Pflegeprodukt in den Vordergrund gestellt. Um genauer zu sein, handelte jede einzelne Moderation einer einzelnen Episode von den Vorzügen dieser Pflegeprodukte – egal worum es in der anschließenden MAZ ging. Sollte es vielleicht doch Schleichwerbung in privaten Sendern geben?
So funktioniert lokaler Rundfunk heute
Ein Beispiel ist der Fehltritt von Radio Kiepenkerl. Das Lokalradio für den Kreis Coesfeld wurde am 1. April von der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) abgemahnt. Kein Aprilscherz, sondern bitterer Ernst. Im redaktionellen Teil durfte ein lokales Autohaus ungehemmt für ein neues PKW-Modell werben. Auf die erforderliche Kennzeichnung wurde leichtfertig verzichtet, woraufhin die LfM den Sender aufforderte, solche Aktivitäten zu unterlassen.
Häufig werden auch Gesprächsrunden und Interviews, die eigentlich über das Geschehen in der Region informieren sollen, umgewandelt. Die einzige Nachricht, die der Zuschauer oder Zuhörer erhält, betrifft das Autohaus um die Ecke, den Friseurladen zwei Häuser weiter oder das Möbelhaus auf der anderen Straßenseite. Ganz offensichtlich garantieren diese die niedrigsten Preise, die qualitativ hochwertigsten Produkte und die höchste Kundenzufriedenheit. Schließlich interessiert sich im Zeitalter der Politikverdrossenheit niemand mehr für das Ergebnis der Bürgermeisterwahl.