Die dpa steht vor einem Umbruch

von | 14. November 2009

Mit dem Umzug in ein Gebäude des Axel Springer Verlages verliert die Deutsche Presse-Agentur den "Tagesspiegel" als Kunden. Nicht der Erste in letzter Zeit. Der Konkurrenz geht es deutlich besser.

„Wir sehen die Unabhängigkeit gefährdet und haben kein Vertrauen mehr“. Dieses Statement gab der Chefredakteur des „Tagesspiegels“ Stephan-Andreas Casdorff gegenüber dem „Handelsblatt“ als Begründung für die Trennung von der dpa ab. Die Nachrichtenagentur hatte nämlich erst kürzlich bekanntgegeben, dass ihre neue Zentralredaktion eine Etage in der Axel-Springer-Passage in Berlin beziehen wird.

Das war für den „Tagesspiegel“ Anlass genug, um das Abonnement mit Deutschlands größter Nachrichtenagentur zu kündigen. Durch den Einzug in ein Gebäude des Axel Springer Verlages, sieht der „Tagesspiegel“ die Objektivität der dpa gefährdet. Wolfgang Krach, stellvertretender Chefredakteur der „Süddeutschen Zeitung“, gibt weiter zu bedenken, dass die Nachrichtenagentur nun selbst zum Kunden eines Kunden wird. Diese „doppelte Abhängigkeit“ sei problematisch. Ähnliche Bedenken gibt es auch beim „SPIEGEL“ und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Drastische Konsequenzen hat bis jetzt aber nur der „Tagesspiegel“ gezogen. Nach dem Umzug im Sommer 2010 werden die Abonnenten sicherlich die Meldungen der dpa genauer begutachten. Fehltritte darf sich die Nachrichtenagentur dann nicht leisten.

Änderungen sind notwendig

Für die dpa ist die Kündigung eines großen Kunden nichts Neues mehr. Erst im Herbst des letzten Jahres sorgte die Essener WAZ-Gruppe für eine Hiobsbotschaft in der Nachrichtenagentur. Seit dem Jahresanfang beziehen die vier nordrhein-westfälischen Regionalzeitungen und das News-Portal „DerWesten“ des Konzerns keine Meldungen der Agentur mehr.

Zurzeit hat noch Wilm Herlyn den Posten als Chefredakteur der dpa inne. Anfang 2010 wird er von Wolfgang Büchner abgelöst. Auf den derzeit noch als Chefredakteur von „SPIEGEL ONLINE“ arbeitenden Büchner kommt viel Arbeit zu. Die dpa steckt seit einiger Zeit in einer Krise. Letztes Jahr sank der Gewinn von 4,4 auf 2,9 Millionen Euro. Mit dem „Tagesspiegel“ verliert die Agentur einen weiteren Kunden. Die dpa scheint entbehrlich geworden zu sein. Das hat auch das Unternehmen selbst erkannt. Die Bildung der Zentralredaktion in Berlin und die Wahl des neuen Chefredakteurs sind ein Anfang. Laut „Handelsblatt“ plant die Deutsche Presse-Agentur in Zukunft auch eine engere Verzahnung von Text, Bild, Grafik, Audio und Video.

Dem einen geht es schlecht, dem anderen gut

Beim Deutschen Depeschendienst (ddp) ist von Krise kein Wort zu hören. 2008 erzielte der Konkurrent der dpa einen Rekordgewinn von rund 2,6 Millionen Euro. Im Gegensatz zu der dpa gelang es der ddp nämlich, namhafte Neukunden zu gewinnen. Einer davon ist gerade die WAZ-Gruppe, die im Januar der dpa den Rücken kehrte. Aber auch der Verlag DuMont Schauberg setzt nun auf die Dienste der ddp.

<h3>Oliver Schleicher</h3>

Oliver Schleicher