Virales Marketing und Web 2.0 sind eng miteinander verknüpft. Die plumpe Urform bestand darin, auf irgendeiner beliebigen Webseite ein Video, mit mehr oder weniger sensationellen Inhalt zu stellen. Auf das eigentliche Produkt wird dabei nur am Rande verwiesen. Tanzende Babies und die akrobatische Leistung eines Heimhandwerkers sollten für einen aufsehenerregenden Hype sorgen und das Video in zahllosen Kopien um die weite Welt schicken. Um dies zu beschleunigen, greifen Werbemacher schon lange auf Seeding-Agenturen zurück, die mit internen Listen von sozialen Netzwerken, E-Mailadressen und Blogs das Internet mit dem Beitrag überfluten. Gerade in der Bloggerszene sollen dabei hohe Summen an die Betreiber fließen. Problematisch wird es allerdings wenn die Werbung nicht mehr als solche zu erkennen ist und der eigentliche Werbezweck verschleiert wird. So ist seit 2008 in Großbritannien unkenntlicher viraler Werbespam verboten.
Kinohits zeigen, wie es funktioniert
Weil immer mehr Firmen den Konsument mit charmant getarnter Werbung bombardieren und vom Empfänger das Filtern nur noch als ermüdend empfunden wird, sind originelle Kampagnen gerade im Internet der Renner. Zu den interessantesten Ereignissen zählte diesen Sommer der Low-Budget Kinohit District 9. Dabei wurden die Möglichkeiten des Internets nicht nur genutzt, sondern auch vollends ernst genommen. So pflasterten die Organisatoren in US-Großstädten Bushaltestellen und Bänke mit „For Humans Only“-Plakaten zu. Wer die darauf propagierte Telefonnummer anrief, konnte dem fiktiven Unternehmen MNU „nicht-menschliche Aktivität“ melden. Die Anrufe wurden wiederum auf einer weiteren Watchseite visualisiert. Seiten über die fiktionalen Organisationen und ein Blog vervollständigten die clevere Kampagne.
Ebenfalls überraschte ein weiterer Low-Budget-Film mit Einfallsreichtum. „Paranormal Activity“ wäre beinahe als belanglose Fußnote in der Filmgeschichte verschwunden, wenn der Verleiher Paramount Pictures nicht auf virales Marketing gesetzt hätte. Der Film wurde anfangs nur in wenigen US-Kinos gezeigt, wer den Streifen in seinem Kino anschauen wollte, musste auf einer Webseite nach dem Film „verlangen„. Interessant war der offizielle Trailer, er zeigt kaum Filmausschnitte sondern hauptsächlich die Reaktionen der Zuschauer. Die eigenen Fröstel- und Angsterlebnisse können später auf Twitter veröffentlicht werden.
Telefonieren in die Wüste
Skype und The Viral Factory setzten in den letzten zwei Wochen ebenfalls auf intensive Benutzerinteraktion. Um auf seine kostengünstigen internationalen Tarife aufmerksam zu machen setzte der Internettelefonriese kurzerhand einen Schauspieler neben einerTelefonzelle in einer spanischen Wüste aus. Rob stand die gesamte Zeit unter Webcam-Überwachung, während er mit Menschen aus der ganzen Welt telefonierte. Ob das Konzept für den Konzern aufgegangen ist, kann jetzt noch keiner sagen. Denn abgesehen von der Benutzermessung ist ein Erfolg im viralen Marketing sehr schwer abschätzbar.