Die „Deutsche Bahn“ schafft ab April alle Presserabatte ab. Nach der „Wulff-Affäre“ scheinen diese dem Konzern nicht mehr zeitgemäß zu sein. Rabatte könnten negative PR verursachen.
Die „Deutsche Bahn“ gab am 2. März bekannt, den Journalistenrabatt der „Bahncard 50“ zu streichen. „Betroffen sind vor allem freie Journalisten, deren Reisekosten nicht vom Auftraggeber erstattet werden“, erklärt Hendrik Zörner, Pressesprecher des „Deutschen Journalisten-Verbands“. Auf der eigenen Website erklärte die „Deutsche Bahn“, dass die Vergünstigung nach eingehender Prüfung „nicht mehr zeitgemäß ist.“
Diese Erkenntnis scheint im Umfeld der „Wulff-Affäre“ gereift zu sein. Einen fünfzigprozentigen Rabatt für eine Sondergruppe wollte die „Bahn“ in der Öffentlichkeit nicht mehr verteidigen. Etliche Medien beschreiben dies als „Wulff-Effekt“, die „taz“ spricht beispielsweise vom „wulffen“ bei der „Bahn“. Sebastian Brinkmann von „pressekonditionen.de“, einer Website, die Rabatte für Medienvertreter auflistet, hält eine Verbindung vom Bundespräsidenten-Abschied und dem Entschluss der Bahn jedoch für unwahrscheinlich: „Die beiden Fälle lassen sich aus meiner Sicht nicht miteinander vergleichen. Herr Wulff hat eine Sonderbehandlung erfahren, die auf ihn zugeschnitten war.“ Doch Journalisten erhielten ebenfalls günstigere Tarife als andere Kunden – dennoch kritisierten sie genau solche Sonderbehandlungen. Zörner weist diesen Widerspruch hin: „Journalisten sind weder vom Volk gewählt, noch haben sie eine Vorbildfunktion.“
Pressekonditionen vs. Unabhängigkeit
Die „Bahn“ vergab den Journalistenrabatt seit 2004. Auch andere Unternehmen bieten besondere Presserabatte an. Die Palette der Vergünstigungen reicht dabei von Flugtickets über Elektronikgeräte bis hin zu Automobilen. Für Brinkmann sind diese Rabatte gerechtfertigt, wenn sie einen Bezug zum Job haben. Doch in der Öffentlichkeit kann dadurch der Verdacht aufkommen, Journalisten seien beeinflussbar.
Auch Hendrik Zörner vom Journalistenverband zweifelt, „ob Journalisten Rabatte in Anspruch nehmen sollten, wenn sie weiterhin kritisch und unvoreingenommen über Wirtschaftsunternehmen berichten wollen.“ Brinkmann hingegen betont: „Die auf ‚pressekonditionen.de‘ gelisteten Rabatte sind nicht an Gegenleistungen geknüpft.“ Selbst wenn dies zutrifft, folge die Entscheidung der „Bahn“, die Presserabatte abzuschaffen, der allgemeinen Stimmung im Land. Sonderkonditionen könnten außerdem negative PR für das Unternehmen bedeuten.
„Facebook“-Portal der Bahn sehr beliebt
Mit negativer Öffentlichkeit hat die Bahn in den letzten Monaten erstaunlicherweise wenig zu kämpfen. Durchgehend positiv ist die Reaktion auf den neuen „Facebook“-Auftritt des Unternehmens. Dieser ist mittlerweile seit drei Monaten online. Noch im Dezember wurde ein „Shitstorm“ befürchtet. Dieser blieb jedoch aus, trotz Farhplanwechsel und Preiserhöhung im Dezember. Stattdessen werden auf der Pinnwand vor allem Kundenfragen beantwortet, sogar von Bahnmitarbeitern, die nicht Teil des „Facebook“-Teams sind. Im Gegensatz dazu war die „Bahn“ mit ihrer ersten „Facebook“-Page im Oktober 2010 gründlich gescheitert. „Stuttgart21“-Gegner launcierten damals ihren Protest über die Pinnwand der „Bahn“.
Text: Jörg Lehmann, Bild: wikipedia.de, Bearbeitung: Florian Pfennig