Deutsches „Leuchtturmprojekt“

von | 1. April 2010

Die Hochschule Mittweida ist Teil des bis heute einzigen Hochschul-Bündnisses zwischen Deutschland und Zentralasien: der Deutsch-Kasachischen Universität. Die internationale, private Hochschule orientiert sich an internationalen akademischen Standards.

Die Republik Kasachstan ist das neuntgrößte Land der Erde, reich an Bodenschätzen wie Erdöl und Erdgas und seit seiner Emanzipation von Russland ein stetig wachsender Wirtschafts- und Industriestandort. Die ehemalige Hauptstadt im Südosten des Landes, Almaty, ist das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des Landes. Die Metropole ist mit ihrem breitgefächerten kulturellen Angebot für Touristen und Studierende gleichermaßen sehr attraktiv. Hier gründeten drei Privatpersonen 1999 die Deutsch-Kasachische Universität (DKU). Erklärtes Ziel der Bildungseinrichtung ist die Ausbildung von Fachkräften mit guten Fremdsprachenkenntnissen, die im wirtschaftlich aufstrebenden Kasachstan – vor allem in ingenieurwissenschaftlichen und technischen Bereichen – fehlen. Sie sollen die Entwicklung des Landes weiter vorantreiben und durch ihr Studium gute Berufsperspektiven auf dem globalen Arbeitsmarkt erhalten.

Professor Otto Hammer, Dozent der Fakultät Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Mittweida und heutiger Vorsitzender des Aufsichtsrates der DKU, gelangte 2002 auf Einladung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) nach Kasachstan. Dort unterrichtete er an einer der führenden Wirtschaftsschulen des Landes. Schon bald wurde er auf die DKU aufmerksam. Laut Hammer nehmen die USA immer größeren politischen Einfluss auf Kasachstan. Umso mehr gefiel ihm die Vorstellung, das Land in der Bildungspolitik ein Stück weit deutsch zu prägen. Seit November 2002 ist die Hochschule Mittweida nun auf Initiative von Professor Hammer die erste offizielle Partnerhochschule der DKU. Insgesamt 25 Studierende der Hochschule Mittweida lernten und arbeiteten bereits – wenn auch nur für einige Wochen – an der DKU.

Einzigartige Universität in Zentralasien

Ein Konsortium deutscher Partnerhochschulen, darunter auch die Hochschule Mittweida, unterstützt die DKU und will bis 2012 zwölf neue Studiengänge nach deutschem Vorbild etablieren. Vor zwei Jahren schloss die DKU außerdem mit der Hochschule Mittweida und der Fachhochschule Schmalkalden Vereinbarungen über die beiderseitige Anerkennung von Studienleistungen ab. Somit besteht für Studierende der DKU und deren Partnerhochschulen die Möglichkeit, einen kasachischen und einen deutschen Studienabschluss zu erwerben. Durch dieses Doppelabschluss-Programm sei eine „Studentenmobilität in beide Richtungen“ gewährleistet, erklärt Professor Hammer. Die Universität wird darüber hinaus von DAAD, Bundesregierung und Bundespräsidialamt in ideeller und finanzieller Weise von gefördert.

Doch ehe es zu dieser Unterstützung kam, stand die DKU im Jahr 2006 kurz vor der Pleite. Hohe Mietforderungen, die nicht beglichen werden konnten, brachten die Universität in eine gefährliche finanzielle Situation, zumal diese noch keine eigenen Gebäude besaß. Professor Hammer befand sich zum Zeitpunkt der Insolvenz in Almaty. Er mobilisierte damals das deutsche Außenministerium und verschaffte sich bei Mitgliedern des deutschen Bundestages Gehör – mit Erfolg. Die Bundesrepublik unterstützte die DKU finanziell, neue Strukturen innerhalb der internen Organisation wurden geschaffen. Seither hat die DKU „einen enormen politischen Stellenwert“, meint Hammer. „Es ist ein Leuchtturmprojekt der Bundesregierung für Zentralasien“, zitiert er – nicht ohne Stolz – Bundespräsident Horst Köhler.

Sprache und Geschichte als Schwerpunkte

Derzeit gibt es an der DKU 425 Studierende, überwiegend aus Zentralasien. Für ein Studium in Kasachstan sind Englisch- und Russischkenntnisse notwendig. In den ersten zwei Jahren ihrer Ausbildung erhalten die Studierenden zudem Deutsch- und Englischunterricht. Auch die kasachische Sprache ist Unterrichtsinhalt. Ab dem dritten Studienjahr unterrichten Professoren und Lehrkräfte in deutscher und teilweise auch englischer Sprache. Jährlich kommen etwa 25 Gastdozenten der deutschen Partnerhochschulen sowie Vertreter deutscher Unternehmen in Kasachstan an die Universität. Professor Hammer lehrt im Rahmen des Bachelor-Studiengangs Unternehmensmanagement an der DKU.

Etwa 70 Prozent aller Studierenden der Universität erhalten ein Stipendium, um die Studiengebühren von umgerechnet etwa 2.350 Euro pro Jahr aufbringen zu können. Ein Bachelorstudium dauert in Kasachstan vier Jahre, also ein Jahr länger als in Deutschland. Grund dafür ist neben der intensiven Sprachausbildung die Lehre der kasachischen Geschichte in den ersten beiden Studienjahren.

Lebendiger Austausch

Jedes Jahr veranstaltet die DKU eine „Wissenschaftliche Konferenz“ sowie eine „Sommeruniversität“ mit internationaler Beteiligung. Themen wie Energieeffizienz, Einsatz erneuerbarer Energien und innovativer Umwelttechniken in Zentralasien sowie nachhaltiges Wassermanagement sind Probleme, die Kasachstan und Deutschland, Zentralasien und Europa gleichermaßen betreffen. Durch diese Veranstaltungen kann der Austausch zwischen den Teilnehmern gefördert werden. Für die diesjährige Sommeruniversität der DKU können sich Studierende noch bis zum 15. Mai über die Website der Universität bewerben.

Professor Otto Hammer ist der Auffassung, dass die DKU auch gegründet wurde, um „gesellschaftspolitische Ansichten aus Europa nach Kasachstan zu transportieren.“ Die kasachische Regierung will von Deutschland profitieren und sich als Wirtschaftsstandort etablieren. Der Austausch zwischen den Studierenden und den Professoren der unterschiedlichen Nationen soll belebt werden. Dieser Kontakt kann nur durch die regelmäßigen Besuche über die Kontinente hinweg aufrechterhalten werden, betont Hammer: „Das muss leben. Da muss man dorthin fahren.“

Link: www.dku.kz

<h3>Diana Ruder</h3>

Diana Ruder